Das Maximum kann das erste WM-Gold für den Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) seit Roßkopfs sensationellem Doppel-Triumph mit Steffen Fetzner vor 26 Jahren in Dortmund sein. Rekord-Europameister Boll (Düsseldorf) darf sich im "Legenden-Doppel" mit dem chinesischen Weltranglistenersten Ma Long trotz unangenehmer Auslosung große Hoffnungen auf die Erfüllung seines bislang unerfüllten Traumes von einem WM-Titel machen.
Im Einzel setzen Boll und EM-Champion Ovtcharov (Hameln/Orenburg) abermals durchaus ernsthaft zum Sprung über die "chinesische Mauer" auf das Podest an.
Timo Boll gibt sich selbstbewusst
"Ich sehe meine Lebensaufgabe nicht darin, immer gegen die Chinesen in der Runde der besten Acht auszuscheiden", sagt der einen Platz vor Boll eingestufte Weltranglistensechste Ovtcharov und macht seine Ansprüche selbstbewusst deutlich.
In der Tat aber dürften die seit Jahren auf die Titelgewinne abonnierten Chinesen bei erwartungsgemäßem WM-Verlauf wieder einmal Schicksal für die DTTB-Medaillenkandidaten spielen. Ovtcharov muss sich für das entscheidende Viertelfinale um einen Podiumsplatz auf ein Duell mit Ma Long einstellen, Boll auf Chinas "Wunderkind" Fan Zhendong.
Im Doppel schon in Runde zwei gegen China
Im Doppel spielen Boll und Ma, die nur bei ihrem China-Open-Triumph 2013 einmal gemeinsam an der Platte standen, sogar schon in Runde zwei gegen Chinas Top-Kombination mit dem Einzel-Olympiasieger, -Weltmeister und -Weltcupsieger Zhang Jike sowie dem Weltranglistenzweiten Xu Xin.
Boll stufte den Dämpfer für seine wohl letzte Gold-Hoffnung nach der ersten Einheit mit seinem prominenten Mitspieler ("Er ist am Tisch ein Killer. Da ging die Post ab") gelassen ein: "Unser Doppel passt, so dass wir eine gute Titelchance haben. Und wenn wir Weltmeister werden wollen, müssten wir die beiden wohl ohnehin einmal besiegen", sagte der 34 Jahre alte WM-Dritte von 2011.
Ovtcharov: "Atmosphäre ähnlich wie in London"
Ovtcharov, der sich im modernen Suzhou International Expo Center an das Ambiente bei seinem Bronzemedaillen-Gewinn bei Olympia 2012 erinnert fühlt ("Die Atmosphäre ist ähnlich wie in London"), drückt seinem Freund und Ma hinsichtlich seiner Einzel-Auslosung auch ein wenig eigennützig die Daumen: "Ich hoffe, dass Ma Long sich stark auf das Doppel konzentriert und dabei so verausgabt, dass er im Einzel vielleicht ein paar Bälle schlechter spielt, als er das normalerweise macht."
Sollten sich im "Venedig des Ostens", wie die Garten- und Kanalstadt in Ostchina auch genannt wird, sowohl Bolls als auch Ovtcharovs Wüsche erfüllen, würden die DTTB-Herren erstmals zwei Einzel-Medaillen von einer WM mit nach Hause bringen. Mindestens einen "Doppelpack" in den fünf Individual-Konkurrenzen holten deutsche Aktive zuletzt 1969 in München durch Einzel-Silber für "Mr. Pokerface" Eberhard Schöler (Düsseldorf) und DDR-Spielerin Gabriele Geißler (Berlin).
Petrissa Solja: "Möchte den nächsten Schritt machen"
Zur Wiederholung dieses Kunststücks wird der restliche WM-Tross des DTTB, aus dem nur Aufsteigerin Petrissa Solja (Berlin) und Ex-Meister Steffen Mengel (Bergneustadt) schon am Montag im Mixed gefordert sind, in Suzhou kaum einen Beitrag leisten können.
Mengel und Bolls etatmäßiger Doppelpartner Patrick Franziska (Düsseldorf) könnten sich sogar schon in der zweiten Runde gegenseitig aus dem Turnier werfen. DM-Titelträgerin Solja hingegen, durch ihr German-Open-Finale bis an die Schwelle zur Top 20 gelangt, hat sich das Achtelfinale zum Ziel gesetzt: "Ich möchte in Suzhou gerne den nächsten Schritt machen."