Gut drei Wochen vor dem Start der Heim-WM hängt im Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) der Haussegen schief. Die Nicht-Nominierung von Dimitrij Ovtcharov für den Doppel-Wettbewerb beim Highlight des Jahres in Düsseldorf (29. Mai bis 5. Juni) stößt bei der deutschen Nummer eins auf jede Menge Unverständnis. Der viermalige Olympia-Medaillengewinner sieht sich um eine weitere Medaillenchance gebracht - und macht seinem Unmut Luft.
"Nach allem, was ich für das Tischtennis in Deutschland schon geleistet habe, kann ich nicht verstehen, dass ich bei unserer Heim-WM keine zweite Medaillenchance bekomme und man mich nicht auch mit einem ausländischen Spitzenspieler antreten lässt", sagte Deutschlands Nummer eins dem SID. Aus seinem Frust macht der zweimalige Europameister keinen Hehl: "Das trifft mich sehr hart."
Ausdrücklich will Ovtcharov seinen Unmut nicht als Kritik an der Meldung des spektakulären Doppels mit EM-Rekordchampion Timo Boll (Düsseldorf) und Chinas Weltranglistenerstem Ma Long verstanden wissen."Das ist noch mal eine super Sache, und wenn das möglich ist, muss man das auch machen - gerade bei der WM im eigenen Land und vor heimischem Publikum", sagte Ovtcharov.
Der Weltranglistenfünfte betonte, dass der DTTB auf eine Anfrage auch für seine Person nach einem Doppelpartner aus dem Reich der Mitte keine positive Rückmeldung bekommen habe. "Seine Argumentation kann man auch verstehen und sein Bedauern nachvollziehen, aber letztlich haben wir uns so entschieden", sagte DTTB-Sportdirektor Richard Prause.
Mizutani und Samsonow waren mögliche Partner
Ovtcharov habe "ein absolutes Recht darauf, eine andere Meinung zu haben", ergänzte Prause, der betonte, dass es "am Ende eine Trainerteam-Entscheidung" gewesen sei. Eine große Rolle spielte dabei, dass sich die Chinesen für ein Doppel ihres Superstars Ma mit Boll ausgesprochen hatten.
Bei WM-Turnieren kann eine Nation in maximal drei Doppeln vertreten sein. Beim DTTB laufen die Planungen auf Boll/Ma, Olympia-Ersatz Patrick Franziska (Saarbrücken) und dessen dänischen Europameister-Partner Jonathan Groth sowie ein noch nicht feststehendes deutsches Duo hinaus.
Ovtcharov hätte in Düsseldorf nach der Absage aus China auch mit dem zweimaligen WM-Dritten Jun Mizutani (Japan) oder dem früheren Vizeweltmeister Wladimir Samsonow (Weißrussland), die beide mit dem 28-Jährigen beim russischen Spitzenklub Fakel Orenburg spielen und Interesse bekundet hatten, antreten können.
"Leuchtet mir auch nicht ein"
Der außerhalb Chinas momentan beste Spieler der Welt fühlt sich ausgebootet. "Bei einer Heim-WM muss man doch versuchen, dass Timo und ich so oft und viel wie möglich zu sehen sind. Mir leuchtet auch nicht ein, dass ich mit einem Chinesen Doppel hätte spielen können, aber für ein Doppel mit einem anderen Topspieler aus dem nicht-chinesischen Ausland kein grünes Licht bekomme", sagte Ovtcharov.
Auch wenn Ovtcharov keine Sonderbehandlung als Nummer eins im WM-Aufgebot einfordert, erscheint der Vorgang zumindest ungewöhnlich: Frühere Galionsfiguren wie Jörg Roßkopf und danach Boll waren in aller Regel in Überlegungen der sportlichen Leitung eingebunden; Entscheidungen gegen die Nummer eins fielen dabei nur in absoluten Ausnahmefällen.
In seiner Konzentration auf das Einzel in Düsseldorf will sich Ovtcharov von der Kaltstellung nicht stören lassen: "Ich arbeite schon seit Monaten auf diese besondere WM und richte alles danach aus. Ich bin richtig heiß und will alles versuchen, dass es mit einer Medaille klappt."