Nur gut für den Deutschen Turner-Bund (DTB), dass Außenseiterin Pauline Schäfer bravourös in die Bresche sprang. Der dritte Platz der Saarländerin am Schwebebalken bewahrte den Verband bei den Weltmeisterschaften vor einer medaillenlosen Bilanz.
Trainer und Vater Wolfgang Hambüchen schien das aus Familiensicht unbefriedigende Abschneiden fast schon geahnt zu haben und wollte nur eine Kurzanalyse abgeben: "Was soll ich sagen? Fabian hat einfach verturnt." So einfach ist das manchmal.
Dabei wollte der Ex-Weltmeister mit der letzten Übung der Welttitelkämpfe zu einem Höhenflug ansetzen, stattdessen verpatzte er den Abgang, rappelte sich anschließend nur mühsam auf, dankte aber den 8000 Zuschauern dennoch für die lautstarke Unterstützung.
Auch der Verzicht auf die Teilnahme am Mehrkampf-Finale am Freitag hatte dem Wetzlarer nicht die erforderliche Frische zurückgebracht. "Dennoch war es die richtige Entscheidung", sagte Hambüchen. Schon vor seinem missglückten Abgang gerieten ihm die sonst so spektakulären Flugteile eher flach.
Bronze ohne "Schäfer"
Lediglich 13,500 Punkte ließen den Olympia-Zweiten bis auf Rang sieben abstürzen, noch zwei Plätze hinter Andreas Bretschneider. Dem Chemnitzer gelang zwar sein "Bretschneider", ein Doppelsalto rückwärts gebückt mit zwei Schrauben, dafür kam auch der 26-Jährige bei der Landung ins Straucheln und vermied nur mit Mühe einen Sturz. Die Kampfrichter erkannten dem Sachsen 14,966 Punkte zu, damit lag er deutlich hinter dem Sieger Kohei Uchimura (15,833), der nach dem Mehrkampf- und Mannschaftstitel seine dritte Goldmedaille in Glasgow gewann.
Pauline Schäfer indes hatte noch bei der Siegerehrung über ihre Vorstellung gestaunt. Als ihr Englands lebende Turnlegende Elizabeth Tweddle zur Bronzemedaille am Schwebebalken gratulierte, waren ihre Freudentränen schon wieder getrocknet. Auch ohne die von ihr kreierte Höchstschwierigkeit, genannt "Schäfer", hatte sie völlig überraschend das einzige Edelmetall für Deutschland gewonnen - das erste am Balken seit 34 Jahren.
Der 18-Jährigen aus Pflugscheid-Hixberg reichte eine stabile Sicherheitsübung zum dritten Platz und zu grenzenlosem Jubel bei der ansonsten nicht vom Erfolg verfolgten DTB-Delegation.
"Mich mit Wasser betrunken"
"Beim Warten auf das Wettkampfende habe ich mich vor lauter Aufregung mit Wasser betrunken. Es war eine gute Entscheidung, den 'Schäfer' wegzulassen. Er war im Training nicht stabil genug", berichtete die Saarländerin nach dem Wettkampf ungläubig staunend und überglücklich zugleich. Ihre Taktik hatte sich als richtig erwiesen, mehrere höher eingeschätzte Konkurrentinnen verdarben sich ihre Chancen durch Stürze vom "Zitterbalken".
Ohne ihre Höchstschwierigkeit, einen Seitwärts-Salto mit halber Drehung, schien ein Medaillengewinn eigentlich utopisch zu sein. Aber die wackligen Rivalinnen halfen kräftig mit. Schäfer euphorisiert: "Mein erstes WM-Finale und gleich eine Medaille - das kann ich nicht fassen."
Ein paar Tränchen vergoss auch Teamchefin Ulla Koch. "Medaillen werden im Training gemacht und Pauline hat sich diesen Erfolg verdient", sagte die Bundestrainerin, die ihrem Schützling dringend empfohlen hatte, auf Sicherheit zu turnen. Dies bescherte Schäfer nicht nur Rang drei, sondern auch die persönliche Olympia-Qualifikation für Rio de Janeiro 2016.
Bereits am Samstag war dagegen die Chemnitzerin Sophie Scheder im Finale am Stufenbarren mit dem achten und letzten Platz klar an den Medaillen vorbeigeturnt. Ein verstolperter Tsukahara-Abgang warf die 18 Jahre alte Sportsoldatin entscheidend zurück: "In diesem Moment wollte ich einfach zu viel."