Der amerikanische Kämpfer Anthony "Rumble" Johnson brachte beim Wiegen für einen Mittelgewichtskampf gegen den Lokalhelden Vitor Belfort statt der maximal erlaubten 185 amerikanischen Pfund gleich 197 Pfund auf die Waage - ein Negativrekord, der so schnell von niemandem gebrochen werden wird.
Der frühere Halbschwergewichtsmeister Belfort, der zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt wieder vor Heimatpublikum kämpfen will, ließ sich auf einen schlimmen Kuhhandel ein, um seine Fans nicht zu enttäuschen. Er wird den Kampf trotzdem bestreiten, sofern Johnson am Nachmittag vor dem Kampf maximal 205 amerikanische Pfund wiegt - die Grenze des Halbschwergewichts.
Die Praxis des Abkochens, also des vorübergehenden Entwässern des Körpers, um in der niedrigstmöglichen Gewichtsklasse antreten zu können, ist über alle Sportarten hinweg so alt wie das Konzept der Gewichtsklassen selbst. Kämpfer packen sich in warme Kleidung und legen sich stundenlang in die Sauna oder springen auf den Cross-Trainer und schwitzen sich so Pfund um Pfund vom Körper.
Johnson verlor Gefühl in den Beinen
Dabei nehmen sie nur ein Minimum an Nahrung zu sich und nach Möglichkeit keinerlei Flüssigkeiten. Dass dies unter medizinischen Aspekten alles andere als begrüßenswert ist, liegt auf der Hand. Anthony Johnsons Normalgewicht liegt um die 230 Pfund, und bei der Ankunft in Brasilien brachte er immer noch 215 Pfund auf die Waage.
Damit musste er fast 15kg an Wassermasse rausschwitzen. Als Johnson in Reichweite des Zielgewichts kam, verlor er jegliches Gefühl in den Beinen und konnte sie nicht mehr bewegen. Die UFC-eigene Sportkommission, die in Ländern eingesetzt wird, in denen es keine staatliche Sportkommission gibt, ordnete aus medizinischen Gründen eine sofortige Flüssigkeitsinfusion an.
Diese versetzte Johnson einige Stunden später wieder in den Normalzustand, allerdings war es dann zu spät, um einen weiteren Abkochversuch zu unternehmen. Pikanterweise war Johnson vor dem Kampf gegen Belfort im Weltergewicht, also bis maximal 170 amerikanische Pfund, aktiv gewesen und hatte dort bereits mehrfach Schwierigkeiten gehabt, das geforderte Gewicht zu erreichen.
Johnsons Probleme waren UFC bekannt
Die UFC-Ärzte verdonnerten ihn nach dem letzten Kampf im Oktober 2011 dazu, eine Gewichtsklasse nach oben zu gehen und verweigerten ihm die Freigabe, weiterhin im Weltergewicht anzutreten. Es ist offenkundig, dass er im Halbschwergewicht richtig aufgehoben wäre - und es muss auch das Ziel sein, dass er sich ab sofort dort betätigt.
Doch auch der Veranstalter selbst darf bei diesen Überlegungen nicht ungeschoren davonkommen. Zum einen hätte der Kampf abgesagt werden müssen. Johnson wird immer noch dehydriert in den Käfig steigen, was nach Ansicht führender Mediziner mit einem erheblich erhöhten Verletzungsrisiko einhergeht.
Zum anderen ist Johnsons Problem mit dem Gewichtmachen schon seit Jahren bekannt, und es ist in solchen Fällen Sache des Veranstalters, ihn dazu zu zwingen, in der für ihn passenden Gewichtsklasse anzutreten. Die UFC schreibt sich auf die Fahnen, dass für sie die Gesundheit der Kämpfer an vorderster Stelle steht.
Ringer vs. Striker
Daraus ergibt sich die unbedingte Verpflichtung, Kämpfe wie den zwischen Belfort und Johnson in der Nacht auf den Sonntag zu verhindern. Auf dem Papier hätte man Johnson als ausgezeichnetem Ringer die besseren Chancen zugestehen müssen, doch dürfte er nun dank der eigenen Probleme nicht in Bestform ins Octagon steigen.
Belfort, ein explosiver Striker, der aber nicht gut mit Gegenwehr umgehen kann, wird realistisch zu Kampfbeginn fünf bis zehn Pfund weniger wiegen als sein Gegner. Er sollte entweder versuchen, Johnson gleich zu Beginn zu überrennen, wie er es bei der ersten UFC auf brasilianischem Territorium mit einem jungen Wanderlei Silva tat, oder er sollte alles daran setzen, Johnson müde zu machen.
Letztere Taktik könnte angesichts der Anstrengungen, die Johnsons Körper in den letzten Tagen durchmachte, erfolgsversprechender sein, da Johnson in den ersten Minuten seinen Reichweitenvorteil ausspielen können sollte und selbst auch knockoutgefährlich ist. Insgesamt dürfte Belfort aber nun der Favorit sein.
WM-Kampf geht beinahe unter
Der Kampf um die Weltmeisterschaft im Federgewicht zwischen Champion Jose Aldo und Herausforderer Chad Mendes stieß bislang sowieso schon auf wenig Interesse in der UFC-Zielgruppe und wird vom Geschehen im zweiten Hauptkampf völlig überschattet.
Aldo war zu seiner Zeit in der damaligen UFC-Schwesterliga World Extreme Cagefighting für seine schnellen, explosiven Finishes berühmt. Seit dem Wechsel in die UFC scheint er wie ausgewechselt zu sein und musste mit Mark Hominick und Kenny Florian über die volle Distanz gehen.
Seine technische Brillanz scheint zwar hie und da noch durch, aber von der einstigen Dominanz ist nicht mehr viel übrig geblieben, worunter auch seine Vermarktbarkeit leidet. Auch der Kampf gegen Chad Mendes dürfte daran wenig ändern.
Markige Worte von Aldo
Der ungeschlagene Herausforderer gilt als extrem zäh, selbst aber durchzugsschwach und selten dazu in der Lage, einen Kampf vorzeitig zu beenden. Ein weiterer Fünfrunder ist also sehr wahrscheinlich. Dabei hat Mendes aufgrund seiner ringerischen Fähigkeiten gute Chancen, das Positionsspiel zu dominieren und so dem Weltmeister den Titel abzujagen.Aldo versprach seinen Fans, dass Mendes gegen ihn nicht aus der zweiten Runde herauskommen werde - markige Worte, bei deren Umsetzung in die Wirklichkeit ihn die 13.500 Zuschauer in der HSBC Arena in Rio wie ein Mann anfeuern dürften. Mendes sieht dagegen allen Druck auf dem Weltmeister lasten und hofft, dass er darunter zusammenbrechen wird.
UFC 142: Aldo vs. Mendes wird in der Nacht zum Sonntag ab 4 Uhr live und kostenlos auf SPOX.comund UFC.tv übertragen. Um 2 Uhr starten die Vorkämpfe ebenfalls live und kostenlos auf SPOX.com und UFC.tv, während es um 1:30 Uhr als kleinen Vorgeschmack den Kampf zwischen Felipe Arantes und Antonio Carvalho exklusiv auf facebook.com/UFC zu sehen gibt.