Wer im Kampfsportbereich über den Namen Saitama Super Arena stolpert, der denkt unweigerlich an die Blüte des Mixed-Martial-Arts-Sports in Japan, als die Liga PRIDE regelmäßig einige der bekanntesten MMA-Kämpfer der Welt nach Saitama holte. Seit dem Niedergang von PRIDE und dem Aufkauf durch die UFC ist der MMA-Sport in Japan kaum mehr ein Thema.
Umso überraschender war deswegen, dass die Fans der UFC fast die Tür einrannten, als UFC 144 offiziell wurde. Kritiker verwiesen im Vorfeld auf den "toten" Markt, auf die fehlende Marktpräsenz der UFC, auf die extrem UFC-feindlich eingestellten japanischen Fans der alten Garde und darauf, dass sowieso niemand Lust hätte, morgens an einem Sonntag nach Saitama zu fahren, um um 9:30 Uhr in der Halle zu sein.
Ach so - außerdem kennt ja keiner Frankie Edgar und Ben Henderson, die sich im Hauptkampf um die Weltmeisterschaft im Leichtgewicht gegenüberstehen.
Hauptkampf: Frankie Edgar vs. Ben Henderson
Es wurde orakelt, dass man froh sein könne, wenn überhaupt 2.000 Karten verkauft würden. Niemand hätte auf der anderen Seite damit gerechnet, dass die Nachfrage nach Karten so hoch sein könnte. Woran es genau liegt, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben, aber der Erfolg der Veranstaltung lässt erahnen, dass es diesmal keine elf Jahre dauern wird, bis die UFC nach Japan zurückkehrt.
Im Hauptkampf verteidigt der amtierende Leichtgewichtsmeister der Liga, Frankie Edgar, seinen Titel gegen den früheren Weltmeister der damaligen Schwesterliga WEC, Ben Henderson. Edgar ist inzwischen seit etwas über sechs Jahren Profikämpfer, davon rund fünf Jahre in der UFC. Neun Siege im Octagon konnte er sich bislang sichern, trennte sich einmal unentschieden mit Gray Maynard und verlor einmal gegen denselben nach Punkten.
Edgar schaltete UFC-Legende BJ Penn klar aus
Edgar nahm UFC-Legende BJ Penn den Gürtel ab und setzte sich auch im Rückkampf über fünf Runden klar durch. Als kleines Wunder ist anzusehen, dass Edgar in seiner natürlichen Gewichtsklasse antritt und nicht wie andere Kämpfer zwanzig bis dreißig Pfund abkocht. Seine körperlichen Nachteile kompensiert er durch ausgezeichnete Boxtechniken und eine Kondition, die ihresgleichen sucht. Edgar schwimmt nach seinem beeindruckenden Sieg gegen Gray Maynard letzten Oktober auf einer Welle des Erfolgs und geht zuversichtlich in den Kampf gegen Henderson.
Während Frankie Edgar ein extrem harter Arbeiter ist und so zum Weltmeister wurde, wurde Ben Henderson in erster Linie von seinem Talent bis hierhin getragen. Das soll nicht bedeuten, dass er nicht hart trainiert - ganz im Gegenteil. Gemeint ist eher, dass er noch eine Spur mehr Gas geben kann und noch nicht am Ende angekommen ist. Er wird aber auch genau das tun müssen, wenn er Frankie Edgar den Gürtel abnehmen will.
Henderson gegen Clay Guida in Schwierigkeiten
Bislang hält Henderson drei Siege nach Punkten in der UFC. Gegen Mark Bocek und Jim Miller hatte er kaum Schwierigkeiten, aber in seinem letzten Kampf gegen Clay Guida war zu erkennen, dass Henderson durchaus angreifbar ist, wenn der Gegner hohes Tempo an den Tag legt. Und dies zahlt genau auf die größte Stärke von Frankie Edgar ein.
Henderson wird vermutlich versuchen, Edgar durch seinen Reichweitenvorteil auf Distanz zu halten und dort kreativ auszuboxen. Er wird keine Angst davor haben, mit dem Weltmeister auf den Boden zu gehen, wird gleichzeitig Edgars ringerischen Fähigkeiten aber auch wenig entgegenzusetzen haben. Edgar wird seinerzeit versuchen müssen, die Distanz zu überbrücken und mit Schlägen aus dem Infight heraus zu punkten.
Titelwechsel ist denkbar - Kampf über die volle Distanz?
Hendersons Arme und Beine sind zu lang, als dass es Edgar aus der Distanz heraus gelingen könnte. Von allen Kämpfen der UFC 144 wird dieser am wahrscheinlichsten über die volle Distanz gehen. Ein Titelwechsel ist denkbar, Insider rechnen aber damit, dass Edgar seinen Herausforderer auf den Boden der Tatsachen zurückholen wird und den Kampf recht souverän nach Hause holt.
Mit dicken Fragezeichen darf man den zweiten Hauptkampf zwischen Quinton "Rampage" Jackson und Ryan Bader versehen. Jackson wurde vor vielen Jahren in Japan ein Star, noch bevor er überhaupt seinen ersten UFC-Kampf hatte. Er setzte sich auch über Gebühr dafür ein, dass er in Saitama zum Einsatz kommt. Gleichzeitig war er aber sehr wählerisch, was seinen Gegner angeht - Stefan Bonnar wurde beispielsweise geradeheraus abgelehnt.
Jackson denkt offenbar an Rücktritt
Warum Jackson ausgerechnet Ryan Bader für weniger gefährlich hält, ist objektiv nicht nachvollziehbar. Ja - Bader wurde von Tito Ortiz kalt erwischt, und gegen den heutigen Weltmeister Jon Jones ging er auch sang- und klanglos unter. Trotzdem sollte Jackson ihn nicht unterschätzen. Bader wäre schlecht beraten, sich stupide auf einen Schlagabtausch mit Rampage einzulassen. Diese Gefahr ist allerdings gering, weil Bader der um Welten bessere Ringer ist und deswegen wenig Probleme haben dürfte, Jackson auf die Matte zu befördern, wo er sich nicht sonderlich wohlfühlt.
In den letzten Tagen wurde darüber hinaus bekannt, dass Jackson über den Rücktritt nachdenken wird, sollte Bader ihn schlagen, und dass er sich mit Kommentator Joe Rogan in die Wolle bekam, weil dieser ihn dafür kritisierte, im Titelkampf gegen Jon Jones keine Legkicks versucht zu haben.Kurzum: Jacksons Nerven scheinen im Moment blank zu liegen. Er spürt Den Druck, und wenn ihm in der Vergangenheit eines geschadet hat, dann war es, nicht sonderlich stressresistent zu sein.
Weitere Highlights von UFC 144
- Der Franzose Cheick Kongo bekommt es mit dem neuseeländischen Kickboxstar Mark Hunt zu tun. Zwar ist Kongo in diesem Kampf schwer favorisiert, aber die Kombination aus Hunts Heimkehr ins Land seiner wichtigsten Triumphe und seinem Eisenkinn könnten Kongo einen unangenehmen Abend bescheren. Heißer Tipp für die Überraschung des Abends.
- Yoshihiro Akiyama wird nach drei Niederlagen in Folge einen Sieg gegen Jake Shields brauchen, um seinen Verbleib in der UFC zu sichern. Wird ihm der Wechsel hinunter ins Weltergewicht neues Leben einhauchen?
- Anthony Pettis und Joe Lauzon werden unter sich ausmachen, wer als Kandidat ins Titelrennen einsteigen wird. Pettis ist der klare Favorit, aber Lauzon gelang es während seiner Karriere regelmäßig, Favoriten kaltzustellen.
UFC 144: Edgar vs. Henderson wird in der Nacht von Samstag auf Sonntag ab 3 Uhr live und ungekürzt auf SPOX.com und UFC.tv übertragen. Die Vorkämpfe starten um 1:30 Uhr auf facebook.com/UFC, und ab 2 Uhr gibt es weitere Vorkämpfe auf SPOX.com und UFC.tv.