Khabib Nurmagomedov im Interview: McGregor? "Komm doch zurück und zeig etwas!"

Carl Neidhardt
22. Oktober 202014:16
Khabib Nurmagomedov (hier im Fight gegen Conor McGregor) wird bei UFC 254 seinen Titel gegen Justin Gaethje verteidigen.getty
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Khabib Nurmagomedov wird bei UFC 254 am Samstag (ab 22 Uhr live auf DAZN) im Flash Forum auf Yas Island in Abu Dhabi gegen Interims-Champion Justin Gaethje zum womöglich letzten Mal seinen Titel verteidigen.

Im Interview mit SPOX und DAZN spricht Khabib über einen möglichen Kampf gegen UFC-Legende Georges St-Pierre, erklärt, wie Champions ihre Konzentration verlieren können und weshalb er in der UFC in einer anderen Rangliste die Nummer eins sein möchte.

Außerdem verrät er, welche fünf Kämpfer momentan für ihn die besten der UFC sind und warum ihn der mögliche Kampf von Conor McGregor gegen Dustin Poirier nicht interessiert.

Khabib Nurmagomedov, Sie sind bereits seit Wochen auf Fight Island und bereiten Sich dort auf Ihren Kampf gegen Justin Gaethje vor. Wie sieht die Vorbereitung aus?

Khabib Nurmagomedov: Wir sind bereits seit Wochen hier, um perfekt vorbereitet zu sein. Mit meinem ganzen Team sind wir rund 30 Leute hier. Bis zu dieser Woche haben wir jeden Tag zweimal trainiert. Seitdem steht nur noch leichtes Training und der Weight-Cut an.

Sie hatten seit dem letzten Kampf gegen Dustin Poirier bei UFC 242 im September 2019 eine lange Pause. Freuen Sie sich darauf, endlich wieder ins Octagon zu steigen?

Nurmagomedov: Ich bin wirklich sehr gespannt. Eigentlich trainiere ich ja immer, egal ob ein Kampf ansteht oder nicht. Ich kann nicht vernünftig leben, ohne zu trainieren. Aber klar, wenn ein Kampf ansteht, dann bin ich konzentrierter, trainiere härter und gehe auch im Sparring intensiver zur Sache. Wenn kein Kampf ansteht, trainiere ich mein Grappling, mache Läufe oder stemme Gewichte. Ich halte immer die Konzentration hoch. Wenn ich schließlich einen Kampf bekomme, wird das Sparring hochgefahren. Es ist nicht möglich, jeden Tag hartes Sparring zu machen, wenn kein Kampf ansteht. Man muss einfach auf seinen Körper achten. Hartes Sparring zerstört deinen Körper, dann kannst du keine langfristige Karriere aufbauen.

Mit Justin Gaethje geht es nun gegen jemanden, den Sie oft gelobt haben. Wie ordnen Sie diesen Kampf in Ihrer Karriere ein?

Nurmagomedov: Ich male mir im Kopf aus, dass es der härteste Kampf meiner Karriere sein wird. Er ist ein sehr guter und harter Kämpfer. Ich will Justin nicht unterschätzen. Ich will nicht alles, was ich mir in den vergangenen 15 bis 16 Jahren im MMA-Sport aufgebaut habe, verlieren. Ich will überhaupt keinen Kampf verlieren. Deshalb muss ich konzentriert bleiben und darf Justin nicht unterschätzen.

Khabib kämpfte zuletzt im September 2019 gegen Dustin Poirier.imago images / ITAR-TASS

Khabib über UFC 254: "Für Justin wird es keine Änderungen geben"

Wie wollen Sie diese schwierige Aufgabe meistern?

Nurmagomedov: Ich habe den gleichen Gameplan wie immer. Für Justin wird es keine Änderungen geben. Ich werde nach vorne gehen, Druck aufbauen und ihn müde machen. Ich möchte ihn einfach zur Aufgabe zwingen. Erst mache ich ihn müde und dann zwinge ich ihn zur Aufgabe. Das ist mein Plan.

Bei unserem letzten Interview, als wir uns vergangenes Jahr in Usbekistan getroffen haben, sprachen wir über den Boxkampf von Anthony Joshua gegen Andy Ruiz. Es ging dabei besonders darum, wie schnell Champions Gegner unterschätzen, wenn sie durch Erfolg und Geld zu satt werden. Ist das eine Gefahr, mit der Sie sich beschäftigen?

Nurmagomedov: Wenn du Champion bist, wird es immer zwei Optionen geben. Nummer eins: Du lässt dich ablenken, da du ein Champion bist. Du hast Geld, schließt zahlreiche Verträge ab und musst viel reisen. So verlierst du deinen Fokus. Auf diese Weise verlieren viele Champions. Die zweite Option ist: Du wirst Champion und der Erfolg steigt dir zu Kopf. Dann fängst du an, Gegner zu unterschätzen.

Von welchen Sachen lassen Sie sich denn ablenken?

Nurmagomedov: Ich lasse mich nicht ablenken und ich unterschätze keinen meiner Gegner. Ich habe die Karriere von vielen Champions im Sport verfolgt und ich versuche, aus ihren Fehlern zu lernen. Deshalb achte ich auf die ganz kleinen Dinge. Denn die kleinen Dinge machen dich Stück für Stück zum Champion. Die kleinen Dinge können auch dazu führen, dass du verlierst. Man muss also immer konzentriert bleiben. Wenn du hungrig bist, wenn du konzentriert bleibst und deine Gegner nie unterschätzt, dann wirst du immer ein Champion bleiben.

Sie stehen momentan bei einer Bilanz von 28-0. Sie haben oft gesagt, dass Sie der dominanteste Kämpfer der UFC Geschichte werden wollen. Was bedeutet es, wenn Sie gegen Justin Gaethje gewinnen?

Nurmagomedov: Natürlich will ich meine Gegner immer dominieren. Wenn ich das Octagon betrete, will ich nicht eine Sekunde des Kampfes verlieren. Was nach UFC 254 kommen wird, weiß ich wirklich nicht. Ich wäre dann seit 13 UFC-Kämpfen ungeschlagen, hätte meinen Titel zum dritten Mal verteidigt und würde in meiner professionellen MMA-Laufbahn bei 29-0 stehen.

Khabib über Jon Jones: "Viele Leute sagen, er hätte eigentlich Kämpfe verloren"

Jeder UFC-Kämpfer will irgendwann im Pound-for-Pound-Ranking, einer Gewichtsklassen übergreifende Rangliste der UFC, auf dem ersten Platz stehen. Glauben Sie, dass Sie bei einem Sieg diesen Rang einnehmen könnten?

Nurmagomedov: Ich denke schon. Die UFC muss mich einfach auf Platz eins der Pound-for-Pound Liste setzen. Jon Jones hat lange Zeit nicht gekämpft und seine letzten Kämpfe haben niemanden überzeugt. Viele Leute sagen, er hätte eigentlich Kämpfe verloren. Einige Runden hat er definitiv verloren.

Beim Media Day haben Sie sehr positiv über Gaethje' Trainer Trevor Wittman gesprochen. Wie groß wird sein Einfluss in diesem Kampf sein?

Nurmagomedov: Dabei habe ich noch seinen Namen falsch gesagt. (lacht) Spaß beiseite: Trevor Wittman ist ein großartiger Coach. Er ist sehr schlau. Ich glaube, er war selbst nie im MMA-Sport aktiv. Sein Verständnis für den Sport ist riesig. Ich habe immer darauf geachtet, wie er Justin bei seinen Kämpfen gecoacht hat. Er verfügt über ein großes Wissen, kann Kämpfe lesen, versteht die Gegner und hat einen guten Zugang zu Justin. Dieser Trainer ist definitiv ein riesiger Vorteil für Justin.

Müssen Sie also gegen zwei Gehirne kämpfen?

Nurmagomedov: Das gilt für Justin genauso. Ich habe schließlich auch großartige Trainer. Früher war das mein Vater und an seinem System hat sich nichts geändert. Außerdem habe ich meinen Headcoach Javier Mendez auf meiner Seite, der sehr schnell Veränderungen im Kampf erkennen kann, da er selbst lange im Octagon unterwegs war. Als Trainer hat er in seinem Gym schon viele UFC-Champions aufgebaut. Mein Trainer hat mir viele Dinge über Justins Fähigkeiten erklärt und das gilt sicher für Justins Coach genauso. Sie haben sich sicher viele Kämpfe von mir angeschaut und kommen mit einem sehr guten Plan in das Octagon. Ich muss also voll konzentriert sein und auf alles aufpassen: Auf sein Ringen, seine Kicks, seinen linken Haken, seine Beweglichkeit und seine Fußarbeit. Ich denke, es wird ein richtig guter Kampf.

Khabib über Conor McGregor: "Komm doch zurück und zeig etwas!"

Sie schauen in der Regel nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf die gesamte MMA-Landschaft. Wer sind aktuell Ihre Top 5 in der UFC?

Nurmagomedov: Im Moment ist Israel Adesanya richtig gut drauf. Außerdem haben Stipe Miocic und Piotr Yan gute Leistungen gezeigt. Piotr Yan hat sich toll entwickelt, große Namen geschlagen und wurde Champion. Dustin Poirier ist ebenfalls in einer guten Verfassung. Er hat in den vergangenen Jahren viele starke Gegner geschlagen und nur gegen mich verloren. Nummer fünf ist für mich Kamaru Usman. Schauen Sie sich an, wieviele starke Gegner Usman geschlagen hat! Er steht jetzt bei 11-0 in der UFC. Er hat alle seine Gegner dominiert. Kamaru hat mich beeindruckt. Wenn er seinen Titel in den nächsten Jahren noch drei bis viermal verteidigt, kann er der beste Weltergewichtler aller Zeiten werden. Dann kann er sich mit Georges St-Pierre streiten, wer der Beste ist.

Apropos Georges St-Pierre: Die Welt träumt von einem Kampf zwischen Ihnen und GSP. Es war der Traum Ihres Vaters. Georges sagte vor einigen Tagen aber auch, dass alles perfekt passen muss, damit dieser Kampf stattfindet. Was sagen Sie dazu?

Nurmagomedov: Wenn Georges St-Pierre davon spricht, dass alles perfekt passen muss, dann redet er meiner Meinung nach über Geld. Wenn ihm die UFC die Summe bezahlt, die er will, wird der Kampf stattfinden. Für mich ergibt nach Gaethje nur noch der Kampf gegen GSP Sinn. Er steht natürlich unter Zeitdruck, da er fast 40 Jahre alt ist. Da wird das richtig hart, alleine der Weight-Cut. Er müsste gegen einen der Besten aller Zeiten antreten, der auf der Höhe seiner Leistungsfähigkeit ist. Was das Datum angeht, wäre der April super, direkt vor dem Ramadan. Die UFC hätte jetzt sechs Monate Zeit, den Kampf zu promoten. Wir könnten das perfekt aufbauen.

Conor McGregor wird voraussichtlich im Januar gegen Dustin Poirier kämpfen. Wenn der Kampf wirklich stattfindet: Wer wird gewinnen?

Nurmagomedov: Ich mag das Wort "wenn" nicht. Komm doch zurück und zeig etwas! Aber immer nur "wenn", "wenn", "wenn". Ich kann auch sagen: Wenn ich 35 Kämpfe am Stück gewinne oder wenn ich bei 50-0 in meiner Kampfbilanz stehe. Junge Kämpfer, die gerade ihre Karriere beginnen, können sagen: Was passiert, wenn ich bei 30-0 stehe und unbesiegt bin? Und viele Menschen werden dann sagen: Das ist fast unmöglich! Aber ich bin jetzt nur noch zwei Schritte davon entfernt, bei 30-0 zu stehen und einer der größten Kämpfer in diesem Sport zu werden. Warum soll ich da über Leute sprechen, die nur in der Kategorie "wenn" denken? Bei UFC 254 habe ich einen riesigen Kampf gegen einen starken Gegner an einem tollen Austragungsort. Das wird der größte Kampf des Jahres. Da muss ich nicht über Menschen sprechen, die immer nur "wenn" sagen.