Titelverteidigerin Claudia Pechstein ist gesperrt, Anni Friesinger-Postma will keine Mehrkämpfe mehr bestreiten, dennoch gehen die deutschen Eisschnellläuferinnen nicht chancenlos in die EM am Wochenende in Hamar.
Team-Olympiasiegerin Daniela Anschütz-Thoms gehört in Norwegen zu den Favoritinnen und soll bei den vierten Titelkämpfen im norwegischen "Wikingerschiff" zum vierten Mal Gold für Deutschland holen.
Doch die 35 Jahre alte Erfurterin dämpft die Erwartungen.
"Diese EM hat überhaupt keinen Stellenwert. Sie ist für mich nur eine Durchgangsstation auf dem Weg nach Vancouver", sagte die Vorjahreszweite, die Edelmetall aber nicht völlig abschreiben will: "Eine Medaille ist drin, aber es wird sehr schwer."
Als Favoritinnen sieht sie die Tschechin Martina Sablikova und die Niederländerinnen um Ireen Wüst und Ex-Weltmeisterin Paulien van Deutekom an.
Deutsche Starterinnen stapeln tief
Hinter Anschütz-Thoms und Teamkollegin Stephanie Beckert liegen zwei knüppelharte Trainingswochen, den Vierkampf in Hamar bestreiten die Erfurterinnen "aus dem Kalten", wie Anschütz-Thoms es nennt: "Ich habe im Training kein einziges 500-m-Rennen bestritten."
Beckert, die sich nach zwei 3000-m-Weltcupsiegen zur Mitfavoritin bei Olympia gemausert hat, stapelt noch tiefer. "Wir sind beide alles andere als frisch. Ich will mich mit einem guten 3000-m-Ergebnis für das Abschlussrennen über 5000 m qualifizieren", sagte die 21-Jährige.
Allerdings ist ihre Zurückhaltung berechtigt. Für die Langstreckenspezialistin dürften sich alle theoretischen Medaillenchancen bereits nach dem Auftaktsprint erledigt haben. "Wichtig sind die Olympischen Spiele, und ich bin froh, dass die Vorbereitung so läuft, wie ich es mir vorstelle", sagte Beckert.
Deutsche Damen haben Ruf zu verlieren
Allerdings haben die deutschen Frauen in Hamar einen Ruf zu verlieren. 2006 gewann Claudia Pechstein im Wikingerschiff, 2000 Anni Friesinger-Postma und 1994 Gunda Niemann-Stirnemann.
Während die wegen Dopings gesperrte Vorjahressiegerin Pechstein bei den Titelkämpfen 2009 in Heerenveen möglicherweise ihren letzten großen Titel gewonnen hat, konzentriert sich die fünfmalige Europameisterin Friesinger-Postma seit 2006 nur noch auf Kurz- und Mittelstrecken.
Deutsche Männer nur Nebendarsteller
Ohne Medaillenchancen gehen die deutschen Männer an den Start. Der Erfurter Robert Lehmann, im Vorjahr immerhin Sechster, will nach seiner verpassten Olympia-Qualifikation mindestens unter die besten Acht laufen.
Bei der erwarteten Ein-Mann-Schau von Oranje-Superstar Sven Kramer sind aber nicht nur die deutschen Läufer Nebendarsteller.
Der Niederländer, einer der wenigen Eisschnelllauf-Millionäre, kann als erster Läufer in der 117-jährigen EM-Geschichte die Titelkämpfe zum vierten Mal in Folge gewinnen.