Pechstein stürmt zurück in die Weltspitze

SID
Claudia Pechstein feierte in Salt Lake City ein gelungenes Comeback
© Getty

Sie zeigte die Siegerfaust, lächelte ihren Freund Matthias an und stützte dann völlig ausgepumpt die Hände auf die Knie: Claudia Pechstein ist zehn Tage nach Ablauf ihrer Dopingsperre mit fast 39 Jahren zurück in die Eisschnelllauf-Weltspitze gelaufen.

Cookie-Einstellungen

Als ihr Trainer Achim Franke sie wenig später im Innenraum des Olympic Oval von Salt Lake City herzlich umarmte, konnte die Berlinerin ihr Glück kaum fassen, es allen Kritikern noch einmal gezeigt zu haben. "Ich bin absolut happy, es ist einfach traumhaft gelaufen", sagte sie.

Die fünfmalige Olympiasiegerin lieferte bei ihrem Weltcup-Comeback auf dem Blitz-Eis der Olympiabahn von 2002 in 6:51,63 Minuten über 5000 m eine Vorstellung ab, die selbst ihre Gefolgschaft nicht erwartet hatte. Das Ticket für die Einzelstrecken-WM in Inzell (10. bis 13. März) hat sie nach der drittbesten Zeit ihrer Karriere ebenfalls sicher.

"Ich bin sprachlos", sagte ihr Manager Ralf Grengel, der gemeinsam mit Pechsteins Lebensgefährten das Rennen an der Bande verfolgte. Matthias Große rang derweil um Fassung: "Sie ist einfach eine ganz Große." Coach Franke sprach von einer "herausragenden Leistung", während auch Bundestrainer Markus Eicher den Hut zog: "Das ist eine Wahnsinnszeit. Das schaffen nicht viele."

Pechstein schrammt am deutschen Rekord vorbei

Bei ihrer herausragenden Vorstellung beim ersten Weltcup-Lauf nach Ende ihrer zweijährigen Sperre wegen erhöhter Blutwerte knüpfte Pechstein fast nahtlos an alte Top-Leistungen an. Sogar ihren deutschen Rekord aus dem Jahre 2002 (6:46,91), den sie ebenfalls in Salt Lake City bei ihrem Olympiasieg aufgestellt hatte, hatte sie im Visier, bis sie bei einem Bahnwechsel leicht aus dem Rhythmus kam.

Pechstein, die am kommenden Dienstag ihren 39. Geburtag feiert, musste nicht nur in der für sie ungewohnten B-Gruppe antreten, sondern zudem noch gegen drei Gegnerinnen gleichzeitig. Neben ihr startete die Chinesin Dong Feifei. Da der Lauf im so genannten Quartettstart erfolgte, gingen in der Niederländerin Yvonne Nauta und der US-Amerikanerin Maria Lamb zwei weitere Läuferinnen auf der Gegengeraden an den Start.

Wie schon bei ihrem ersten Auftritt vor sechs Tagen in Erfurt wirkte Pechstein am Start sehr konzentriert. Angetrieben von Franke fand sie während des Laufs schnell zu ihrem Rhythmus und konnte das Rennen wie geplant gestalten. Die Konkurrentinnen waren schnell abgehängt, und Pechstein spielte ihre bekannte Stärke aus: Sie lief gleichmäßig schnelle Runden. Am Sonntag will Pechstein auch über 1500 m das WM-Ticket lösen.

Heftige Kritik im Vorfeld

Pechstein hatte bei ihrem Comeback in Salt Lake City mit viel Gegenwind zu kämpfen. Vor allem aus dem niederländischen Lager war Kritik an ihrer Person laut geworden. Sie habe als Dopingsünderin manipuliert, so etwas könne man nicht vergessen, sagte der niederländische Trainer Bart Veldkamp und verglich sie mit einem "Geschwür".

Sympathiebekundungen gab es für Pechstein indes vom früheren Trainer Peter Mueller, der in Salt Lake City norwegische Athleten betreut: "Sie ist eine spezielle Dame. Mit ihr ist zu rechnen. Jeder weiß, dass sie in den letzten zwei Jahren nicht auf dem Arsch gesessen hat. Sablikova und Beckert sind vorne, aber dahinter kommt Claudia."

Pechstein hatte sich in Salt Lake City vor ihrem Rennen kaum geäußert und voll auf ihr Rennen konzentriert, das in der Stadt stattfand, in der für sie wie in keiner anderen Freude und Frust beisammen lagen. Bei den Winterspielen 2002 erlebte sie hier den Höhepunkt ihrer Karriere, als sie über 3000 und 5000 m Olympiasiegerin wurde und als Punktsiegerin aus dem "Zicken-Krieg" mit Anni Friesinger-Postma hervorging. Im Dezember 2009 erhielt sie in der US-Wintersporthochburg trotz Sperre eine Starterlaubnis, verfehlte aber das Olympia-Ticket für Vancouver. 434 Tage später meldete sie sich an selber Stelle eindrucksvoll im Weltcup zurück.

Oranje-Angriff und Schneechaos für Pechstein