Braungebrannt und außerordentlich muskulös ist sie, ein makelloses Sixpack schimmert unter dem knappen Trainings-Top: Claudia Nystads Körper ist eine Kampfansage. Auf den via "Facebook" veröffentlichten Fotos aus der Vorbereitung präsentiert sich die 35-Jährige vor ihrem Comeback im Skilanglauf-Weltcup zumindest äußerlich in Topform. "Claudsch" hat mächtig geschuftet, um es mit der jungen Garde aufnehmen zu können - und sich noch einmal den Traum von Olympischen Spielen zu erfüllen.
"Es ist eine Riesen-Heausforderung für mich, mein Umfeld, meinen Körper, für alles", sagte Nystad vor den Rennen im finnischen Kuusamo ab Freitag dem "SID": "Ich wollte den Wettkampf noch mal annehmen, ob man es schaffen kann als jemand, der drei Jahre lang aufgehört hat. Mit ganz viel Willen, ganz viel Training, ganz viel Wissen."
Abgetreten auf dem Höhepunkt
2010 war Nystad nach den Spielen in Vancouver auf dem Höhepunkt abgetreten. Mit Evi Sachenbacher-Stehle holte sie Gold im Teamsprint, ihr zweites nach dem Staffel-Triumph 2002, als Schlussläuferin mit dem Mädchennamen Künzel. Staffel-Silber gab es zudem in Vancouver - Nystad verabschiedete sich als erfolgreichste deutsche Langläuferin der Geschichte in den Ruhestand.
Drei Winter und ein abgeschlossenes Studium der Wirtschaftsinformatik später hatte Nystad genug von der Frührente. "Mir tat das im Herzen weh, wenn ich die Leute habe laufen sehen", sagt Nystad: "Dann habe ich gedacht, ich frag mal, ob das überhaupt möglich wäre. Ich bin ja schon 34. Die sagten: 'Das wäre supertoll.' Dann war das ein Selbstläufer."
Die Form ist wieder da
Die Form war schnell wieder da: Beim Ski-Marathon im niederbayerischen Bodenmais gewann Nystad im März gleich zwei Rennen. In der Vorbereitung rannte sie einen Halbmarathon in 1:20:38 Stunden - lag damit unter den deutschen Top 50 des Jahres 2013. "Früher war ich im Sommer immer schlecht. Jetzt sieht es ganz gut aus. Das gibt mir Mut und Ruhe", sagt Nystad. Zuversicht gab auch der Vergleich mit Marit Björgen, der derzeit weltweit stärksten Langläuferin: "Ich war im Sommer bei einem Wettkampf in Norwegen, da war ich nicht so weit weg von ihr, wie ich dachte."
Bundestrainer Frank Ullrich ist heilfroh über das Comeback der einstigen Vorzeige-Läuferin: "Sie wird definitiv eine Verstärkung für die Mannschaft sein, sportlich wie charakterlich", sagt Ullrich, dessen Athletinnen bei der WM 2013 ohne Medaille blieben, in der Staffel nur Siebte wurden. Vor allem fehlt den deutschen Frauen ein Gesicht: Miriam Gössner, die den vakanten Posten als Topstar ausfüllen könnte, konzentriert sich auf den lukrativeren Biathlon, wohin auch Sachenbacher-Stehle gewechselt ist.
Zumindest optisch macht Nystad den deutschen Langlauf wieder attraktiver, extrovertierter. So posierte Nystad dieser Tage auf Fotos in martialischer Pose mit dem schwerst tätowierten DSV-Servicemann Heikki Alakärppä, ihre Mütze zierte über dem Verbands-Logo der Schriftzug der Hardrock-Band Metallica.
Mittelfinger vom Podest
Zudem ist die Blondine aus Zschopau ein echter Typ, der seine Meinung konsequent vertritt. Bei der WM 2009 zeigte sie nach Staffelsilber vom Siegerpodest aus dem damaligen Bundestrainer Jochen Behle den Mittelfinger - der hatte Nystad und Co. zuvor öffentlich kritisiert. "Wenn sie so gut läuft, kann sie öfter so eine Reaktion zeigen", sagte Behle.
Nachfolger Ullrich dürfte derweil wohlwollend zur Kenntnis genommen haben, dass das Comeback nicht auf kurze Sicht angelegt ist. "Ich habe bis 37 geplant. Wenn alles klappt, möchte ich die WM 2015 in Falun noch dranhängen", sagt Nystad. Doch erstmal steht die Quali für Sotschi im Mittelpunkt, der Traum von den vierten Winterspielen. "Wenn es gelingt", sagt Nystad, "dann betrinke ich mich ordentlich, dann feier ich."