Deutsches Trio rockt die Dolomiten

SPOX
23. Dezember 201319:53
Stefan Luitz kämpft sich nach seinem Kreuzbandriss zurück an die Weltspitzegetty
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Drei deutsche Athleten machen die Dolomiten unsicher und schreiben Geschichte. Die japanische Rentnergang will die Vierschanzentournee erobern. Lindsey Vonn verletzt sich trotz Liebesdoping von Tiger Woods und die Skispringer verpatzen die Tournee-Generalprobe. Tina Weirather bekommt zu Weihnachten die Patenschaft für ein afrikanisches Schwein. Die Tops und Flops des Wochenendes.

Tops

Das deutsche Dolomiten-Trio: Drei deutsche Athleten unter den Top Ten - das gab es im Riesenslalom tatsächlich erst ein einziges Mal. Vor 23 Jahren fuhr das DSV-Team angeführt von Skisport-Legende Markus Wasmeier auf Platz sechs, neun und zehn. Felix Neureuther, Stefan Luitz und Fritz Dopfer setzten am Sonntag in Alta Bahia sogar noch einen drauf.

"Drei Deutsche unter den besten Acht im Riesenslalom, das ist schon richtig stark", resümierte Neureuther nach dem Rennen: "Mich freut es einfach, dass wir mannschaftlich geschlossen gut sind." Einziger Wermutstropfen für den Partenkirchner: "Ich habe mir die Stange voll übers Kreuz gezogen, ein schwerer Fehler da unten. Das tut mir ganz schön weh." Zumindest haben sich die Schmerzen gelohnt.

Ein ganz besonderer Wettkampf war es auch für den Youngster des Teams: Der erst 21-jährige Stefan Luitz riss sich im Frühjahr das Kreuzband und fuhr in den vergangenen Wochen mit einer Knieschiene zurück in die Weltspitze. "Da wollte ich immer hin, aber über das Knie will ich gar nicht mehr reden", erklärte Luitz, der eine Woche zuvor in Val d'Isere sogar aufs Podest sauste.

Das Reden übernahm dafür ein anderer. "Was er da leistet nach der Verletzung, das ist schon Wahnsinn. Ich hatte etwas Schiss, dass er es nicht mehr ganz so umsetzen kann, dass er nicht mehr so drauf geht nach der ersten schweren Verletzung. Aber er setzt das einfach perfekt um und fährt voll am Limit", lobte Neureuther seinen acht Jahre jüngeren Teamkollegen und blickte schon in die ferne Zukunft: "Wenn ich mal abtrete, dann haben wir hoffentlich einen gescheiten Nachfolger."

Die japanische Rentnergang: Ein Noriaki Kasai ist nicht genug. Das sagt sich zumindest das japanische Skisprung-Team, das neben dem 41-Jährigen jetzt auch noch den zwei Jahre älteren Takanobu Okabe auf den Balken schickt. Während Kasai Saison um Saison die Weltcup-Schanzen der Welt unsicher macht, beschränkte sich sein Teamkollege in den vergangenen Jahren zumeist auf die in seinem Heimatland stattfindenden Wettbewerbe.

Dabei ist der 43-Jährige für hartgesottene Skisprung-Fans kein Unbekannter. Vor sage und schreibe 24 Jahren gab er sein Weltcup-Debüt. Da hatte die Hälfte des DSV-Teams noch nicht das Licht der Welt erblickt. 1995 holte Takanobu WM-Gold in Thunder Bay, 1998 bei den Spielen in Nagano war er Teil des goldenen Quartetts. Im finnischen Kuopio kürte er sich 2009 zum ältesten Weltcup-Sieger der Skisprung-Historie. SPOX

Wo bei anderen die Midlife-Crisis einsetzt, will der Routinier beim Auftaktspringen in Oberstdorf erneut Geschichte schreiben und der älteste Tournee-Teilnehmer aller Zeiten werden. Okabes Teammitglieder sind neben Kasai übrigens Yuta Watase (31), Daiki Ito (27) und Taku Takeuchi (26). Schade, dass es kein Teamspringen gibt. Da würde die Rentnergang aus dem Land der Morgenröte bestimmt allen davonfliegen.

Das afrikanische Patenschwein: Tina Weirather fährt die beste Saison ihres noch jungen Lebens. Beim vorletzten Weltcup-Stop in St. Moritz holte die 24-Jährige sich im Super-G den zweiten Sieg ihrer Karriere. Die süße Liechtensteinerin ist deutlich zu schnell für ihre Landsfrauen und trainiert daher bei den Schweizer Alpin-Damen mit.

Das Problem: Selbst für die ist sie mittlerweile zu schnell. Also überlegte sich ihre neue Teamkollegin Andrea Dettling ein Ablenkungsmanöver: Als Weihnachtsgeschenk getarnt schenkte sie Weirather die Patenschaft für ein afrikanisches Schwein. Eine Bierflasche mit Schweinekopf-Logo gab es noch obendrauf. Der listige Hintergedanke: Weirather könnte sich so sehr um das Schwein sorgen, dass sie das Skifahren aus den Augen verliert.

Denkste! Gründlicher hätte der Schuss nicht daneben gehen können. Weirather bedankte sich, indem sie die Konkurrenz beim Riesenslalom in Val d'Isere in Grund und Boden fuhr und den Schweizerinnen den Sieg wegschnappte. Die Liechtensteinerin ist jetzt sogar Gesamtweltcup-Führende. Vor Lara Gut, ihrer neuen Teamkollegin.

Seite 2: Die Flops des Wochenendes

Flops

Liebesdoping funktioniert nicht: Eigentlich war Tiger Woods mit nach Val d'Isere gekommen, um seine Lindsey zum Sieg zu brüllen, doch der Schuss ging unfreiwillig nach hinten los: Bei der Abfahrt machte ihr der Körper einen Strich durch die Rechnung. Vonns lädiertes Knie hielt den Strapazen erneut nicht stand. "Das Ding ist: Ich habe kein Kreuzband mehr. Mein Knie ist instabil und so wird es bleiben. Ich muss mich daran gewöhnen", erklärte Vonn im Anschluss.

Trotzdem zeigte sich die Amerikanerin froh über die Begleitung an ihrer Seite. "Er liebt mich, will mich unterstützen und meinen Sport besser verstehen. Es ist schön, dass er so ist", schwärmte sie im "Blick" in den höchsten Tönen von ihrem Lebenspartner: "Es war sein erstes Weltcuprennen. Ich glaube, es hat ihm gefallen. Er war sicher sehr nervös wegen meinem Knie. Er macht sich Sorgen um mich. Doch er ist glücklich, hier zu sein. Und ich bin froh, dass er hier ist."

Der Olympia-Start soll trotz der Verletzung nicht in Gefahr sein. "Es bleibt ja noch Zeit. Ich muss bis dahin einfach genug Kraft aufbauen, damit ich das Knie vielleicht noch ein bisschen stabilisieren kann." Der vielbeschäftigte Mr. Woods wird den Skistrecken dieser Welt aber erstmal wieder fern bleiben: "Leider fahre ich nicht wirklich viele Rennen dieses Jahr. Ihr werdet uns wohl nicht allzu oft zu Gesicht bekommen."

Generalprobe vermasselt: Das gilt zumindest für sechs Siebtel des deutschen Skisprung-Teams. Beim letzten Weltcup-Stop vor der Vierschanzentournee in Engelberg kamen die DSV-Adler vor allem beim ersten Wettkampf von der Gross-Titlis-Schanze nicht ins Fliegen. Andreas Wank landete auf dem 13. Platz als einziger unter den Top 20.

Auch Bundestrainer Werner Schuster wurde nach dem starken Saisonstart wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. "Wir sind einfach richtig schlecht gesprungen. Es ist alles schief gegangen, was nur geht. Wer hier auch nur einen kleinen Fehler macht, der hat sofort verloren", versuchte er die enttäuschende Leistung zu erklären.

Besonders schlimm erwischte es ausgerechnet die Tournee-Hoffnung Severin Freund: Direkt im ersten Sprung landete er auf dem Hosenboden. "Es ist nichts passiert, da werden wohl nur ein paar Kopfschmerzen bleiben", sagte der in diesem Winter beste Deutsche nach seinem Sturz.

Dennoch gibt es Hoffnung im Lager unserer Landsmänner. Schließlich weiß man ja, welches Omen verpatzte Generalproben bedeuten. Zudem kehrt ein alter Bekannter ins Team zurück: Martin Schmitt wurde von Schuster dank seiner guten Leistungen im Continental Cup zurück zur ersten Garde befördert. In der letztjährigen Ausgabe wurde Schmitt Gesamt-Zehnter. Mit etwas Glück kann der Mann mit der Milka-Mütze vielleicht auch in dieser Saison die Kohlen aus dem Feuer holen.

Schlechte Laune im Paradies: Obwohl die österreichischen Alpinisten am Wochenende (mal wieder) einen Sieg feierten - Marcel Hirscher gewann den Riesenslalom in Alta Badia - könnte die Stimmung beim ÖSV-Coach besser sein. "Es wird immer das Negative gesucht, es gibt ja immer Kritik. Wenn Marcel Hirscher gewinnt, wird gesagt: 'Der ist ja eh kein Produkt des ÖSV.' Und wenn Mario Matt gewinnt, heißt es: 'Wo sind die Jungen? Nur die Alten gewinnen'", meckerte Mathias Berthold über die heimische Medienlandschaft: "In Deutschland hätten sie mir bei diesen Resultaten die Füße abgeschleckt, aber das ist schon okay."

Die DSV-Herren können bei solchen Problemen nur lächeln, schließlich sind im Gesamtweltcup ganze sieben Österreicher vor dem besten deutschen Fritz Dopfer platziert. Daher ist auch Berthold mit seinen Schützlingen zufrieden. "Wir sind eine super gute Mannschaft mit echt super Ergebnissen. Ich stelle mich zu 1000 Prozent vor diese Truppe. Aber wir sind nicht die Götter, die alles in Grund und Boden fahren", stellte er klar: "Wir arbeiten daran, dass diese Zeiten wieder kommen. Aber im Moment ist es halt nicht so."

Der ÖSVler, der der Definition von "Gott" noch am nächsten kommt, ist der Ski-Virtuose Marcel Hirscher. Nach einem kleinen Durchhänger konnte er die Dominanz von Ted Ligety durchbrechen und die letzten beiden Riesenslaloms gewinnen. "Oft glaubst du, dass du an den ganz großen Schrauben drehen musst. Aber am Ende des Tages war es eine ganz kleine Setup- Veränderung, ein winzig kleiner Trick. Dadurch kann ich bessere und kürzere Kurvenwege fahren und drifte weniger", erklärte Hirscher seine starken Leistungen.

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