Nach ihrer unglücklichen Rückkehr zur alten Liebe Skilanglauf fühlte sich Evi Sachenbacher-Stehle kurz im Regen stehen gelassen. Leicht fröstelnd suchte die zierliche Bayerin im Dauernieseln von Oberhof nach Erklärungen für den 39. Platz beim Prolog der Tour de Ski, ehe ihr endlich jemand einen Schirm über den Kopf hielt.
Sachenbacher-Stehle lächelte gequält - denn viel mehr Erfreuliches gab es nicht nach einem Auftritt, der einige Fragen zur sportlichen Zukunft der zweimaligen Olympiasiegerin aufwarf.
"Der Start hier wird eine einmalige Geschichte bleiben", sagte die 33-Jährige, die sich seit 2012 mit mäßigem Erfolg im Biathlon versucht und seitdem ihre Rolle sucht. Denn eines war in Oberhof offensichtlich: So weit Sachenbacher-Stehle im Zweikampf mit Gewehr und Ski von der Weltspitze entfernt ist, so wenig konkurrenzfähig ist sie mittlerweile im Vergleich mit den besten Langlauf-Spezialistinnen.
Mangelnde Vorbereitung
"Ich bin hier von Anfang an Vollgas gelaufen. Aber das war so hart. Ich hatte auch nicht die richtige Vorbereitung", sagte Sachenbacher-Stehle nach schmerzhaften drei Kilometern. Auf den Start im Sprint am Sonntag verzichtete sie, noch am Samstagabend ging es heim nach Reit im Winkl, wo sie am Morgen aufgebrochen war - am Freitagabend hatte sie noch in Garmisch den City-Biathlon bestritten.
Was also sollte der kräftezehrende Kurztrip nach Thüringen bezwecken? Sie solle "die erste Station der Tour unter trainingsmethodischen Aspekten" nutzen, hatte Bundestrainer Ullrich gesagt. Trainingsmethodische Vorteile dürfte der kurze Auftritt im Dauerregen allerdings kaum gebracht haben.
Plausibler ist vielmehr, dass sich Ullrich im Hinblick auf die Olympia-Staffel ein Bild von der einstigen Vorzeige-Läuferin machen, eine "Win-Win-Situation" ausloten wollte: Über den Biathlon-Weltcup dürfte sich Sachenbacher-Stehle wohl kaum für Sotschi qualifizieren, zwei 25. Plätze sind ihre besten Saisonergebnisse. Als Mitglied der Langlauf-Staffel hätte sie aber das Ticket und Ullrich eine ersehnte Alternative zu seinen größtenteils schwächelnden Damen - schließlich muss er in Sotschi anders als bei der WM wohl auf die angeschlagene Biathletin Miriam Gössner verzichten.
Langlauf in Sotschi keine Option
Doch einerseits stellt Sachenbacher-Stehle in der Form von Oberhof keine Verbesserung gegenüber dem vorhandenen Personal dar, zudem sagt sie: "Langlauf in Sotschi ist für mich kein Thema."
In Oberhof wurde die Staffel-Olympiasiegerin von 2002 und Teamsprint-Olympiasiegerin von 2010 gefeiert wie zu goldenen Zeiten, und sie genoss die vielen Sympathie-Bekundungen - auch die der Kurzzeit-Teamkolleginnen. "Vor allem Claudia wiederzusehen, war voll schön", sagte Sachenbacher-Stehle.
Claudia heißt mit Nachnamen Nystad, war bei beiden Olympiasiegen an ihrer Seite, feiert nach zwei Jahren Auszeit ihr Comeback und durfte im Gegensatz zu Sachenbacher-Stehle als Prolog-19. in Oberhof ein respektables Erfolgserlebnis verbuchen. "Evi habe ich allerdings nur kurz gesehen, das war vor dem Start", sagte Nystad: "Wir haben uns dann aber noch für den Nachmittag verabredet." Nystad gehörte zu all denen, die sich wohl mehr von der Rückkehr der "Gold-Evi" versprochen hatten.