Martin Schmitt wirkt gelassen, beinahe gelöst. "Die Sonne scheint, die Saison beginnt, mir geht es gut", sagt der 35-Jährige. Keine Spur von Anspannung oder gar Nervosität. Dabei startet der viermalige Skisprung-Weltmeister am Freitag in den letzten Winter seiner großen Karriere - und die Vorzeichen stehen nicht gerade gut.
"Ich weiß, dass ich Top-Leistung bringen muss, um mich für die Mannschaft zu empfehlen", sagt Schmitt dem "SID" vor seinem ersten Wettkampf: "Aber die Form ist gut, ich bin weiter als vor einem Jahr." Bitter ist das dennoch: Während der Routinier am Wochenende in der norwegischen Provinzstadt Rena an den Start geht, ist die Skisprung-Elite ausgerechnet in seiner Heimat Schwarzwald in Titisee-Neustadt zu Gast.
Schwung holen in der 2. Liga
Doch Schmitt hat keine Wahl. Denn der Weg zu seinem großen Traum, den Olympischen Spielen in Sotschi, führt nur über die zweite Liga des Skispringens. Im Continental Cup muss sich der Altmeister für eine Rückkehr ins A-Team anbieten. "Ziel ist es, bei der Tournee eine gute Form zu haben. Da will ich in einer guten Verfassung sein. Letztes Jahr ist es ja ganz gut gegangen", sagt Schmitt.
Die Tournee, das ist Schmitts erstes Etappenziel. Bundestrainer Werner Schuster darf dort eine erweiterte nationale Gruppe an den Start schicken, da will und muss Schmitt dabei sein. Aber dann? Im Anschluss an das Neujahrsspringen wird Schuster sein Team halbieren. Vergangene Saison überstand Schmitt diesen Cut. Schon das scheint in diesem Jahr angesichts der Topform der übrigen DSV-Adler schwer. Von Sotschi ganz zu schweigen.
Schmitt sieht das Ganze entspannt. "Das war ja im Vorfeld klar. Ich habe mir da keine Illusionen gemacht. Ich wusste, dass es eine große Herausforderung wird", sagt der Oldie, der seit Januar 1997 im Weltcup dabei ist. Den bislang letzten seiner 28 Siege feierte er im März 2002, das ist nun auch schon fast zwölf Jahre her.
Tür ist offen
Auch Schuster hat seinem ältesten Schützling schon klar gemacht: "Wenn alle Mann an Bord sind, wird es ein sehr hartes Stück Arbeit, einen der fünf Plätze zu ergattern". Aber die Tür sei offen. "Es geht mehr denn je rein nach Leistung. Vergangene Erfolge werden nicht ins Gewicht geführt", sagt der Österreicher.
Sollte Schmitt aber schon an Neujahr ausgesiebt werden, scheint ein vorzeitiges Karriereende nicht ausgeschlossen. Für die Zeit danach hat er bereits Pläne. Schmitt studiert an der Trainerakademie in Köln, im Oktober 2015 will er fertig sein und danach seine Erfahrung weitergeben. "Ich bin froh, diesen Weg eingeschlagen zu haben", sagt er.
Aber noch will Martin Schmitt so weit nicht denken, noch lebt der Traum von Sotschi. Wie groß sind sie also, die Chancen auf die fünften Olympischen Spiele? "Durch Rechnen und Abwägen wird es nicht besser", sagt Schmitt - und bleibt ganz entspannt: "Entweder es reicht, oder es reicht nicht."