Felix Neureuther genoss seinen Triumph von Kitzbühel in vollen Zügen. Mit einem Bierglas in der Hand und schon ein wenig angeschlagen tanzte und sang er sich durch die Nacht, getreu seinem zuvor ausgegebenem Motto: "Richtig Party machen!" Der Saisonhöhepunkt Olympia beginnt ja erst in zwei Wochen, für Neureuther sogar erst mit dem Riesenslalom am 19. Februar. Dann, vor allem aber drei Tage später beim Slalom ist dem 29 Jahre alten Partenkirchner alles zuzutrauen - das hat er im Schneetreiben von Kitzbühel erneut eindrucksvoll unterstrichen.
Tausenden Österreichern stockte der Atem, als dort am Freitagabend erstmals unter Flutlicht die Entscheidung fiel. Ihr Liebling, der Weltmeister und Top-Favorit auf Slalom-Gold in Sotschi, Marcel Hirscher, fädelte in Führung liegend ein. Unten am "Ganslernhang" stand Neureuther, und es dauerte einige Sekundenbruchteile, bis er begriff: Er, Neureuther, war zum zweiten Mal nach 2010 und auf den Tag genau vier Jahre nach dieser Premiere erneut Sieger von "Kitz" - und um die Siegprämie von 70.000 Euro reicher.
Jagd nach Wasmeier
Einen leisen, "faden Beigeschmack" hatte sein dritter Saisonsieg, meinte Neureuther später: "Ich hätte den Marcel schon gerne auf der Piste geschlagen." Doch einige Stunden nach "einem der schwierigsten Rennen meines Lebens" (Neureuther) war ihm das schon egal. Zu groß war dieser Sieg, zu stark die Eindrücke bei der Siegerehrung, die er mit geschlossenen Augen genoss. "Der größte Klassiker, das ist gewaltig", sagte Neureuther.
Und er hatte ja, anders als Hirscher, all den Widrigkeiten getrotzt - dem Schneefall, der dadurch bedingten schlechten Sicht, der schmierigen Piste, der im ersten Durchgang unorthodoxen Kurssetzung. Der Lohn war sein achter Weltcupsieg, nur noch einer fehlt ihm zum deutschen Rekord von Markus Wasmeier.
Wasmeier ist Doppel-Olympiasieger - und Olympia das, worum es in wenigen Tagen auch für Neureuther geht. Am Dienstag findet in Schladming, wo er 2013 bei der WM Zweiter hinter Hirscher war, der letzte vorolympische Slalom statt; am 2. Februar fährt Neureuther in St. Moritz den letzten Riesenslalom. Dann geht sein Fokus endgültig nach Russland.
Olympia hat seine eigenen Gesetze
Kitzbühel und dieses "brutale Rennen" hätten ihm "gezeigt, dass ich mit Druck umgehen kann", sagte Neureuther. Und das sei "ein gutes Zeichen für das, was im Februar kommt". Nämlich Olympia. Die Spiele aber hätten ihre "eigenen Gesetze", betonte er. Sein Medaillen-Plan sieht deshalb so aus: "Ich muss es einfach so angehen, wie jedes andere Rennen auch - und darf nicht meinen, dass ich etwas Besonderes machen muss." Denn sonst, das hat er etwa bei der Heim-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen schmerzhaft erleben müssen, "geht's schief".
Gut gegangen ist es in Kitzbühel - auch, weil Neureuther die Sache "taktisch clever" anging, wie er sich selbst lobte. "Ich wollte einfach nur sicher und kontrolliert runterfahren - das ist mir gelungen." Seit seinem Triumph vor vier Jahren fährt eine rote Gondel mit Neureuthers Namen drauf durch Kitzbühel. Dort, meinte er stolz, "kann man jetzt die zweite Kerbe anbringen".