Severin Freund lächelte nach seiner Aufholjagd gequält, Gregor Schlierenzauer entschuldigte sich fast schon für seinen Triumph: In einem über weite Strecken chaotischen Skispringen hat der Niederbayer Freund im norwegischen Lillehammer immerhin den sechsten Platz gerettet, das große Los in der Wind-Lotterie zog aber der Österreicher Schlierenzauer mit seinem 53. Weltcup-Sieg.
"Nach einem Jahr wieder zu gewinnen, ist großartig. Ich hatte heute aber sicher auch ein wenig Glück mit den Bedingungen", sagte Rekord-Weltcupsieger Schlierenzauer angesichts der turbulenten Verhältnisse. Freund stürmte auf der Olympia-Schanze von 1994 im zweiten Durchgang vom 18. Rang noch weit nach vorne, Marinus Kraus beendete den teilweise zweifelhaften Wettbewerb auf Rang 14. Die übrigen deutschen Weitenjäger gingen komplett leer aus.
"Gute Nerven und Geduld"
Großer Triumphator war der sechsmalige Weltmeister Schlierenzauer. Der 24-Jährige gewann nach Sprüngen auf 127,5 und 138,5 Meter mit 302,7 Punkten vor dem Norweger Anders Fannemel (299,8) und Michael Hayböck aus Österreich (294,0). "Man brauchte gute Nerven und Geduld. Aber Skispringen ist noch immer eine Freiluftsportart. Das gehört dazu, da muss man sich drauf einstellen", sagte Schlierenzauer, der schon nach dem ersten Durchgang geführt hatte.
Eben jener erwies sich als ausgesprochen zäh, dauerte wegen zahlreicher Unterbrechungen und Anlauf-Verschiebungen mehr als 80 Minuten, zahlreiche Springer mussten den Bedingungen Tribut zollen. So landete der in der Vorwoche zweimal siegreiche Simon Ammann (Schweiz) ebenso nicht in den Punkten wie die ehemaligen Vierschanzentournee-Gewinner Anders Jacobsen (Norwegen) und Andreas Kofler (Österreich).
Deutsche schwach
Ammann durfte sich immerhin trösten, seine Führung im Gesamtweltcup verteidigt zu haben. Mit 236 Punkten liegt der 33-Jährige allerdings nur noch knapp vor dem 42 Jahre alten Japaner Noriaki Kasai (222) und dem Norweger Fannemel (210). Bester Deutscher ist Freund (151) als Siebter.
Auch das deutsche Team ließ im norwegischen Wind kräftig Federn. Markus Eisenbichler (Siegsdorf/40.), Michael Neumayer (Oberstdorf/43.), Andreas Wank (Hinterzarten/45.) und Richard Freitag (Aue/46.) verpassten klar den zweiten Durchgang. "Mein Sprung war nicht toll, aber ich war definitiv chancenlos. Heute brauchte man Glück", sagte Routinier Neumayer (35). Karl Geiger (Oberstdorf), der als Ersatz für den verletzten Andreas Wellinger (Ruhpolding) erstmals im Weltcup-Team stand, war bereits in der Qualifikation gescheitert.
"Eine wilde Rechnerei"
"Das war heute eine wilde Rechnerei. Der Wind wechselte permanent, das war alles schwer nachvollziehbar", sagte auch Horst Hüttel. Der Sportliche Leiter im Deutschen Skiverband (DSV) betonte aber auch: "Die Jury hat nichts falsch gemacht." In der Tat versuchten die Offiziellen immer wieder, durch einen veränderten Anlauf auf die jeweilige Windstärke zu reagieren. Das finale Ergebnis hatte dennoch nur eingeschränkten Aussage wert.
Für das zweite Springen am Sonntag sehen die Vorhersagen immerhin etwas besser aus. Nicht nur Freund hofft dann auf mehr Glück im unberechenbaren Windspiel.