Der erste Staffelsieg der deutschen Biathleten seit fast vier Jahren war zum Greifen nah, doch auf den letzten Metern ging Simon Schempp die Puste aus. "Im Zielsprint haben mir die nötigen Körner gefehlt", sagte der Schlussläufer. Am Ende musste er sich dem Norweger Emil Hegle Svendsen um 4,6 Sekunden geschlagen geben. Als Zweite stürmte das starke DSV-Team beim Heim-Weltcup in Ruhpolding trotzdem erstmals in diesem Winter auf das Podest.
Mit einer furiosen Schießleistung behauptete Schempp die Führung bis zur letzten Runde, erst etwa 500 Meter vor der Ziellinie musste er den viermaligen Olympiasieger Svendsen ziehen lassen. "Wir sind fast zeitgleich auf die letzte Runde gegangen, ich war aber in der ungünstigen Situation, dass ich vorne war. Er ist hinter mir über die Berge drübergelaufen und konnte dabei ein bisschen Kraft sparen", sagte Schempp nach dem packenden Duell: "Es war ein sehr, sehr hohes Tempo und hart am Limit."
In der Besetzung Erik Lesser (Frankenhain), Andreas Birnbacher (Schleching), Arnd Peiffer (Clausthal-Zellerfeld) und Schempp (Uhingen) zeigte das Quartett des Deutschen Skiverbandes (DSV), das zuletzt im Januar 2011 in Antholz gewonnen hatte, mit insgesamt nur vier Nachladern eine begeisternde Vorstellung. Olympiasieger Russland (+8,4) musste sich auf der WM-Strecke von 2012 als Dritter geschlagen geben.
"Schießen war der Grundstein"
Für die DSV-Skijäger war es die erste gemeinsame Platzierung auf dem Treppchen seit Sotschi. Bei den Olympischen Spielen hatte die deutsche Staffel Silber gewonnen. Bei den Weltcups in Hochfilzen (5.) und Oberhof (4.) enttäuschte sie dagegen. In der Chiemgau Arena von Ruhpolding gelang nun vor 12.000 enthusiastischen Fans der Befreiungsschlag. Das weckte auch mit Blick auf die WM im finnischen Kontiolahti (5. bis 15. März) Hoffnungen auf eine Medaille.
"Heute kann man keinen herausheben", sagte Bundestrainer Mark Kirchner in der "ARD": "Das Schießen war der Grundstein. Bei diesen guten Bedingungen durfte man sich nicht viel leisten." Alle vier seiner Schützlinge brauchten jeweils nur einen Nachlader, stärker war keine andere Mannschaft am Schießstand.
Der zweite Platz der Männer im Staffel-Rennen im RE-LIVE
Startläufer Lesser ließ im Stehendanschlag eine Scheibe übrig und übergab mit 3,7 Sekunden Rückstand als Fünfter auf Birnbacher. Lesser, Olympiazweiter im Einzel, schmiss sich nach seinem Rennen über 7,5 km ausgepumpt in den Schnee. "Ich war völlig am Ende", bekannte er: "Die letzte Runde war daher zeitlich auch nicht das Riesending."
Svendsen eine Klasse für sich
Doch immerhin hielt er den Abstand zur Spitzengruppe minimal, und Birnbacher, der erstmals in diesem Winter zum deutschen Quartett gehörte, pirschte sich weiter heran. Der sechsmalige Weltcupsieger verfehlte zwar liegend eine Scheibe, wechselte jedoch als Dritter auf Peiffer, der seine bislang beste Leistung in dieser Saison zeigte.
Mit ebenfalls nur einem Schießfehler schickte Peiffer nach einer herausragenden zweiten Runde als Führender Schlussläufer Schempp auf die Strecke. Dessen Kontrahent: Emil Hegle Svendsen, elfmaliger Weltmeister und in der Loipe eine Klasse für sich. Doch Schempp, derzeit als Fünfter bester Deutscher im Weltcup, hielt mit, der Uhinger ging mit 7,4 Sekunden Vorsprung auf Svendsen in die letzte Runde - doch das sollte nicht reichen. "Mit dem zweiten Platz können wir trotzdem sehr zufrieden sein", sagte Schempp.
Am Freitag (15.00 Uhr/ARD) steht in den Chiemgauer Alpen der Sprint der Frauen auf dem Programm. Nach Platz drei mit der Staffel geht es für Franziska Hildebrand und Co. um das erste Einzelpodest des WM-Winters. Am Samstag steht der Sprint der Männer an, am Sonntag zum Abschluss die beiden Massenstartrennen.