Jene Superkräfte, die Rydzek in Falun zum grandiosen Einzelsieg in einem furiosen Finish gegen den Italiener Alessandro Pittin trieben, sind auch am Sonntag wieder gefragt. Im Teamwettbewerb (10.00/16.00 im LIVE-TICKER) soll endlich die nun schon 27 Jahre dauernde Titelflaute enden - und die Kampfansage geht ganz klar in Richtung des Erzrivalen Norwegen
"Wir haben jetzt einen Weltmeister im Rücken. Aber wir wollen noch mehr", sagt Bundestrainer Hermann Weinbuch: "Vielleicht bekommen wir durch Ritschis Gold Lockerkeit und Angriffslust, um den Titel zu holen." Olympiasieger Eric Frenzel, am Freitag nur Vierter, sagt ungewohnt deutlich: "Unser Anspruch für Sonntag ist klar: Wir wollen ganz oben stehen."
"Vielleicht bekommt er eine Bratwurst"
Und weil Rydzeks Triumph eben noch lange nicht der letzte Coup in Falun gewesen sein soll, fiel die Siegesfeier entsprechend spartanisch aus. "Wir werden nicht viel feiern, vielleicht bekommt er eine Thüringer Bratwurst. Schließlich haben wir noch viel vor", hatte Weinbuch unmittelbar nach Rennende angekündigt.
Der 54 Jahre alte Meistermacher brennt selbst auf den Team-Erfolg, schließlich ist es die letzte klaffende Lücke in seiner grandiosen Trainer-Laufbahn. Marko Baacke, Ronny Ackermann, Frenzel und nun auch Rydzek hat er zu Weltmeistern, Georg Hettich und Frenzel zu Olympiasiegern gemacht. Seit seinem Amtsantritt 1996 holten Weinbuchs Jungs 33 WM- und Olympia-Medaillen. Nur das verfluchte Team-Gold fehlt.
Beim letzten WM-Titel mit der Mannschaft 1987 in Oberstdorf war Weinbuch selbst noch als Athlet dabei, ein Jahr später gab es bei Olympia in Calgary das letzte Gold. Seit 2002 wurden die DSV-Vierer bei Großereignissen neunmal Zweiter. Österreich, Finnland, Japan, Frankreich und vor allem Norwegen - immer war ein Team einen Tick besser.
Karten werden neu gemischt
"Die Chance ist da, wir sind stark. Aber es ist ein anderes Rennen, die Karten werden neu gemischt", sagt Weinbuch. Wohlwissend, dass Norwegens Olympiasieger nach der Pleite im Einzel - Haavard Klemetsen war als Fünfter noch der Beste - mit dem Messer zwischen den Zähnen auf die Schanze und in die Loipe gehen werden.
Rydzek indes hat die Möglichkeit, als erster Deutscher seit Weinbuch 1985 in Seefeld Einzel- und Team-Gold bei einer einzigen WM zu holen. "Wir können am Sonntag mit breiter Brust rangehen", sagt der Allgäuer. Die seinige wird dann wieder der glücksbringende Superman-Dress zieren.
Dass jenes ominöse Textil - vom Ausrüster eigentlich für Norwegens Skisprung-Weltmeister Anders Bardal fabriziert - durchaus übersinnliche Kräfte haben könnte, liegt nahe.
"Bei Olympia in Sotschi habe ich es nicht getragen", sagt Rydzek: "Ich wusste nicht, ob ich das durfte." Prompt wurde er damals im Zielsprint des Einzelwettkampfes vom Teamkollegen Fabian Rießle umgemäht.