Freund-Disqualifikation in Titisee

SID
Severin Freund wurde beim zweiten Springen in Titisee-Neustadt disqualifiziert
© getty

Erst gefeierter Held, dann geprügelter Hund: Eine fast schon peinliche Waagen-Panne hat Skispringer Severin Freund bei seinem Heimweltcup in Titisee-Neustadt einen möglichen Doppelsieg gekostet. Einen Tag nach seinem vierten Saisonerfolg wurde der 26-Jährige in Führung liegend disqualifiziert. "Das ist richtig bitter", sagte der Skiflug-Weltmeister.

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Stein des Anstoßes waren die im Verhältnis zu seinem Körpergewicht zu langen Ski. "Ich war 100 Gramm zu leicht. Ich weiß normalerweise, wie viel ich wiege. Aber die FIS-Waage ist wohl etwas genauer als unsere eigene. Das war meine Schuld", sagte Freund bitter enttäuscht und fügte an: "Das nächste mal werde ich einfach ein bisschen mehr Reserve einplanen."

Freund war im ersten Durchgang auf starke 137,0 Meter geflogen und lag klar auf Siegkurs, ehe die FIS den überragenden Flieger der vergangenen Wochen stoppte.

"Diese Leistung nimmt ihm keiner, dennoch ist das bitter", sagte Bundestrainer Werner Schuster. "Unsere Waage im Container ist geeicht, aber die Sportler gehen hier ans Limit", sagte Schuster. Auf der eigenen Waage hatte Freund noch 200 Gramm über dem Limit gelegen.

Fannemel siegt überlegen

Der Sieg ging somit an den Norweger Anders Fannemel, der auf 135,5 und 143,5 Meter segelte und mit 285,2 Punkten vor dem polnischen Doppel-Olympiasieger Kamil Stoch (274,8) gewann.

Dritter wurde der Tscheche Roman Koudelka (273,3). Bester Deutscher war etwas überraschend Richard Freitag (Aue), der als Achter aufsteigende Form bewies. Noch am Samstag hatte der Sachse den zweiten Durchgang verpasst.

Freund verspielte mit seinem Fauxpas nicht nur den vierten Sieg in Folge, sondern auch wichtige Punkte im Kampf um den Gesamtweltcup. Mit 1013 Punkten liegt er weiter auf dem vierten Platz, die Führung hat Vierschanzentournee-Gewinner Stefan Kraft (Österreich) mit 1208 Zählern inne.

Hofer: "Ein Deja-vu"

"Für mich ist das ein Deja-vu, wir haben hier schon einmal Sven Hannawald als Führenden disqualifiziert", sagte FIS-Renndirektor Walter Hofer und verteidigte den Schritt: "Bei uns zählt kein Name, wir müssen auch die 49 anderen Athleten schützen. Alle werden gleich behandelt."

Noch am Samstag hatten 5500 Zuschauer an der Hochfirstschanze eine große Freund-Show erlebt. Nach Traumflügen auf 138,5 und 140 m lag der Niederbayer mit 299,4 Punkten 11,4 Zähler vor Kraft. Der Slowene Peter Prevc, nach Durchgang eins noch auf Tuchfühlung, fiel auf Platz drei (285,8) zurück.

"Ein wahnsinnig schöner Tag, ein wahnsinnig schöner Sieg - und das auf einer Schanze, auf der ich immer Probleme hatte", sagte Freund, der als erster Deutscher seit Sven Hannawald im Dezember 2001 im Hochschwarzwald triumphierte.

Kraus fällt weit zurück

Während Freund das Bad in der Menge genoss, schob Teamkollege Freitag Frust. Der zweimalige Saisonsieger hatte seinem Ruf als Mister Unbeständig am Samstag einmal mehr alle Ehre gemacht und verpasste als indiskutabler 36. sogar den zweiten Durchgang.

24 Stunden später zeigte die Kurve wieder nach oben. "Ich war beim Sprung ein bisschen zu früh, aber so kann ich weitermachen", sagte der Sachse. Ein Wechselbad der Gefühle erlebte auch Marinus Kraus, der am Sonntag vom sechsten auf den 22. Rang zurückfiel.

WM-Team am Mittwoch bekannt

Wenn Bundestrainer Schuster am Mittwoch sein WM-Team bekannt gibt, wird Freitag freilich ebenso wie Freund und Eisenbichler dazugehören - das Trio hat die Norm (zweimal Platz sechs) in der Tasche.

Hinzu kommen wohl Kraus, Routinier Michael Neumayer und vermutlich - vorbehaltlich einer letzten Leistungsüberprüfung - der im November schwer gestürzte Youngster Andreas Wellinger.

Bis auf Freitag, der wie geplant aussetzt, und Wellinger wird der Rest des Teams plus Leyhe am Donnerstag zu zwei Weltcup-Fliegen an den Monsterbakken im norwegischen Vikersund reisen - spätestens danach beginnt die ganz heiße WM-Phase.

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