Bei Neureuthers Dauerrivalen Marcel Hirscher stellt sich die Lage vor dem Riesenslalom am Sonntag (ab 9.30 Uhr im LIVETICKER) etwas anders dar. Nach dem Saison-Aus für die schwer verletzte Olympiasiegerin Anna Fenninger am Mittwoch steht die Ski-Nation Österreich unter Schock - und Hirscher unter noch größerem Druck. "Wer soll jetzt die Siege einfahren?", fragt das Blatt Österreich verzweifelt, Die Presse bangt: "Wer gewinnt die Rennen?" Die Antwort ist klar: "Unser Marcel!"
Nach den Rücktritten der hoch dekorierten Benjamin Raich und Mario Matt sowie Marlies Schild, Nicole Hosp, Andrea Fischbacher und Kathrin Zettel sah die Alpenrepublik dem Winter ohnehin mit Sorgen entgegen. Dass auch noch Fenninger wegen ihrer schweren Knieverletzung neun Monate pausieren muss, trifft Österreich bis ins Mark.
Alpenrepublik mit Sorgen
Auf das Konto des jetzt schmerzlich vermissten Septetts gehen 126 Weltcup-Siege und 46 Einzelmedaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften. Das ist in etwa so, als wären nach dem WM-Triumph der deutschen Fußballer nicht nur Kapitän Philipp Lahm, Per Mertesacker und Miroslav Klose sondern auch Manuel Neuer, Bastian Schweinsteiger und Thomas Müller zurückgetreten.
Die Kleine Zeitung erschien am Donnerstag mit einer tiefschwarzen Titelseite und der Zeile: "Die ganze Ski-Nation leidet mit Anna". Die Krone berichtete betroffen: "Alle sind geschockt". Und in Österreich hieß es noch: "Die Hiobsbotschaft trifft alle Sport-Fans wie ein Keulenschlag!" Hirscher soll sie wieder aufrichten - am besten mit der Wiederholung seines Vorjahressieges am Rettenbachferner.
Hirscher will "keine Panik" verbreiten
Doch die Vorbereitung lief alles andere als rund für den 26-Jährigen. Hirscher berichtete am Montag von "Zweifeln" wegen fehlender Ski-Tage, wollte aber (noch) "keine Panik" verbreiten. Er sei "fit und bis in die Haarspitzen motiviert", schrieb er in seinem Blog, und schickte einen Gruß an Kumpel Neureuther hinterher. Weil dieser sich zuletzt gewünscht hat, Hirscher möge "zum Schach wechseln", müsse er den Deutschen "leider enttäuschen. Ich werde auch in diesem Jahr mein Bestmögliches geben und ihm und den anderen Jungs die Stirn bieten."
Neureuther weiß um den unbändigen Ehrgeiz des Kraftpakets aus Annaberg, doch auch er selbst hat in der "Übergangssaison" ohne Großereignis einiges vor. Der Rücken mag zwicken, doch "im Kopf", betonte der Partenkirchner (31) sei er "befreit". Aus seinem Umfeld heißt es, Neureuther führe "ein glückliches Leben" und wirke "total aufgeräumt".
Der WM-Dritte im Slalom weiß um sein skifahrerisches Können, auch wenn er erst seit dem 8. September wieder auf Schnee trainiert. Der Rücken hält soweit. Auch am Sonntag? Ob er wirklich startet, kann Neureuther nur kurzfristig entscheiden. Hirscher jedenfalls hat ihn auf der Rechnung. "Felix ist ein Genie, der hat einfach eine Gabe", sagte er.