Gössner ahnt schon, dass ihr in Oslo das bittere Schicksal der WM-Touristin droht. "Ich hoffe natürlich auf einen Start, aber man kann das jetzt noch nicht sagen", meinte die zweimalige Staffel-Weltmeisterin im SID-Interview.
Mit der Nominierung für das Saison-Highlight hat sich die 25-Jährige zwar einen großen Traum erfüllt, doch die einstige Hoffnungsträgerin ist bei den Biathletinnen derzeit nur noch die Nummer sechs.
Es sei "schwierig zu sagen, wann die WM eine gute für mich gewesen wäre. Auf jeden Fall, wenn ich überhaupt starten darf", sagte Gössner. Im Vorjahr verpasste die Garmischerin die WM-Qualifikation noch klar, nachdem sie 2014 wegen den Folgen einer schweren Rückenverletzung auf Olympia in Sotschi verzichten musste. Insofern ist es bereits ein Erfolg, dass sie es nach zwei schwierigen Jahren zurück zur WM geschafft hat.
Akribische Arbeit am Comeback
Nach mehreren Wirbelbrüchen bei einem Mountainbike-Unfall im Frühjahr 2013 schrammte die dreimalige Weltcupsiegerin nur knapp an einer Querschnittslähmung vorbei und arbeitete trotz vieler Rückschläge akribisch an ihrem Comeback.
"Ich kann wunderbar mein Leben leben. Dass es keine 100 Prozent mehr werden, ist jedem klar", sagt Gössner: "Aber ich werde mich nicht beschweren, weil ich dankbar bin, dass ich mein Leben überhaupt noch so leben darf."
Die ehrgeizige Blondine ist gelassener geworden, verzichtet am Holmenkollen freiwillig auf Starts in den Mannschaftswettbewerben. Deswegen wird sie weder zum WM-Auftakt in der Mixedstaffel am Donnerstag (15.30 Uhr im LIVETICKER) noch in der Frauenstaffel dabei sein. Grund für ihre Entscheidung ist die anhaltende Schwäche am Schießstand, sie will ihren Kollegen im Kampf um die Medaillen nicht die Tour vermasseln.
"Da muss ich konsequent weiterarbeiten"
Doch in den Einzelwettbewerben würde Gössner im Heimatland ihrer Mutter gerne dabei sein. Vor allem am Samstag im Sprint, ihrer Paradedisziplin. Nach fast drei Jahren schaffte sie es über 7,5 km im Dezember in Hochfilzen als Dritte wieder auf das Podest.
Sie schien endlich wieder in der Weltspitze angekommen zu sein, doch die Leistungen schwankten weiter. Während sie läuferisch teilweise wie in alten Zeiten dominiert, bleibt das Schießen die Wackeldisziplin.
"Es waren diese Saison ein paar sehr gute Schießserien dabei, aber auch ein paar, die katastrophal waren", sagt die Freundin von Alpin-Star Felix Neureuther: "Da muss ich konsequent weiterarbeiten, damit ich mich nicht aus der Bahn werfen lasse." Zuletzt nahm sie Korrekturen an ihren Waffe vor, das soll langfristig helfen.
Gössner erwartet gute Stimmung
Ob sie ihr Können schon am Samstag zeigen kann, gilt als eher unwahrscheinlich. Nur vier deutsche Skijägerinnen dürfen antreten, außerdem hängt an dem Rennen die Qualifikation für die Verfolgung. Als 19. im Gesamtweltcup hat Gössner ihr Ticket für den WM-Massenstart verpasst, im schweren Einzel mit vier Schießeinlagen gehört sie zu den schwächeren Athletinnen. Sollten alle Teamkolleginnen fit bleiben, könnte es bis zum 13. März gar keinen Einsatz geben.
"Wir sind ja sechs Mädels, und jede hätte sich einen Einsatz verdient. Aber nur vier können jeweils starten", sagt Gössner. Im Normalfall sollten Laura Dahlmeier und Franziska Hildebrand gesetzt sein, um die verbleibenden Plätze streitet sich Gössner mit Massenstart-Vizeweltweisterin Franziska Preuß, Maren Hammerschmidt und Vanessa Hinz.
Trotz dieser schwierigen Ausgangslage freut sich Gössner auf die Tage in Oslo: "Ich erwarte tolle Stimmung und hoffe, dass wir eine sehr, sehr schöne Zeit erleben werden."