Zunächst war Franz Streubel einfach sprachlos, dann fand der deutsche Eiskunstlauf-Meister eine skurrile Erklärung für sein WM-Desaster von Boston. "In den dreifachen Axel bin ich reingegangen wie ein wilder Mexikaner", kommentierte der Oberstdorfer seinen Sturz beim Königssprung, bezeichnenderweise begleitet von der legendären Samba pa ti der in Mexiko geborenen Gitarrenlegende Carlos Santana.
Und nachdem der gebürtige Berliner bei seiner Kurzkür auch beim vierfachen Toe-Loop auf dem Hosenboden gelandet war, braucht er seine Schlittschuhe für die Medaillenentscheidung in der Nacht zum Samstag gar nicht mehr zu schnüren: Nur Rang 28 unter 30 Startern - ausgeschieden.
"Vielleicht wollte ich zu viel"
Es ehrte den 24-Jährigen, dass er sein verkorkstes Programm nicht auf die Leistenbeschwerden schob, die ihn bei den Vorbereitungen auf die Welttitelkämpfe behindert hatten. "Ich habe keine Schmerzen gefühlt, vielleicht wollte ich zu viel", erklärte der Blondschopf, der schon bei der EM im Januar in Bratislava als 14. die Erwartungen der Deutschen Eislauf-Union nicht erfüllen konnte.
Vor zwei Jahren in Sotschi hatte der Berliner Peter Liebers in der olympischen Herren-Konkurrenz noch auf den achten Platz belegt. Dass der Routinier diese Saison wegen einer Hüftoperation vorzeitig beenden musste, riss eine Lücke, die Streubel und abseits der WM auch Vize-Meister und EM-Starter Paul Fentz nicht einmal ansatzweise schließen konnten.
Da musste es für Streubel wie Hohn klingen, dass der überragende Japaner Yuzuru Hanyu, der mit 110,56 Punkten fast doppelt so viele Zähler wie der Schützling von Trainerin Anett Pötzsch (57,19) sammelte, mit seinem gefeierten Kurzprogramm nicht einmal vollständig zufrieden war: "Ich war ein bisschen nervös, vielleicht war es deshalb nicht komplett."
Hanyu enteilt der Konkurrenz
Dabei hat der Olympiasieger von Sotschi das WM-Gold schon fast in der Tasche, denn selbst Topläufer wie Titelverteidiger Javier Fernandez aus Spanien (98,52) oder der kanadische Ex-Weltmeister Patrick Chan (94,84) können das oberste Siegertreppchen nur noch mit dem Fernglas erkennen. Zu dominant ist Hanyu, der das Publikum in der Ostküstenmetropole mit seinen hingetupften Vierfachsprüngen begeisterte.
Vor Streubels Desaster hatten die Oberstdorfer Eistänzer Kavita Lorenz und Panagiotis Polizoakis ein ähnlich schnelles WM-Aus gerade noch vermieden. Die WM-Debütanten, die erst seit einem Jahr gemeinsam trainieren, retteten sich mit Rang 18 im Kurztanz und 54,80 Punkten knapp in die Medaillenentscheidung in der Nacht zum Freitag.
"Das fühlt sich großartig an. Aber in erster Linie waren wir hier, um Erfahrungen zu sammeln und uns zu präsentieren", sagte Lorenz. Der Weg an die Weltspitze ist allerdings noch sehr weit: Die französischen Europameister Gabriella Papadakis und Guillaume Cizeron sammelten 76,29 Zähler, den Titelverteidigern am nächsten kamen die beiden US-Paare Maia und Alex Shibutani (74,70) sowie Madison Chock und Evan Bates (72,46).