Wenn Viktoria Rebensburg nichts mehr zu verlieren hat, gelingen ihr oft die wundersamsten Dinge. So geschehen diesmal am Zauberberg im österreichischen Semmering. Den ersten Lauf hatte sie verbockt, doch mit der besten Fahrt im Finale machte die Olympiasiegerin von 2010 zum wiederholten Mal in ihrer Karriere das schier Unmögliche noch möglich: Von Rang zehn fuhr sie noch vor auf Rang zwei. Nur Petra Vlhova aus der Slowakei blieb uneinholbar.
"Im zweiten Lauf hatte ich nichts mehr zu verlieren, ich konnte nur angreifen. Ich bin froh, dass ich es noch rumbiegen konnte", sagte Rebensburg zu ihrer grandiosen Fahrt. Umgebogen hat sie ein Rennen nach einem reichlich missratenen ersten Lauf schon häufiger, am eindrucksvollsten bei der WM 2015, als sie von Rang elf aus noch zu Silber fuhr. Am Zauberberg war ihr am Ende nur Petra Vlhova gewachsen, die mit einem Vorsprung von 0,45 Sekunden ins Ziel kam.
"Das war ein grandioser zweiter Lauf, absolut tipptopp", sagte DSV-Alpinchef Wolfgang Maier zur Aufholjagd von Rebensburg, bei der zunächst, wie er mit einem Schmunzeln anmerkte, "schon ein leichter Gesichtsverlust" zu sehen gewesen sei. Der zweite Durchgang spreche allerdings wieder einmal "für das Niveau, das sie fahren kann". Für Rebensburg war es nach Lake Louise (3. im Super-G) und Courchevel (2. im Riesenslalom) die dritte Podestplatzierung im WM-Winter.
Rebensburg hätte ohne Patzer auch gewinnen können
In ihrem letzten Rennen dieses Jahres verschenkte Rebensburg freilich den Sieg - durch einen miserablen ersten Lauf. Nach bester Zwischenzeit wurde sie an einer Welle ausgehoben, "das war der Worst Case", sagte sie mit versteinerter Miene. Dabei habe sie "genau gewusst, was ich zu tun habe". Es half nichts: Rebensburg wurde beinahe abgeworfen, passierte das Tor nur mit Mühe und blickte drunten im Ziel erst mal ziemlich bedröppelt drein. Drei Stunden später sah es dann ganz anders aus.
Im Gegensatz zum Riesenslalom eine Woche zuvor im französischen Courchevel, als sie vom ersten auf den zweiten Platz hinter Mikaela Shiffrin (USA) zurückfiel, konnte sich Rebensburg diesmal auch gleich freuen. Mit einem zufriedenen Lächeln war sie erste Gratulatin von Siegerin Petra Vlhova, die nach vier Slaloms nun erstmals einen Riesenslalom im Weltcup gewann - zugleich den ersten überhaupt für die Slowakei. "Es ist ein sehr spezieller Moment", sagte sie.
Einen sehr speziellen Moment verpasste dagegen Mikaela Shiffrin. Als Führende nach dem ersten Lauf hätte sie als erste Skirennläuferin 15 Weltcup-Rennen innerhalb eines Kalenderjahres gewinnen können, doch eine Chance auf diese historische Leistung hat sie noch: Am Samstag findet am Zauberberg noch ein Slalom statt. Viktoria Rebensburg wird dann schon Urlaub haben.