Als Markus Eisenbichler auch die zweite Goldmedaille der WM erobert hatte, gab der Schanzenkönig vom Bergisel endlich den Feierbefehl. "Heute Abend wird die Lederbuchse angezogen", sagte der für seinen Schuhplattler bekannte Urbayer nach den vielleicht besten 24 Stunden der deutschen Skisprung-Geschichte und forderte seine Teamkollegen zu einer Runde Weißbier auf. Grund für eine zünftige Party hatte Eisenbichler schließlich genug.
Nur einen Tag nach seinem grandiosen Einzel-Triumph vor Karl Geiger führte Eisenbichler die deutschen Adler in Innsbruck auch zu Team-Gold, dem ersten bei einer WM seit 2001. "Auf diesen Titel musste ich so viele Jahre warten", sagte der zum Saisonende scheidende Bundestrainer Werner Schuster und entließ sein Team in den freien Abend. Wohl wissend, dass niemand über die Stränge schlagen wird. "Wenn die zwei Bier trinken, fallen die eh um", meinte Schuster. Geiger entgegnete gut gelaunt: "Da hat er nicht ganz unrecht. Aber drei schaffen wir."
Zu Feiern gab es reichlich. Angeführt von Eisenbichler und Geiger, die am Samstag sensationell für den ersten deutschen WM-Doppelsieg seit 1999 gesorgt hatten, erteilten die "Fantastischen Vier" der Konkurrenz auch als Mannschaft eine wahre Lehrstunde. Eisenbichler, der erneut überragende Geiger, Richard Freitag und Stephan Leyhe siegten am Bergisel in Innsbruck nach acht Sprüngen mit 987,5 Punkten haushoch überlegen vor Gastgeber Österreich (930,9) und Japan (920,2).
Bundestrainer Schuster: "Das war eine Flugshow"
"Das war eine Flugshow vom ersten Sprung weg. Ich bin sehr dankbar, dass ich dabei war. Dieser Titel bedeutet mir total viel. Das ist das, was wir nie erreicht haben - ein kleines Märchen", sagte Schuster, der nach der Saison sein Amt nach elf Jahren niederlegt. Die ersten goldenen Abschiedsgeschenke gab es nun ausgerechnet in Innsbruck, wo der Österreicher einst studierte.
Das Teamspringen geriet von Beginn zu einer einseitigen Angelegenheit. Geiger brachte Deutschland mit einem Traumsprung auf 129,0 m sofort klar in Führung, die bis zu Eisenbichlers letztem Flug hielt. "Beim letzten Sprung war ich nervös, musste ihn sauber runterbringen. Ich freue mich für das ganze Team. Das ist brutal guad", sagte Eisenbichler. Auch Andreas Wellinger, der seinen Platz kurzfristig an Leyhe abgeben musste, jubelte mit.
Nach dem Traumstart sorgten Freitag (121,0 m), Leyhe (126,0) und Geiger (128,0) schon zur Pause für eine beruhigende Führung. "Das waren zwei herausragende Sprünge von Markus und Karl", sagte Schuster. Im zweiten Durchgang bauten der überragende Geiger (130,0), Freitag (120,0) und Leyhe (128,5) den Vorsprung aus, Eisenbichler (128,5) brachte Gold mit dem letzten Bergisel-Sprung der WM nach Hause.
Eisenbichler tritt in Fußstapfen von Martin Schmitt
Der alles überragende Eisenbichler trat somit in die Fußstapfen von Martin Schmitt, der ebenfalls 2001 als bislang letzter DSV-Adler Weltmeister sowohl im Einzel als auch mit dem Team geworden war. Gleichzeitig endete eine lange Durststrecke: Bei den vergangenen elf WM-Teamspringen inklusive Normalschanze hatte Deutschland immer den Titel verpasst, siebenmal sogar das Podest.
Für Eisenbichler war der Teamtitel zudem die Krönung eines grandiosen Wochenendes: Als siebter Skispringer aus einer deutschen Mannschaft holte er am Samstag Einzelgold. Ohne einen einzigen Weltcupsieg war er nach Tirol gereist, nun stand er ausgerechnet am bei den Deutschen zuletzt so ungeliebten Bergisel ganz oben auf dem Podest. "Wie soll man das verdauen, wenn man noch nie gewonnen hat und auf einmal WM-Gold hat?", sagte "Eisei" verdutzt. Zuletzt hatte Severin Freund 2015 in Falun ebenfalls von der Großschanze triumphiert, ein Doppelsieg war letztmals Schmitt und Sven Hannawald 1999 in Ramsau gelungen.
Das "Märchen des fliegenden Doppelzimmers" ist derweil noch nicht beendet: Am Freitag geht es auf der Normalschanze in Seefeld erneut um Gold, einen Tag später folgt das Mixed. "Die kleine Schanze ist tückisch, das wird sehr spannend", sagte Schuster: "Aber wir haben zwei Sportler, die auch da sehr stark sein werden. Das kann eine historische WM für den Deutschen Skiverband werden."