Hallo zusammen,
es freut mich, dass ihr den Weg in meine neue Kolumne gefunden habt. An dieser Stelle werde ich zukünftig regelmäßig über Land und Loipe berichten. Und für den Fall, dass der eine oder andere eingefleischte Fußball-Fan aus Versehen hier reingeklickt hat - nicht gleich wieder flüchten.
Ich verspreche auch hoch und heilig, dass ich euch nicht mit Fachbegriffen und Ergebnislisten überschwemmen werde. Im Gegenteil: Ich will euch auch an den Ereignissen fernab der Strecke teilhaben lassen.
Nur einen Monat Pause
Am Wochenende startet unsere Saison im schwedischen Gällivare. So langsam wurde das auch Zeit. Schließlich hatte ich meine letzten Wettkämpfe im März dieses Jahres. Und nicht wenige fragen mich immer wieder leicht verwundert: Was machst du eigentlich in dem halben Jahr dazwischen?
Am liebsten würde ich dann antworten: die Welt bereisen, die schönsten Strände dieser Erde erkunden und in der Hängematte relaxen. Aber leider stimmt das nicht.
Die Wahrheit ist: Ich habe im April einen Monat Pause gemacht - und danach wieder mit der Vorbereitung losgelegt. Konditionstraining, Kraftübungen, Rollerski fahren, Leistungstests, Gletschertraining, etc. Das ganze Programm eben.
Wochen in ständiger Dunkelheit
Und die vergangenen Wochen habe ich quasi in ständiger Dunkelheit verbracht. Ich war mit dem gesamten Team in Muonio, um den letzten Schliff zu bekommen. Das ist jetzt wahrscheinlich die richtige Stelle für einen kleinen Ausflug in die Geografie. Denn ich könnte mir vorstellen, dass nicht alle wissen, was und wo Muonio eigentlich ist.
Kurz lässt sich sagen: Muonio ist nicht dort, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Weil sie schon längst schlafen. Die Gemeinde hat knapp 2400 Einwohner, ist im finnischen Teil Lapplands und liegt gerade einmal 200 Kilometer nördlich vom Polarkreis. Es ist wirklich schön dort, sehr idyllisch. Und ideal für Menschen, die es gerne ruhig haben - oder sich auf eine Langlaufsaison vorbereiten.
Langweilig wurde es uns aber auch in der Freizeit nicht. Dafür sorgten die moderne Technik (Internet) und ein eher traditionelles Hobby. Wir haben hier nämlich eine Art Strickzirkel des DSV gegründet. Soll heißen: Wir sitzen abends in gemütlicher Runde in unserer Hütte zusammen und stricken gemeinsam. Mein aktuelles Projekt: Filzpantoffeln.
Endlich schmerzfrei
Es gibt Sportler, die haben mit der langen Vorbereitung und den ständigen Trainingslagern Probleme. Bei mir ist das anders. Erstens kann ich sowieso nicht richtig still sitzen und muss mich bewegen. Und zweitens weiß ich ja, wofür ich es mache: Ich bin noch immer sehr ehrgeizig, ich will etwas erreichen. Kurzum: Mir macht das alles einen Riesenspaß. Wieder.
Denn in den letzten Jahren war das nicht immer so. Ein Fersensporn am linken Fuß hat mir richtig Probleme bereitet. Teilweise konnte ich nur unregelmäßig und unter Schmerzen trainieren. Wenn das zum Alltag wird, bleibt der Spaß doch ziemlich auf der Strecke, dann werden die täglichen Übungen zuweilen zur Qual. Umso motivierter bin ich, seit ich operiert und vor allem schmerzfrei bin.
Ich bin jetzt mal selbst gespannt, wie es sich auf meine Leistung auswirkt, dass ich mal das komplette Sommerprogramm richtig durchziehen konnte. Außerdem habe ich meinen Ausrüster gewechselt und bin von der Zusammenarbeit regelrecht begeistert. Das komplette Team versucht wirklich alles, mir optimale Bedingungen zu bieten.
Das große Highlight: WM in Oslo
Die werde ich in den kommenden Monaten auch benötigen. Denn für uns nordische Skisportler ist das eine ganz besondere Saison. Schließlich findet Ende Februar die Weltmeisterschaft in Oslo statt. Das ist für uns ungefähr so wie für die Fußballer eine WM in Brasilien. Oder L'Alpe d'Huez für Radfahrer.
Und wie dort ist die Stimmung nur schwer zu beschreiben. Man muss es erlebt haben. Die Norweger drehen vor und bei den Rennen komplett durch - auf eine sehr sympathische Art und Weise. Sie kommen schon ein zwei Tage vorher an die Strecke, übernachten in ihren Wohnmobilen und bauen Eisbars. Hört sich nicht nur lustig an. Ist auch lustig. Wenn ich nicht Rennen laufen müsste, würde ich mich glatt dazu stellen.
So werde ich versuchen, die Fans mit meiner Leistung zu begeistern. Mein Ziel ist es natürlich, eine Medaille zu gewinnen. Das wäre super. Aber die Konkurrenz ist bei uns so groß, dass dafür alles stimmen muss.
Aber jetzt steht erst einmal der Weltcupstart auf dem Programm. Das wird für mich eine spannende Angelegenheit. Denn traditionell habe ich gerade zum Anfang einer Saison ziemliche Startschwierigkeiten. Es wäre schön, wenn sich das in diesem Winter mal ändern würde.
Bis bald.
Eure Evi
Evi Sachenbacher-Stehle, geboren am 27. November 1980 in Traunstein, gewann 2002 bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City Gold in der Staffel und Silber im Sprint. Bei den Winterspielen 2006 in Turin folgte eine Silbermedaille in der Staffel. In Vancouver 2010 gewann Sachenbacher-Stehle Gold im Team-Sprint und Silber in der Staffel. Neben ihren Olympia-Erfolgen stehen für Sachenbacher-Stehle 6 WM-Medaillen (1x Gold, 4x Silber, 1x Bronze) und drei Weltcup-Siege zu Buche. Mehr Infos zur SPOX-Kolumnistin gibt's auf ihrer Facebook-Seite unter www.facebook.com/evi.sachenbacher.
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