"Erkannt! Im Supermarkt in Hannover!"

SID
Evi Sachenbacher-Stehle bereitet sich gezielt auf die WM in Oslo vor
© Getty

Evi Sachenbacher-Stehle gehört mit insgesamt fünf Medaillen bei Olympischen Winterspielen, darunter zweimal Gold, zu den erfolgreichsten deutschen Langläuferinnen der Gegenwart. Ab sofort berichtet die 30-Jährige in ihrer SPOX-Kolumne "Land und Loipe" regelmäßig von ihren Erlebnissen. Dieses Mal die Themen: Der Start der Tour de Ski, ein Supermarkt in Hannover - und eine "spektakuläre" Silvester-Party...

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Hallo zusammen,

ich hoffe, ihr habt alle ein schönes Weihnachtsfest und erholsame Feiertage verbracht. Ich habe Heiligabend wie immer zusammen mit meiner Familie gefeiert. Abends. Tagsüber habe ich gemacht, was ich um diese Jahreszeit immer mache: Ich habe trainiert. Schließlich steht an Silvester traditionell einer der Höhepunkte für uns Langläufer an: In Oberhof fällt der Startschuss für die Tour de Ski.

Das hat natürlich größere Auswirkungen auf meine Tagesgestaltung rund um Weihnachten. Dafür ernte ich von Bekannten gerne immer mal wieder mitleidige Blicke. Aber ganz ehrlich: Eigentlich stört mich die Wettkampfvorbereitung nicht. Im Gegenteil. Erstens bin ich ja sowieso ein kleiner Bewegungs-Junkie, deshalb macht mir Training eigentlich immer Spaß.

Die neue Homepage von Evi Sachenbacher-Stehle

Und zweitens empfinde ich es als Vergnügen, auch mal wieder auf den Strecken zu Hause laufen zu können. Dazu komme ich sonst während der Saison ja kaum, was ich schon schade finde. Kurzum: Ich würde mir die Skier auch anschnallen, wenn ich meine Karriere schon beendet hätte. Weil's einfach enorm Spaß macht.

Keine Chance auf Party

Was ich wohl allerdings etwas anders gestalten würde, wäre die Silvesternacht. Da laufe ich seit Jahren nicht zwingend Gefahr, mir einen Ruf als Party-Löwin einzuhandeln.

Denn sowohl am 31. Dezember als auch am 1. Januar finden Rennen statt. Konkret sah das an Silvester in den letzten Jahren dann so aus: Meine Zimmernachbarin und ich lagen im Bett, warteten auf Mitternacht, wünschten uns ein gutes Neues Jahr - und schalteten das Licht aus. Ich sag mal: ein spektakulärer Jahreswechsel sieht anders aus.

Aber das ist völlig okay so. Wir stecken mitten in den Wettkämpfen, da hat man den Kopf sowieso nicht ganz so frei, da ist man voll auf die Rennen fokussiert. Und gerade die Tour de Ski verzeiht dir keine Schwächephase.

Sie ist eine extreme Belastung für Körper und Geist. Acht Rennen in zehn Tagen. Und ein schlechtes Ergebnis reicht schon, dich komplett ins Hintertreffen geraten zu lassen. Da hat man nur eine Chance, wenn man wirklich topfit ist.

Keine allzu hohen Erwartungen

Womit wir gerade in WM-Jahren wie 2011 bei einem kleinen Problem wären. Ende Februar finden die Titelkämpfe in Oslo statt, sie stehen für die meisten Athleten im Vordergrund.

Und es ist von der Trainingssteuerung enorm schwierig, sowohl bei der Tour de Ski als auch bei der WM in hundertprozentiger Topform zu sein. Die in diesem Winter bisher überragende Marit Björgen verzichtet deshalb auf die Tour de Ski.

Das kommt für mich nicht in Frage, gerade die Rennen in Oberhof und Oberstdorf sind für uns Deutsche etwas Besonderes. Deshalb werde ich mein Bestes geben, auch wenn die Erwartungen nicht allzu hoch sein sollten. Nach dem einen oder anderen Infekt in den letzten Wochen werde ich sicher nicht in der Lage sein, konstant vorne mitzulaufen. Mein Ziel ist es, dass ich bei der WM in bestmöglicher Verfassung bin.

Bin Fan der Tour de Ski

Aber bitte nicht falsch verstehen: Ich bin ein absoluter Fan der Tour de Ski. Die wurde 2006 ins Leben gerufen, quasi als eine Art Pendant zur Vierschanzentournee. Ein Etappenrennen wie im Radsport, das unsere Wettkämpfe für die Zuschauer noch spannender machen soll. Ich finde, dass das auch ganz gut gelingt. Wie ich überhaupt finde, dass sich der Langlauf in den vergangenen zehn Jahren unglaublich positiv entwickelt hat.

Ich erinnere mich noch gut an meine Anfangszeit im Weltcup, das war im Jahr 2000. TV-Bilder von unseren Rennen gab es so gut wie gar nicht. Und wenn mal jemand von uns ein Interview geben durfte, war das eine mittelschwere Sensation. So ging das - bis zu den Erfolgen bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City.

Was danach passierte, hat uns alle völlig überrollt. Plötzlich waren wir gefragte Gesprächspartner und wurden auf der Straße erkannt. Ich wurde irgendwann mal sogar in einem Supermarkt in Hannover angesprochen. Spätestens da ahnte ich: Wenn hier im Norden schon Langläufer in Normalkleidung erkannt werden, muss wohl tatsächlich etwas Besonderes passiert sein.

Platz sechs? Ein großer Erfolg!

Ich empfinde das als etwas sehr Schönes, wovon unsere Sportart profitiert. Es ist doch toll, dass unsere Erfolge mittlerweile eine breitere Öffentlichkeit finden.

Gerade erst kamen Claudia Nystad und ich bei der Wahl zum Sportler des Jahres in der Kategorie Mannschaften auf Rang sechs. Das ist bei der riesigen Auswahl an tollen Teams in Deutschland eine Riesen-Ehre, das macht schon ein wenig stolz. Und es zeigt, dass wir mit unserer Sportart auf dem richtigen Weg sind.

Dazu gehören auch die veränderten Wettkampfformate. Wie die Tour de Ski, die Verfolgungsrennen oder auch Veranstaltungen wie in der Innenstadt in Düsseldorf. Das finde ich super. Denn so idyllisch beispielsweise die skandinavischen Wälder auch sind - wir müssen mit unserem Sport zu den Menschen. Wir müssen ihnen zeigen, dass Langlauf spannend und sehenswert ist.

Aber ich weiß natürlich auch, dass dies nicht nur mit den Formaten zusammenhängt - sondern auch mit deutschen Erfolgen. Ich hoffe, dass es da aus unserer Sicht in dieser Saison auch noch den einen oder anderen zu feiern gibt.

Viele Grüße und einen guten Rutsch ins Neue Jahr,

Eure Evi

Evi Sachenbacher-Stehle, geboren am 27. November 1980 in Traunstein, gewann 2002 bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City Gold in der Staffel und Silber im Sprint. Bei den Winterspielen 2006 in Turin folgte eine Silbermedaille in der Staffel. In Vancouver 2010 gewann Sachenbacher-Stehle Gold im Team-Sprint und Silber in der Staffel. Neben ihren Olympia-Erfolgen stehen für Sachenbacher-Stehle 6 WM-Medaillen (1x Gold, 4x Silber, 1x Bronze) und drei Weltcup-Siege zu Buche. Mehr Infos zur SPOX-Kolumnistin gibt's  auf ihrer Facebook-Seite unter www.facebook.com/evi.sachenbacher.

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