IOC-Präsident hält Kurs

SID
Thomas Bach verkündet das erste mal einen Olympia-Austragungsort
© getty

Am liebsten hätte IOC-Präsident Thomas Bach bei seiner Premiere am Freitag wohl den Zettel mit "München" aus dem berühmten Umschlag gezogen. Doch das ist bei der 128. IOC Session in Kuala Lumpur ausgeschlossen, vielmehr sieht sich der 61-Jährige mit einer Situation konfrontiert, die er vermutlich gerne vermieden hätte.

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Nur zwei Kandidaten, beide wegen anhaltender Menschenrechtsverletzungen mit schlechtem Leumund - positive Schlagzeilen werden weder Almaty noch Peking bei der Wahl des Gastgebers der Olympischen Winterspiele 2022 schreiben.

Dabei war dies eines der Ziele Bachs seit seiner Wahl im September 2013. In Rekordtempo wurde nur wenige Monate später Bachs Agenda 2020 verabschiedet, der Fecht-Olympiasieger will mit dem 40-Punkte-Reformplan der nicht erst seit dem Gigantismus der Spiele in Sotschi anhaltenden Kritik am IOC entgegentreten. Nicht zuletzt wegen des schlechten Ansehens der großen Sportorganisationen IOC und FIFA hatten die Bürger in Bayern einer erneuten Bewerbung Münchens eine Absage erteilt.

Nicht anders erging es weiteren potenziellen Bewerber für 2022: Unter anderem hatten auch Graubünden, Oslo oder Stockholm wegen mangelnder Unterstützung oder zu hoher finanzieller Risiken von einer Bewerbung abgesehen. Zwar fällt die Wahl noch nicht unter die Agenda 2020 - der am Montag bekannt gegebene Rückzug von Boston für die Sommerspiele 2024 erfolgte allerdings trotz der Reformankündigungen.

Bach in der Kritik

Für Bach ist das aber lediglich ein hausgemachtes Problem, seine Reformagenda sieht er nicht betroffen. Mit ungewohnt deutlichen Worten kritisierte der Fecht-Olympiasieger von 1976 dafür die Kampagne der US-Ostküstenstadt. "Von außen betrachtet wurde es irgendwann sehr unübersichtlich. Irgendwann habe ich aufgehört, es im Detail zu verfolgen", sagte er: "Jeden Tag gab es neue Projekte oder neue Personen."

Mit dem Parieren von Angriffen kennt sich der langjährige DOSB-Präsident nicht nur auf der Planche aus. Im April hatte Marius Vizer, der damalige Präsident der Vereinigung der 107 internationalen Sport-Verbände (SportAccord), Bach überraschend persönlich kritisiert und erklärt, die Agenda bringe "dem Sport, den Verbänden und den Athleten kaum Nutzen".

Nur knapp sechs Wochen später musste Vizer zurückgetreten. Mehr als zwei Dutzend internationale Verbände und Institution hatten ihre SportAccord-Mitgliedschaft ruhen lassen. Vizer bezichtigte Bach und das IOC daraufhin, Druck auf diese Verbände ausgeübt zu haben.

Verbesserungen tragen Früchte

Erste Verbesserungen der Agenda sind aber nicht zu übersehen. Erstmals wird der sogenannte "Host City Contract", der Ausrichtervertrag zwischen dem IOC und dem Gastgeber, schon für Peking oder Almaty veröffentlicht - eine von Kritikern häufig gestellte Forderung zur Verbesserung der Transparenz. Beide Kandidaten verpflichteten sich zudem, die in der Agenda 2020 festgeschriebenen verschärften Anti-Diskriminierungsregeln anzuerkennen.

Darüber hinaus sinkt die geforderte Bewerbungsgebühr von 650.000 auf 250.000 Dollar. Nach den milliardenschweren Einnahmen durch TV- und Sponsorenverträge gibt es für den Ausrichter der Winterspiele 2022 vom IOC außerdem 800 Millionen Euro Zuschuss.

Dies sind vielleicht weit bessere Nachrichten für die Olympiabewerbung Hamburgs als der Rückzug des Konkurrenten Boston. Und vielleicht kann Bach in zwei Jahren in Lima ja den Zettel mit dem Namen der Hansestadt aus dem Umschlag ziehen.

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