Die Geldnot in Rio ist derart groß, dass die Olympia-Macher sogar von ihrem eigenen Motto abrücken. Die Serie von Testwettkämpfen vor den Sommerspielen stand unter der Überschrift "Aquece Rio" ("Erwärme Rio"), doch im Schatten der Wirtschaftskrise erwärmt ein Großteil der Events nun niemanden mehr.
"Testevents mit öffentlichem Publikum sind teuer", sagte Mediendirektor Mario Andrada lapidar über den Grund für die unpopuläre Sparmaßnahme. Fakt ist: Die Organisatoren in Rio müssen vor der Mammutveranstaltung (5. bis 21. August) den Rotstift ansetzen, dass selbst die Herren der Ringe beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) in Lausanne allmählich ins Schwitzen kommen.
Das lokale Organisationskomitee lädt nur noch bei zwei Testläufen zum Probegucken ein. Die Sparmaßnahme ist nicht die einzige, die das Comitê Rio 2016 unter der Woche nach monatelangen Spekulationen und intensiven Gesprächen mit dem IOC eher halbherzig kundtat. Der Rotstift kreiste an den Sportstätten, beim Heer der Volunteers, im Fuhrpark für Delegationen und Funktionäre. Er machte selbst vor dem Athletendorf nicht Halt.
Und nun die Testevents. Insgesamt 45 waren geplant. Doch laut der Tageszeitung Estado de São Paulo werden nun nur noch beim Weltcup der Wasserspringer (19.-24. Februar) und dem Probelauf der Kunstturner (16.-24. April) Zuschauer zugelassen. Olympischen Vorgeschmack bekommen die heimischen Cariocas nur noch bei Wettkämpfen unter Federführung nationaler oder internationaler Verbände.
Kostenexplosion verhindern
"Wir gehen davon aus, dass diese Anzahl für die Vorbereitung auf die Spiele angemessen ist. Das ist Rationalisierung", sagte Andrada. Schließlich dürfen die 7,4 Milliarden Real des Comite-Etats, derzeit umgerechnet rund 1,68 Milliarden Euro, die vor allem für den operativen Bereich der Spiele und den Transport sowie der Unterbringung von Delegationen vorgesehen sind, nicht überschritten werden.
So wurden beim Kampf gegen die Kostenexplosion die Zahl der Volunteers von ursprünglich geplanten 70.000 auf 50.000 reduziert. Damit arbeiten deutlich weniger Freiwillige bei den Spielen als noch in London 2012 oder China 2008. Weitere Einsparungen folgten bei Einkleidung, Ausbildung, Verpflegung und Transport.
Auch der Fuhrpark für Delegationen und Funktionäre wurde um 1000 auf 4000 Fahrzeuge verkleinert. Dem Sparzwang wegen des schwachen Real-Kurses und der tiefen Wirtschaftskrise fiel zudem die im Bewerbungsdokument versprochene schwimmende Zusatztribüne für die Ruderstrecke auf der Lagoa Rodrigo de Freitas zum Opfer.
"Unser Etat ist jetzt ausgeglichen", behauptete Andrada vor versammelter Weltpresse am vergangenen Dienstag, er konnte oder wollte die Einsparungen jedoch nicht detailliert aufführen. Ein Dilemma für die Organisatoren ist, dass viele Verträge auf Dollar-Basis laufen und damit dem Wechselkurs unterliegen. Allein im vergangenen Jahr gewann die US-Währung 30 Prozent an Wert gegenüber dem Real.
Kampf gegen Verschwendung
Getragen wird der Comite-Haushalt von Sponsorengeldern (52 Prozent), vom IOC (25) sowie vom Verkauf der Tickets (16) und Merchandising-Produkten (7). Allerdings sind noch nicht alle Sponsoren-Pakete an den Mann gebracht. Auch Eintrittskarten, ausgenommen für Hauptattraktionen, sind weiterhin erhältlich. Zudem müssen Stofftiere, Schals und Mützen erst noch verkauft werden.
Auch wenn (Geld-)Not erfinderisch macht, der Vorschlag, dass die Sportler die Klimaanlage auf ihren Zimmer im Athletendorf selber anschaffen müssen, ging dann selbst dem IOC zu weit. Schließlich herrschen im winterlichen August von Rio noch Temperaturen um 30 Grad.
Dennoch wird es für die Athleten in der Vila Olimpica, wo statt der gepanten 3600 Fernseher - einer für jedes Apartment - nun 50 für Gemeinschaftsräume angeschafft werden sollen, spartanisch. Aber Luxus und Verschwendung ohne Nachhaltigkeit hat das IOC in der Agenda 2020 ja ohnehin den Kampf angesagt...