Daumen hoch oder Daumen runter?

SID
Olympia
© getty

Finden die Olympischen Spiele in Rio (5. bis 21. August) mit den russischen Leichtathleten statt, oder bleibt die Suspendierung bestehen? Am Freitag fällt die Entscheidung. Hier gibt es die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Worum geht es?

Das Council des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF entscheidet auf seiner letzten vorolympischen Sitzung am Freitag in Wien, ob die im November wegen systematischen und staatlich organisierten Dopings ausgesprochene Suspendierung des russischen Leichtathletik-Verbandes RUSAF über die Sommerspiele in Rio de Janeiro bestehen bleibt.

Welche Entscheidungen sind möglich?

Die wahrscheinliche und folgerichtige: Die Russland-Task-Force der IAAF empfiehlt dem Council, die Russen weiterhin zu sperren, und das Council folgt der Empfehlung. Möglich ist auch eine Wiederzulassung auf Bewährung vor der EM in Zürich (7. bis 10. Juli), unwahrscheinlich eine sofortige Aufhebung der Sanktionen in Gänze.

Als letzte Möglichkeit bleibt ein - wie auch immer gearteter - Kompromiss, der sowohl der IAAF wie auch dem Internationalen Olympischen Komitee erlaubt, Gesicht und Linie zu wahren. Das IOC ist kein Freund von Kollektivstrafen.

Was spricht für Russlands Wiederaufnahme?

Objektiv gesehen: wenig bis gar nichts. Die Aufarbeitung des Dopingskandals geht höchst schleppend voran, nach ARD-Recherchen sind einschlägig belastete und gesperrte Trainer weiterhin aktiv, bei den Funktionären um Sportminister Witali Mutko mangelt es an Einsicht.

Zudem werfen die Ergebnisse der Nachtests von Olympia 2008 und 2012 sowie die zahlreichen positiven Tests auf Meldonium ein noch schlechteres Licht auf das russische System.

Bleibt die IAAF hart, wäre der Start russischer Athleten ausgeschlossen?

Nein. Hausherr der Olympischen Spiele ist das IOC, nicht die IAAF. Die obersten Olympioniken könnten auch nach einem generellen IAAF-Bann gegen den russischen Verband auf Einzelfall-Basis "saubere Russen" zulassen.

Diese müssten durch zusätzliche unabhängige Tests Nachweise ihrer Unbescholtenheit erbringen und könnten dann auch unter russischer Flagge in Rio starten.

Die IOC-Spitze kommt am Dienstag nach der IAAF-Entscheidung in Lausanne mit Vertretern der Spitzenverbände zusammen und berät über Kollektivsanktionen.

Wie gerecht wäre ein Start nachgetesteter russischer Athleten?

Ein intensiviertes Testprogramm in den letzten Wochen bis Rio wäre nicht mehr als ein Feigenblatt.

Doping entfaltet seinen größten Nutzen, wenn es in den Zeiten der höchsten Trainingsbelastung genommen wird, im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2016 also im Herbst 2015 und im Frühjahr 2016 - das Kind ist also längst in den Brunnen gefallen - dasselbe gilt übrigens auch für weitere Länder wie Kenia.

Der "Kompromiss", vermeintlich saubere Athleten dennoch nach Rio einzuladen, könnte dem IOC allerdings juristische Auseinandersetzungen ersparen. Mit dem Gang vor ein ordentliches Gericht hatte beispielsweise Stabhochsprung-Weltrekordlerin Jelena Issinbajewa gedroht.

Das IOC könnte zudem darauf verweisen, dass es mit den (positiven) Nachtests zu den Olympischen Spielen 2008 und 2012 den Start von Betrügern in Rio verhindern werde.

Welche historische Dimension hätte ein Ausschluss?

Eine große. Ausschlüsse von Olympischen Spielen gab es bereits aus politischen Gründen, beispielsweise für Deutschland nach den Weltkriegen oder für Südafrika wegen dessen Apartheids-Politik.

Ein Ausschluss eines Landes oder eines Landesverbandes wegen Sportbetruges wäre ein Novum, in Rio aber womöglich kein Einzelfall: Auch Bulgariens Gewichtsheber stehen aufgrund fortgesetzter Dopingpraktiken vor dem Aus.

Was sagt die IAAF?

"Es wäre unangebracht, wenn ich jetzt beurteilende Äußerungen treffen würde. Wir haben die Task Force beauftragt, ihre Arbeit zu tun, und jetzt werde ich auf ihren Report warten." (IAAF-Präsident Sebastian Coe)

Was sagt das IOC?

"Wir verfolgen eine Null-Toleranz-Politik, die nicht nur einzelne Athleten, sondern auch die gesamte Gefolgschaft in ihrem Umfeld betrifft. Maßnahmen können von lebenslangen Olympia-Sperren für alle betroffenen Personen über finanzielle Sanktionen bis hin zur Akzeptanz des Ausschlusses eines ganzen nationalen Verbandes wie des derzeit existierenden der russischen Leichtathletik durch die IAAF reichen." (IOC-Präsident Thomas Bach)

Was sagt Russland?

"Russland hat nie behauptet, dass es kein Problem mit Doping hat. Aber wir haben in den letzten fünf bis sechs Jahren konsequent an dem Dopingproblem gearbeitet. Wir haben nach WADA-Empfehlung das gesamte Personal bis runter zur vierten Ebene gefeuert. Alle, von denen sie gesagt haben, sie seien korrupt. Die sind nicht mehr da." (Sportminister Witali Mutko)

Welche Topstars würden im Falle eines Ausschlusses fehlen?

Allen voran Stabhochsprung-Weltrekordlerin Issinbajewa, die sich mit ihrem dritten Olympia-Gold in den Ruhestand verabschieden wollte. Zudem träfe es die amtierenden Weltmeister Sergej Schubenkow (110 m Hürden) und Marija Kutschina (Hochsprung).

Wie sieht es mit anderen Sportarten aus?

Die Meldungen über Manipulation bei den Winterspielen in Sotschi und über vertuschte Dopingtests bei den Schwimmern lassen darauf schließen, dass sich die Problematik nicht nur auf die Leichtathletik beschränkt.

Ein Ausschluss des kompletten russischen Teams von den Spielen in Rio ist noch kein Thema - kann es aber in den kommenden Wochen werden.

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