Laut Cabral seien bei der Abstimmung am 2. Oktober 2009 in Kopenhagen neun der 95 Wahlberechtigten des Internationalen Olympischen Komitee (IOC) mit insgesamt zwei Millionen US-Dollar bestochen worden.
Cabral beschuldigte konkret die ukrainische Stabhochsprung-Legende Sergej Bubka, IOC-Mitglied seit 2008 und heutiger Vizepräsident des Leichtathletik-Weltverbandes, sowie den früheren russischen Starschwimmer Alexander Popow. Der 47-Jährige gehörte dem IOC zwischen 2000 und 2016 an und ist seither Ehrenmitglied. Beide wiesen die Anschuldigungen zurück.
"Ich werde meine Anwälte anweisen, alle ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel einzusetzen", teilte Bubka via Twitter mit und verwies darauf, dass Cabral derzeit bereits "eine lange Haftstrafe wegen Korruption verbüßt". Popov zeigte sich in einer Stellungnahme "extrem überrascht", dass seine Name in diesem Zusammenhang gefallen ist. Er habe mit Cabral oder anderen mutmaßlichen Drahtziehern "niemals in Kontakt gestanden". Zudem könne er "sagen, dass ich nicht einmal für Rio de Janeiro gestimmt habe", meinte Popov, der sich ebenfalls rechtliche Schritte vorbehält.
Verantwortlich für den Stimmenkauf bei den IOC-Mitgliedern sowie die Verteilung der Summe sei der Senegalese Lamine Diack gewesen, damals noch Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF, sagte Cabral. Der Kontakt sei über Brasiliens damaligen NOK-Präsidenten Carlos Arthur Nuzman zustande gekommen, das Geld habe der mittlerweile untergetauchte Multi-Unternehmer Arthur Soares auf Diacks Konten eingezahlt. Ursprünglich sei nur der Kauf von sechs Stimmen für 1,5 Mio US-Dollar geplant gewesen, weil Rio das IOC im Kampf gegen Chicago, Madrid und Tokio "sehr europäisiert" einschätzt habe. Dann sei aber Diacks Sohn Papa Massata gekommen und habe für zusätzliche 500.000 Dollar weitere manipulierte Stimmen angeboten.
Das IOC teilte auf SID-Anfrage mit, dass die Ethikkommission den Vorwürfen von Cabral "unverzüglich nachgegangen" sei und die von ihm genannten IOC-Mitglieder "kontaktiert" worden seien: "Das IOC ist fest entschlossen, sich mit allen Fragen zu befassen, die vor den weitreichenden Reformen der Olympischen Agenda 2020 aufgetreten sind." Das 2014 beschlossene Paket soll unter anderem die Bewerbungskosten für Olympische Spiele senken und die Transparenz der Entscheidung erhöhen.
Rio wurde bei der IOC-Session in Kopenhagen im dritten und entscheidenden Durchgang mit 66:32 Stimmen gegen Madrid als erstes südamerikanisches Land zum Ausrichter der Sommerspiele gewählt. Die Bauten von Stadien und die Errichtung der nötigen Infrastruktur sind bis heute Gegenstand von Korruptions-Untersuchungen in Brasilien.