Zumindest Japans Jugend hat den Glauben an Stefan Kuntz und die deutschen Fußballer noch nicht verloren. "Gewinnen Sie und kommen Sie zurück nach Yokohama", stand auf Deutsch auf einem Plakat, das zwei kleine Jungen vor dem "Finale" gegen die Elfenbeinküste für das DFB-Team gepinselt hatten. Als Kuntz die Aufmunterung sah, posierte er mit den Kindern und nach oben gerecktem Daumen für ein Foto.
Das Problem: Um tatsächlich noch einmal in Yokohama zu spielen, müssten Kuntz und Co. schon das Endspiel erreichen. Bis dahin ist es nach zwei mäßigen Auftritten gegen Brasilien (2:4) und Saudi-Arabien (3:2) aber ein langer Weg, der schon am Mittwoch (10 Uhr MESZ/ZDF und Eurosport) enden könnte: Im letzten Gruppenspiel zählt in Miyagi nur ein Sieg, um das Viertelfinale zu erreichen und das Aus zu verhindern.
Zwar könnte auch ein Remis reichen, wenn Brasilien zeitgleich hoch gegen Saudi-Arabien verliert. Weil das aber nahezu ausgeschlossen ist, muss Kuntz erst gar nicht groß rechnen. "Wir wissen genau, was wir erreichen müssen. Bei einem Sieg sind wir weiter", sagte der Europameister von 1996. Weil 400 Kilometer nördlich von Tokio sogar ein paar Zuschauer zugelassen sind, könnte im Miyagi Stadium endlich auch ein bisschen olympisches Flair aufkommen.
Olympia: Elfenbeinküste mit Milan- und United-Star
Schwieriger wird für Kuntz das Personal-Puzzle, nach der Roten Karte gegen Amos Pieper stehen ihm erneut nur 14 Feldspieler zur Verfügung. Zuletzt hatte sich sogar Torhüter Sven Brodersen für einen Einsatz im Feld bereit gemacht. Ex-Nationalspieler Matthias Sammer erinnerte das an die EM 1996. "Da bekam Oliver Kahn auch eine Rückennummer. Man sieht, man kann auch mit weniger Spielern einen Titel gewinnen", sagte der Amazon-Experte.
Leicht wird die Aufgabe nicht. Die Ivorer mit ihren Stars Franck Kessie (AC Mailand) und Eric Bailly (Manchester United) sind nach den Auftritten gegen Saudi-Arabien (2:1) und Brasilien (0:0) noch ungeschlagen. "Sie haben ihre Stärken im Zentrum, vor allem durch Franck Kessie. Zudem müssen wir auf die schnellen Außenspieler aufpassen", sagte Keven Schlotterbeck vom SC Freiburg.
Der Sieg in Unterzahl gegen die Saudis hat zumindest den Teamgeist noch einmal gestärkt. "Jetzt fängt das Turnier erst richtig an", sagte Ragnar Ache von Eintracht Frankfurt, der ebenso wie Nadiem Amiri (Bayer Leverkusen) schon zwei Turniertore auf dem Konto hat. Sollte das DFB-Team weiterkommen, könnte allerdings in Spanien oder Argentinien ein dicker Brocken warten.
Ein wenig Sorgen bereitet indes noch das Wetter. Zwar macht der viel diskutierte Taifun einen Bogen um Tokio, doch nun steuert das Unwetter unter anderem auf Miyagi zu. Sogar eine Verschiebung des Spiels wurde kurz diskutiert. "Wenn da etwas passieren sollte, werden wir richtig darauf reagieren", sagte Kuntz. Er bleibt ruhig. Zumindest bis zum Anstoß.
DFB-Team bei Olympia in Tokio: Tabelle der Gruppe D
Platz | Mannschaft | Spiele | Tore | Tordifferenz | Punkte |
1. | Brasilien | 2 | 4:2 | 0 | 4 |
2. | Elfenbeinküste | 2 | 2:1 | 0 | 4 |
3. | Deutschland | 2 | 5:6 | 0 | 3 |
4. | Saudi-Arabien | 2 | 3:5 | 0 | 0 |