Dimitrij Ovtcharov sank nach dem entscheidenden Matchball zu Boden und schlug die Hände vors Gesicht, dann stürzten auch schon Altmeister Timo Boll und Patrick Franziska auf ihn zu. In einem wahren Tischtennis-Krimi sorgte der 32-Jährige für ein Happy End, machte das Traumfinale gegen China am Freitag (12.30 Uhr MESZ) perfekt - und schrieb mit seinem Sieg zum 3:2 gegen Japan zugleich Geschichte.
"Gegen China im Finale von Olympischen Spielen - das ist die größte Herausforderung im Tischtennis, vielleicht im ganzen Sport", sagte Ovtcharov: "Aber es haben auch viele versucht, Nadal bei den French Open zu schlagen. Jetzt hat Djokovic es geschafft. Vielleicht wird das Glück auf unsere Seite wechseln."
"Sechs Medaillen bei Olympia - das ist schon Wahnsinn"
Im Halbfinale war es in jedem Fall auf der deutschen Seite. Während Boll (40) mit Siegen in Doppel und Einzel zum Matchwinner wurde, sicherte sich Ovtcharov nach der Niederlage von Patrick Franziska zum Zwischenstand von 2:2 seine sechste Olympia-Medaille - kein Spieler hat mehr als der Einzel-Dritte von Tokio. "Sechs Medaillen bei Olympia - das ist schon Wahnsinn. Es gibt andere, die wären schon froh, nur eine zu haben. Das ist eine riesige Bilanz", sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf.
Gold fehlt Ovtcharov noch, doch aufgegeben hat er die Hoffnung darauf trotz des Gegners im Endspiel nicht. "Im Finale werden wir bis zum letzten Punkt kämpfen. Wir glauben dran", sagte der zweimalige Europameister. Boll klang ähnlich: "Wir sollten auch gegen China an uns glauben, auch dieses Spiel muss erst einmal gespielt werden. Klar ist China stark, aber wir werden es auf jeden Fall probieren und sind super heiß", sagte er.
China ist im Finale am Freitag allerdings klarer Favorit. Seit der Premiere des Teamwettbewerbs 2008 hat die Tischtennis-Großmacht sämtliche Spiele bei Olympia gewonnen, darunter auch die Duelle mit Deutschland im Finale 2008 und Halbfinale 2012.
Frauen kämpfen noch um Bronze
Doch die Deutschen können kämpfen: Im Tokyo Metropolitan Gymnasium sorgten Boll und Franziska mit einem 3:2 im Doppel gegen Jun Mizutani/Koki Niwa für einen Start nach Maß. Ovtcharov verlor das Topspiel gegen den 18 Jahre alten Tomokazu Harimoto (1:3), doch Boll stellte gegen Mixed-Olympiasieger Mizutani (3:1) den alten Abstand wieder her. Nach Franziskas knapper Niederlage gegen Senkrechtstarter Harimoto (2:3) behielt Ovtcharov im entscheidenden Match gegen Niwa die Nerven (3:0).
Die deutschen Frauen verpassten dagegen das Finale. Petrissa Solja, Han Ying und Shan Xiaona unterlagen dem Topfavoriten China in einer Neuauflage des Endspiels von 2016 mit 0:3 und kämpfen bereits am Donnerstag (4.00 MESZ) gegen Hongkong um Bronze.
"Das ist kein Beinbruch. Das Spiel morgen zählt mehr als das Spiel heute", sagte Bundestrainerin Jie Schöpp. China hat seit 2008 alle 16 Team-Begegnungen mit 3:0 gewonnen, den Gegnerinnen gelangen dabei nur zwölf Satzgewinne - einen davon holte am Mittwoch Sportsoldatin Solja gegen Olympiasiegerin Chen Meng.