Die sportliche Bilanz stimmt, doch das Drumherum drückt die Stimmung. Nach der sterilen Veranstaltung in der Pekinger Blase freut sich die deutsche Teamleitung auf die Rückkehr in Europas Wintersporthochburgen - und stellt eine eigene Olympia-Bewerbung in Aussicht. "Es ist an der Zeit, vernünftig, langsam und sorgfältig heranzugehen, wie wir eine Bewerbung wieder auf den Weg bringen", sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert am Samstag: "Vielleicht ist 2030 zu früh, aber danach steht alles offen."
Die umstrittenen Winterspiele in China in der Pandemie seien "funktionale Spiele", meinte Weikert, "die Kollateralschäden, beispielsweise was die Menschenrechtslage anbetrifft, sind nicht zu übersehen. Das ist eine Zerreißprobe". Die Zukunft sehe aber "hoffnungsfroh" aus, weil Olympia "jetzt in demokratische Länder vergeben" worden sei.
Mit Blick auf Mailand-Cortina 2026 schwärmte Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig: "Wir freuen uns, dass die Olympischen Spiele jetzt vor einer Zäsur stehen und in den Alpenraum zurückkehren. Wir wünschen uns, dass sie dann ohne pandemische Einschränkungen wieder die Spiele sind, die wir lieben."
Bei seinen Gesprächen in den vergangenen zwei Wochen in China habe er viel Unterstützung aus anderen Ländern erfahren, berichtete Weikert, man wolle "Deutschland als wichtiges Land für den Sport". Alle seien froh, "dass wir international ein Comeback feiern", sagte er: "Es ist sicherlich realistisch, sich zu bewerben. Aber wir müssen natürlich unsere Hausaufgaben erledigen. Dazu gehört, dass wir nachhaltige Spiele anbieten. Dazu gehört aber auch, dass alle an einem Strang ziehen, Bevölkerung, Politik und Wirtschaft."
DOSB zieht positives Olympia-Fazit
Insgesamt sechs deutsche Bewerbungen waren um die Spiele seit 1992 gescheitert, zuletzt die Münchner Kandidatur für 2022. Ob Sommer- oder Winterspiele größere Chancen hätten, wollte Weikert nicht beurteilen, das sei "nicht entschieden". Weikert hofft auf eine positivere Stimmung in Deutschland, weil das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit der Agenda 2020 "seine Auffassung zu Olympia erheblich geändert" habe und "Menschenrechte und Nachhaltigkeit eine größere Rolle" spielten.
Sportlich hat das Team die Ziele in Peking erreicht. Besser als 2014 in Sotschi, aber schlechter als 2018 in Pyeongchang - auf jeden Fall aber unter "den besten drei Wintersportnationen", so Schimmelpfennig, werde Deutschland am Ende im Medaillenspiegel landen: "Wir haben ein gutes Ergebnis erzielt."
Allerdings merkte der Vorstand Leistungssport kritisch an, dass nur zwei Verbände für Edelmetall gesorgt hätten: der Bob- und Schlittenverband BSD, der bis Samstagmittag Ortszeit 55 Prozent der bisherigen deutschen Medaillen gewann, und der Deutsche Skiverband (DSV) mit 45 Prozent.
"In Pyeongchang haben wir die Medaillen noch auf fünf Verbände verteilt gehabt", sagte Schimmelpfennig, diesmal gingen Snowboard, Eishockey und Eiskunstlaufen leer aus. Andere Verbände seien schon vor vier Jahren "ein Stück weit von der Weltspitze entfernt" gewesen.