Es war die Revanche an seinem Landsmann Yohan Blake. Der 22-Jährige, der als Zweiter ins Ziel kam, hatte dem großen Usain im vergangenen Jahr in Daegu den WM-Titel weggeschnappt, nachdem Bolt wegen eines Fehlstarts disqualifiziert worden war. Ende Juni hatte Bolt bei den Trials in Jamaika sowohl über 100 als auch über 200 Meter das Nachsehen gegen Blake.
Irritiert haben ihn die Niederlagen offenbar nicht. "Ich war auf den Punkt konzentriert, denn ich wusste, was ich kann", sagte er nach dem Rennen. Um 11 Hundertstel distanzierte er den Landsmann. Das ist deutlich im Sprint.
Ein Schritt zur Unsterblichkeit
Es war ein weiterer Schritt zur angestrebten Unsterblichkeit. Bolt fieberte schon der Siegerehrung im Olympiastadion an diesem Montag entgegen, wenn Jamaika den 50. Jahrestag seiner Unabhängigkeit von der britischen Kolonialmacht feiert.
"Ich will eine Legende werden." Wieder und wieder hatte der 25-Jährige in den vergangenen Wochen und Monaten erklärt, dass er seine drei Olympiasiege von Peking wiederholen und so unvergleichlichen Ruhm erlangen wolle. Vor vier Jahren war Bolt die Sensation der Spiele, als er jeweils mit Weltrekord Gold über 100 und 200 Meter sowie in der Sprintstaffel gewann. Die 9,69 Sekunden legte Supermann mit offenem Schnürsenkel zurück.
Start als einzige Schwäche
Dass es mit perfektem Schuhwerk noch schneller ging, bewies Bolt ein Jahr später. Bei der Weltmeisterschaft 2009 in Berlin pulverisierte er seine eigene Bestmarke über 100 Meter auf 9,58 Sekunden. Das Vorhaben der Wiederholung über die Kurzdistanz missriet vor einem Jahr, weil Bolt schneller war als der Schall: Er verließ die Blöcke vor dem Schuss und wurde wegen Fehlstarts disqualifiziert.
Trainingspartner Blake ließ sich die Chance nicht entgehen, gewann Gold und Selbstbewusstsein: "Seit Daegu weiß ich, was ich kann", sagte er. In London war es zu wenig für den Sieg.
Der Start war schon immer Bolts Schwäche. Um sich nicht erneut selbst zu besiegen, noch ehe das Rennen eröffnet ist, organisierte der 1,93-Meter-Mann fürs Training eigens die in London verwendeten Startblöcke. Er habe Schwierigkeiten, mit seinen großen Schuhen die richtige Position zu finden, begründete er die Investition.
Lob für Müller-Wohlfahrt
Die Vorbereitungen auf Olympia litten allerdings darunter, dass ihm wieder einmal sein Rücken zu schaffen machte. Zuletzt ließ er sich bei Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt behandeln. Ihm galt auch sein Dank nach dem Sieg: "Ein kleines Stück der Medaille geht auch an ihn. Er ist ein großer Mann, der beste Arzt der Welt."
Bei seinem einzigen öffentlichen Auftritt in London einen Tag vor der Eröffnungsfeier, bei der der Nationalheld ganz stolz die Fahne Jamaikas trug, hatte er Entwarnung gegeben: "Ich bin fit und bereit." Und er hielt Wort.