Alfons Hörmann legte seine Stirn in Falten und sprach mit mahnender Stimme Klartext. "Wenn wir nicht zügig und klar agieren, dann wird Olympia 2020 und noch vielmehr 2024 sowie 2028 nicht so laufen, wie wir es uns vorstellen", sagte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am Mittwoch. "Ein 'Weiter so'", betonte er, "kann nicht stattfinden!"
Hörmann reagierte damit auf die durchwachsene Ausbeute der deutschen Sportler in Rio de Janeiro. Dass der angepeilte Korridor von 42 bis 71 Medaillen trotz des goldenen Dienstags mit drei Olympiasiegen bis Sonntag nicht erreicht wird, dürfte ihm klar sein.
Für den DOSB-Präsidenten aber ist Rio nur ein weiteres "interessantes Element im Sinne des Erkennens, wo wir stehen". Dass die Struktur und Zusammenarbeit "aller Einheiten" im deutschen Sport verbessert werden müssten, sei ja nicht neu. Fünf oder zehn Medaillen mehr würden sich daher auch nicht frappierend auf die Verhandlung mit dem Bundesinnenministerium über die geplante Spitzensportreform auswirken, glaubt Hörmann.
Innenminister zeigt Verständnis
Zusammen mit seinem größten Geldgeber wird der DOSB nach Rio alles auf den Prüfstand stellen, Krisen-Sportarten wie Schwimmen oder Fechten könnten dramatische Einbußen bei der Förderung erfahren. "Ich habe Alfons Hörmann gut zugehört", sagte der für den Sport zuständige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere dem ZDF: "Manche Sportarten sind gut vorbereitet, andere Sportarten nicht. Das wird zu betrachten sein."
Der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesinnenministeriums, Ole Schröder, versprach am Mittwoch zeitnah Ergebnisse und forderte: "Wir müssen uns alle noch mehr anstrengen und die Potenziale und Talente viel früher entdecken." Schröder, der die Leistungen in Rio als "durchwachsen" bezeichnete, sprach auch von "guten Gesprächen" - aber ob das alleine reicht, um in Zukunft konkurrenzfähig(er) zu sein?
Mittlerweile senden sogar die Medaillengaranten Warnsignale - die Veränderungen dürften nicht erst vorgenommen werden, wenn es zu spät ist. "Wenn wir so weitermachen, dann wird das deutsche Hockey in zehn Jahren nicht mehr konkurrenzfähig sein", sagte etwa Moritz Fürste unlängst der FAZ. Kanu-Olympiasieger Sebastian Brendel warnte: "Die Leistungsdichte ist nicht mehr da, das ist sehr besorgniserregend."
Hörmann: Intakte Verbände sind essentiell
Zuletzt waren Forderungen laut geworden, wonach die betroffenen Sportarten mehr finanzielle Unterstützung erhalten müssten. Judo-Chef Peter Frese nahm dabei auch die Wirtschaft in die Pflicht, die Sportler "individuell mehr fördern" sollen.
Für Hörmann ist dies aber nicht der ideale Ansatz, um künftig mehr Medaillen zu bejubeln. "Wer meint, er könnte nun über das Land ziehen und Einzelathleten fördern, dem wünsche ich viel Glück. Ohne intakte Verbände ist es schwierig, auf Nachwuchssuche zu gehen. Es muss uns daran gelegen sein, die Verbände in ihrer Stärke zu entwickeln und sie zu begleiten", sagte er.
Dass dabei auch ein interdisziplinärer Austausch behilflich sein kann, hat der DOSB offenbar (noch) nicht ausreichend erkannt. "Es ist noch keine richtige Kommunikationsstruktur entwickelt worden", sagte Hockey-Sportdirektor Heino Knuf dem SID: "Ein aktiver Austausch der Spielsportarten, Individualsportarten und Kampfsportarten gehört für mich in eine funktionale Leistungssportstruktur, in der man voneinander Synergien nutzen kann."