Als Bronze nach einem Segel-Krimi perfekt war, feierten Erik Heil und Thomas Plößel ausgelassen mit einer artistischen Einlage. Von ihrem kenternden Boot aus sprangen sie beide, die deutsche Fahne in der Hand, mit einem Rückwärtssalto freiwillig hinein in das aufgewühlte Wasser der Guanabara-Bucht, mit dem Heil noch im vergangenen Jahr so unliebsame und schmerzhafte Erfahrungen gemacht hatte ."Das Wasser und ich sind jetzt Freunde geworden", sagte er, "es ist aber auch viel sauberer als im letzten Jahr."
So ganz zufrieden waren die beiden Kieler zunächst nicht. "Wir wollten auf Silber segeln", sagte Plößel, "deswegen sind wir nicht uneingeschränkt glücklich." Aber, betonte er: "Am Ende des Tages ist die Farbe der Medaille egal." Zumal: Nach einer zuvor starken Woche retteten die Kieler trotz eines verpatzten Starts in der letzten Wettfahrt der 49er-Klasse immerhin den dritten Rang. Und damit zugleich die erste Medaille deutscher Segler seit den Spielen 2000 in Sydney.
Briten kentern an Tonne vier
Dass es nicht mehr wurde, lag an Heil und Plößel selbst. "Wir haben den Start versaut", bekannte Heil. Von den Briten Dylan Fletcher-Scott und Alain Sign, die auf Rang vier lauerten, wurden die Deutschen gegen das Startboot gedrängt und kamen daher verspätet weg. Die Australier zogen davon, nach zwei Dritteln des Rennens allerdings profitierten die Deutschen von einem Missgeschick der Briten: Diese kenterten an Tonne vier - Rang drei für Heil/Plößel war gesichert.
Die Sunnyboys aus Kiel waren als Zweite ins Finalrennen gestartet. Die Goldmedaille war da schon außer Reichweite, die Neuseeländer Peter Burling und Blair Tuke brachten sie sicher nach Hause. Der Vorsprung von Heil/Plößel auf Rang drei war dagegen klein gewesen, die Australier Natha Outteridge und Iain Jensen, Olympiasieger von London 2012, lagen lediglich drei Punkte zurück. Sie nutzten den Patzer der Deutschen am Start kaltschnäuzig aus und gewannen Silber.
Heil dürfte dennoch eine besondere Genugtuung empfunden haben. Der 26-jährige Steuermann war im Vorjahr mit Entzündungen an den Beinen und der Hüfte von einer Olympia-Testregatta aus Rio zurückgekommen. Heil musste in einem Berliner Krankenhaus behandelt werden. Der größte Entzündungsherd an seinem rechten Unterschenkel wurde herausgeschabt. Bilder zeigten danach ein tiefes Loch in Heils Bein.
Heil im medialen Fokus
Auslöser der Entzündungen war ein multiresistenter Keim, der mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem stark verschmutzen Wasser des Segelgebiets in seinen Körper gelangt war. Heil appellierte danach an die Olympia-Organisatoren, für eine Säuberung der Gewässer zu sorgen - auch im Namen der "einheimischen Fischer. Die Brasilianer baden in einer Bucht, in die Krankenhausabfälle geleitet werden. Das ist schlimm."
Die schaurigen Bilder seiner entzündeten Beine gingen um die Welt, und das Telefon stand nicht mehr still. Weltmedien wie CNN und BBC verlangten nach Heil, der unfreiwillig zum Sinnbild für die großen Sorgen vor den Olympischen Spielen wurde. Doch vor Beginn der Regatten befreite sich Heil von allen Sorgen. "Das ist nichts, was speziell in den Kopf rückt", sagte er und konzentrierte sich voll auf die Rennen in dem strömungsstarken Revier - mit Erfolg.