SPOX: Sie sind ganz offensichtlich sehr von Olympia angetan. Welchen Stellenwert haben die Spiele für Sie im Vergleich zu Grand-Slam-Turnieren?
Brown: Olympia und Grand-Slam-Turniere kann man überhaupt nicht vergleichen. Bei Grand Slams geht es in jeder einzelnen Runde um Punkte und Geld. Hier war es anders. Ob du in der ersten oder in der dritten Runde verlierst, ist letztlich egal. Es geht eigentlich erst ab dem Viertelfinale oder Halbfinale so richtig los, wenn es um die Medaillen geht. Nicht falsch verstehen: Natürlich will man auch bei Olympia jedes Match unbedingt gewinnen. Ich versuche nur zu erklären, dass es sich für uns Spieler irgendwie anders anfühlt.
SPOX: Sie sind verletzt, müssen ständig zum Physiotherapeuten rennen. Können Sie dennoch ein wenig von der Atmosphäre im Olympischen Dorf genießen?
Brown: Absolut. Es ist unglaublich, wie viele Leute man da kennenlernt. Ich war auch sehr überrascht, wie viele andere Sportler mich auf meine Verletzung angesprochen haben. Nicht nur Deutsche, auch aus anderen Ländern. Von den deutschen Tennis-Jungs bin ich ja quasi der einzige, der noch da ist. Ich hänge jetzt viel mit dem Geher Christopher Linke zusammen rum, den ich bei der Ankleidung in Hannover kennengelernt habe. Es ist einfach mal schön, die anderen Sportarten zu genießen.
SPOX: Im Vorfeld wurde viel über die politische Lage, die Sicherheit und das Zika-Virus diskutiert. Gerade im Tennis gab es einige Absagen. Haben Sie auch darüber nachgedacht?
Brown: Klar denkt man über die Situation nach. Aber ich fand es nie so schlimm, dass ich deshalb nicht herkommen sollte. Wenn alles so schlimm wäre, wie es teilweise im Vorfeld hieß, wären sicherlich viel mehr Sportler nicht hier.
SPOX: In Rio gegen Bellucci war es zwar anders, normalerweise zählen Sie auf der Tour aber mit ihrer spektakulären Spielweise und dem lässigen Äußeren mittlerweile zu den absoluten Publikumslieblingen. Gibt das einen besonderen Kick?
Brown: Natürlich. Es ist eigentlich egal, wo ich spiele, ich bekomme ziemlich viel Zuspruch. Es ist ein großartiges Gefühl, gemocht zu werden. Und ja: Beide Aspekte - meine Spielweise und das Äußere - werden mit reinspielen.
SPOX: Apropos Spielweise. Nervt es Sie, dass Sie manchmal auf dieses risikoreiche Spiel reduziert werden und Ihnen viele nur auf Rasen etwas zutrauen? Immerhin haben Sie in dieser Saison schon das Gegenteil bewiesen.
Brown: Tatsächlich wird oft gesagt, ich würde nur mit hohem Risiko spielen und das führe nur auf Rasen zum Erfolg. Es gelingt mir mittlerweile aber immer öfter und besser, eine gute Mischung zu finden - auf verschiedenen Belägen. Ich hatte in dieser Saison, die vielleicht die beste meiner Karriere ist, schon ein Halbfinale auf Asche in Gstaad, stand außerdem auf Hartplatz im Halbfinale in Montpellier. In Gstaad verlor ich nur knapp gegen Feliciano Lopez, in Bastad - ebenfalls auf Sand - hatte ich ein enges Match gegen David Ferrer. Das sind ja Topspieler auf diesen Belägen. Das zeigt mir, dass es eben nicht nur auf Rasen geht. Dennoch ist Rasen natürlich nach wie vor mein Lieblingsbelag.
SPOX: Geben Sie uns zum Schluss doch bitte noch eine Einschätzung zu Angelique Kerber ab. Was ist für Angie noch drin?
Brown: Da ist alles möglich, ich traue ihr alles zu. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass jetzt plötzlich auch Druck da sein könnte. Damit muss man erst mal umgehen. Ich drücke ihr ganz fest die Daumen, dass es klappt.