Superstar Simone Biles lächelte, aber längst nicht so herzlich und ansteckend wie gewohnt. Anstatt über die vierte Goldmedaille bei den Sommerspielen in Rio zu jubeln und damit einen olympischen Turnrekord anzupeilen, musste sich die US-Amerikanerin am Montag am Schwebebalken mit Bronze begnügen.
14,733 Punkte reichten nicht, um die neue Olympiasiegerin Sanne Wevers (15,466 Punkte) zu besiegen. Zu unsicher, zu wackelig war Biles' Übung am gefürchteten "Zitterbalken", den sie zu allem Überfluss auch noch greifen musste, um einen Abgang zu vermeiden. Silber ging an Biles' Landsfrau Lauren Hernandez (15,333).
Nach den Triumphen mit dem Team, im Mehrkampf und am Sprung kann Biles in Brasilien also "nur" maximal vier Goldmedaillen gewinnen. Das wird sie auch ziemlich sicher tun, da am Dienstag mit dem Finale am Boden ihre Paradedisziplin wartet. Biles verzückt die Turnwelt ohnehin - auch ohne Rekord.
Biles "wahrscheinlich die athletischste Turnerin der Geschichte"
"Was Simone hier zeigt, ist unglaublich", sagte die viermalige Weltmeisterin Nastia Liukin, die in Rio für den TV-Sender NBC als Expertin arbeitet. Peter Kormann, der für die USA bei den Spielen 1976 in Montreal Bronze gewann, ist sich sicher: "Sie ist wahrscheinlich die athletischste Turnerin der Geschichte."
Tatsächlich zeichnet sich Biles durch ihre extreme Sprungkraft aus. Die muskulösen Oberschenkel helfen ihr zudem dabei, spektakuläre Salti und Drehungen auf dem nur zehn Zentimeter breiten Balken zu turnen, welche den meisten Menschen nicht einmal auf dem Boden gelingen würden. Ein Ende der Titeljagd ist nicht in Sicht - Biles ist jung, noch ein Teenager, und zudem ehrgeizig wie kaum eine andere.
Weil sie dem Erfolg alles unterordnet, verzichtete sie sogar freiwillig auf die Eröffnungsfeier. "Ich wollte mich lieber vorbereiten, als Party zu machen", lautete die Begründung. Bis zum Montag zahlte sich die Entscheidung vollends aus - dann kamen die Wackler am Zitterbalken.
Vor Biles' Gala hatten bei den Männern zwei amtierende Weltmeister triumphiert: An den Ringen gewann der Grieche Eleftherios Petrounias (16,000) vor London-Olympiasieger Arthur Zanetti (15,766/Brasilien) und dem Russen Denis Abljasin (15,700). Am Sprung setzte sich der Nordkoreaner Ri Se-gwang (15,691) vor Abljasin (15,516) und dem Japaner Kenzo Shirai (15,449) durch.