"Mit dieser Goldmedaille wird man zur Legende", sagte Gold-Lena glücklich, nachdem ihr Thomas Bach das gute Stück umgehängt hatte, und blickte nach vorne: "Ich bleibe hochmotiviert und will jedes Rennen gewinnen."
Doch zunächst beschäftigte sie der Triumph im Jagdrennen.
"So richtig werde ich das alles erst im Bett begreifen. Die Medaille schläft neben mir." Ehe die Biathlon-Olympiasiegerin aber schlafen gehen konnte, brachte sie noch den Interview-Marathon und eine kleine Party im deutschen Haus hinter sich. Ihre Eltern waren gekommen, doch Neuner blieb nicht lange, denn am Mittwoch um neun Uhr morgens wollte sie wieder pünktlich zum Training erscheinen.
Am Donnerstag geht die 23-Jährige bereits wieder als Topfavoritin im 15-km-Rennen an den Start - und ist noch keinesfalls satt. Schließlich könnte sich die sechsmalige Weltmeistern mit weiteren drei Goldmedaillen zur erfolgreichsten Biathletin der Olympia-Geschichte krönen.
In fünf Rennen fünf Medaillen?
"Natürlich ist es möglich, dass ich in fünf Rennen fünf Medaillen hole", sagte Neuner und sorgte bei dem ob der Erfolglosigkeit der eigenen Stars bange fragenden schwedischen Journalisten für Entsetzen. Bundestrainer Uwe Müssiggang quittierte die Kampfansage mit einem Lächeln. "Mehr Motivation geht nicht. Sie läuft, um die Beste zu sein", sagte der Coach und nominierte Neuner zum ersten Mal bei einem Großereignis für das längste Einzelrennen.
Seine Musterschülerin hatte sich glasklar Olympia-Gold als Ziel gesetzt - und erfüllte nach Silber im Sprint in ihrem zweiten Rennen bei Winterspielen die Mission. "Wenn Michael Phelps sagt: Ich will Weltrekord schwimmen, ist das eine Sache. Aber beim Biathlon Gold anzukündigen, wo du mit einem Fehlschuss weg vom Fenster bist, ist mutig. Und es dann auch noch zu schaffen, ist grandios", sagte Müssiggang.
Die so gelobte Gold-Lena blickte derweil ein bisschen neidisch auf die große Siegesparty in der fernen Heimat Wallgau: "Die haben da alle schon einen Rausch. Das ist unheimlich fies." Schließlich durfte sie selbst nur ein Gläschen Sekt trinken und überreichte Mama Margit brav ihren Siegerstrauß. Papa Paul, seines Zeichens Bankangestellter, dachte sicher in einem stillen Moment auch mal an das Konto seiner Tochter.
Übergepäck wegen Medaillen
Etwa 60. 000 Euro Prämien von der Sporthilfe und dem Deutschen Skiverband (DSV) sind jetzt schon sicher, in der Vermarktung dürfte die künftig von der DSV-Tochterfirma Triceps betreute Gold-Lena in ganz neue Dimensionen vorstoßen. Doch all das war Magdalena Neuner gar nicht wichtig: "Ich habe erlebt, dass Geld nicht alles ist. Mir gehts absolut nicht darum."
Sie genoss einfach den größten Erfolg ihrer Sportlerkarriere. Die deutsche Nationalhymne bei der Siegerehrung sang sie "im Herzen und Kopf mit, weil das allein mein Moment war". Schließlich hatte sie im Sommer noch an Rücktritt gedacht, weil ihr der ganze Druck zu groß geworden war.
Mit Hilfe eines Mentaltrainers fand sie jedoch zurück und präsentiert sich in Whistler so stark wie nie zuvor: "Es macht mir wieder saumäßig Spaß. Mal schauen, wie viele Medaillen es noch werden." Dann allerdings könnten Probleme beim Heimflug auf sie zukommen, denn die Medaillen sind ziemlich schwer: "Ich weiß nicht, wie viele Kilo ich im Handgepäck mitnehmen darf."
Ullrich: "Nächster Angriff"
Sie kann sich vielleicht bei Michael Greis erkundigen, denn der hatte von den Winterspielen aus Turin dreimal Gold mit nach Hause gebracht. Im Jagdrennen von Whistler belegte er zwei Stunden nach Neuners Goldlauf Platz fünf, doch im 20-km-Rennen am Donnerstag will er vier Jahre nach dem Triumph von 2006 endlich aufs Podest.
"Wir werden einen neuen Angriff auf die Medaillen starten. Für Michi ist das allemal möglich", sagte Bundestrainer Frank Ullrich. Schließlich wollen auch die Männer am Ende nicht mit leeren Händen gemeinsam mit Gold-Lena feiern. Neuner hat bereits angekündigt, dann "gewaltig einen auszugeben" - am liebsten mit fünf Medaillen in der Tasche.