Der "Chefkritiker" des deutschen Sports war mal wieder voll in seinem Element. Nachdem Robert Harting bei der Ehrung der "Sportler des Jahres" in Baden-Baden das Duell der Weltmeister auf der Zielgerade gegen Formel-1-Star Sebastian Vettel gewonnen hatte, nahm sich der Diskus-Riese den Bundespräsidenten vor.
"Das ist das falsche Signal", sagte Harting und stand nicht allein mit seiner Kritik an Joachim Gauck und dessen Verzicht auf einen Besuch der Olympischen Winterspiele. Auch "Sportlerin des Jahres" Christina Obergföll stimmte mit ein: "Ich finde den Verzicht des Bundespräsidenten auf die Sotschi-Reise sehr schade. Wenn er schon keine politischen Gründe dafür anführt, wirkt das auf mich so, als würde er unserem Sport die willkommene Unterstützung versagen."
Auch Merkel äußert sich
Damit lagen die beiden Leichtathletik-Stars in etwa auf einer Linie mit Angela Merkel, die Stunden zuvor laut "FAZ" kritisiert hatte, bei rechtzeitiger Information durch das Bundespräsidialamt hätte man Gauck von diesem Schritt abgeraten.
Harting nutzte die Kanzlerin für seine Argumentation. "Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel die Fußball-Nationalmannschaft im Trainingslager besucht, hat das eine starke Symbolik. Es heißt für die Bevölkerung: Das ist ein wichtiges Ereignis. Und wenn Joachim Gauck nicht kommt, ist das auch ein Zeichen."
Russland in der Kritik
Gauck hatte vor einer Woche erklärt, er werde die Winterspiele nicht besuchen, dies aber nicht offiziell begründet. Allerdings hatte er zuvor rechtsstaatliche Defizite und die Behinderung kritischer Medien angeprangert. Ähnlich handhabte es am Sonntag Frankreichs Präsident Francois Hollande, der ebenfalls eine Sotschi-Reise ausschloss.
EU-Kommissarin Viviane Reding ist allerdings die bislang einzige hochrangige Politikerin, die ihren Verzicht auf einen Olympia-Besuch als Protest gegen die Politik von Präsident Wladimir Putin verstanden wissen wollte.
Russland steht vor Olympia auch wegen seines Anti-Homosexuellen-Gesetzes und der andauernden Unterdrückung der Opposition international in der Kritik. Bei den Sommerspielen und den Paralympics 2012 in London war Gauck vor Ort gewesen.
Willkommensfeier in München
Laut Deutschem Olympischen Sportbund (DOSB) plant Gauck eine Willkommensfeier für die deutsche Olympiamannschaft in München. Der DOSB habe Gauck eingeladen, "die deutsche Olympiamannschaft bei dieser Gelegenheit zu empfangen und zu begrüßen". Dies empfinde die Mannschaft als Zeichen der Anerkennung und des Ansporns.
IOC-Präsident Thomas Bach hatte gesagt, Gauck verzichte auf die Reise nach Sotschi "aus protokollarischen Gründen". "Ich kenne Bundespräsident Gauck und weiß, dass er ein sehr direkter Mann ist. Wenn er seinen Verzicht als Protest verstanden gewusst haben wollte, hätte er dies auch so gesagt."
In Baden-Baden saß Bach an einem der runden Festtische und war "glücklich", dass er auch als IOC-Boss den Termin wahrnehmen konnte.
DOSB-Präsident bedauert Entscheidung
Mit an seinem Tisch saß der neue DOSB-Präsident Alfons Hörmann - der Gaucks Entscheidung bedauerte: "Ich hätte den Bundespräsidenten in Sotschi gerne dabei gehabt", sagte der 53-Jährige.
"Ich erinnere mich gut und gerne an einen gemeinsamen Tag mit Horst Köhler 2006 bei Olympia in Turin. Das war für die Mannschaft eine tolle Auszeichnung. In Vancouver hat es dann nicht mehr geklappt, und in Sotschi nun auch nicht."
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