"In einem der Objekte wurden Nahrungsergänzungsmittel gefunden", sagte Staatsanwalt Peter Preuß dem "SID" am Samstag. Ob diese mit dem Fall zu tun haben könnten, wird zurzeit ausgewertet. Mit einem Ergebnis ist nicht vor Montag zu rechnen.
Der Tatvorwurf des LKA lautet: unerlaubtes Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport. Sprecher Preuß betonte, dass sich die laufenden Ermittlungen nicht gegen die Sportlerin richteten. "Der Verdacht besteht gegen einen unbekannten Dritten, nicht gegen Frau Sachenbacher-Stehle", sagte Preuß. Zum Anlass des Ermittlungsverfahrens wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht äußern.
Am Samstagmorgen hatte Michael Vesper, der Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft bei den Winterspielen in Sotschi, auf einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass die Privatwohnung von Biathlon-Dopingsünderin Evi Sachenbacher-Stehle durchsucht worden sei. Man werde mit der Staatsanwaltschaft kooperieren, "denn es ist nötig, das Umfeld zu untersuchen", sagte der DOSB-Generaldirektor.
Olympia-Stützpunkt Ruhpolding überprüft
"Das LKA hat auch den Olympia-Stützpunkt Ruhpolding überprüft", sagte Vesper. Man werde mit der Staatsanwaltschaft kooperieren, "denn es ist nötig, das Umfeld zu untersuchen", ergänzte er.
Vesper geht davon aus, dass Anlass für das Eingreifen der Staatsanwaltschaft "die Medienberichte zu diesem Fall" gewesen seien. Die zuständige Staatsanwaltschaft München war am Samstag zunächst nicht zu erreichen.
Er betonte auch, dass es sich im Fall Sachenbacher-Stehle nicht um ein hochtechnisiertes Doping gehandelt habe. Die positive Dopingprobe nach dem Massenstartrennen am vergangenen Mittwoch (17. Februar) sei wohl auf ein kontaminiertes Nahrungsergänzungsmittel zurückzuführen.
Sie habe nicht absichtlich dopen wollen, sagte Vesper. Sachenbacher-Stehle war in A- und B-Probe das Stimulans Methylhexanamin nachgewiesen.
Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt
Unmittelbar nach Bekanntgabe des Untersuchungsergebnisses hatte die Staatsanwaltschaft München I ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nach Informationen des "Bayerischen Rundfunks" richtet sich dieses gegen Unbekannt und nicht gegen die Sportlerin selbst.
Dabei gehe es um die Frage, wer ihr ein Nahrungsergänzungsmittel beschafft haben könnte, das möglicherweise mit einem Dopingmittel versetzt war.
Die zweimalige Skilanglauf-Olympiasiegerin Sachenbacher-Stehle war noch am Freitag offiziell aus der deutschen Olympiamannschaft ausgeschlossen worden und hatte noch am gleichen Tag die Heimreise angetreten. Ihre beiden vierten Plätze im Massenstart und in der Mixedstaffel wurde ihr aberkannt. Die zuvor erzielten Resultate bleiben in der Ergebnislisten.
"Schlimmster Albtraum"
"Ich erlebe gerade den schlimmsten Albtraum, den man sich vorstellen kann. Denn ich kann mir überhaupt nicht erklären, wie es zu dieser positiven Dopingprobe gekommen ist. Selbst entsprechende Nahrungsergänzungsmittel hatte ich vorher im Labor prüfen, beziehungsweise mir die Unbedenklichkeit von den Herstellern bestätigen lassen, um immer auf der sicheren Seite zu sein", sagte Sachenbacher-Stehle.
Sachenbacher-Stehle war bereits während der Winterspiele 2006 in Turin von einer fünftägigen Schutzsperre betroffen. Damals waren die Hämoglobinwerte der 33-Jährigen zu hoch. Zu einer weiteren Sperre kam es aber nicht.
Facebook-Seite offline
Keine 24 Stunden nach dem Bekanntwerden des positiven Dopingtests ist die offizielle Facebook-Seite der 33-Jährigen nicht mehr im Internet abrufbar. Auf der virtuellen Pinnwand des Profils, auf der die zweimalige Langlauf-Olympiasiegerin noch am Freitagabend in einer Stellungnahme vorsätzliches Doping abgestritten hatte, hatten Besucher teils äußerst heftige Reaktionen hinterlassen."Du bist eine Schande für alle deutschen Sportler", hieß es dort unter anderem. Aber auch Unterstützer wandten sich mit aufmunternden Worten an Sachenbacher-Stehle, die nach der Öffnung der ebenfalls positiven B-Probe und der Anhörung vor der Disziplinarkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) von der deutschen Olympia-Mannschaft ausgeschlossen wurde und die Heimreise antrat.
Reaktionen nach dem Verdacht
Felix Loch (Rodler):"Fassungslos ist der richtige Ausdruck. Das hätte ich nie gedacht [...] Ich hätte mir so etwas nicht vorstellen können. Sie muss jetzt die ganze Sache geklärt bekommen. Es ist ein Schock, dass so etwas überhaupt passieren kann, da fehlen uns die Worte."
Frank Ullrich (Biathlon-Männer-Bundestrainer): "Das ist traurig für uns alle und ein Schock. Ich kann nur hoffen, dass das noch eine Wende zum Guten nimmt."
Eric Frenzl (Nordische Kombination) zeigte sich "geschockt und sehr überrascht über diese Information."
Heiko Maas (Justizminister): "Sowohl der Besitz als auch die Anwendung von Doping-Mitteln sollen unter Strafe gestellt werden. Doping-Sündern und Doping-Ärzten drohen dann Haftstrafen von bis zu fünf Jahren."
Wolfgang Pichler (Frauentrainer in Russland): "Wenn es so ist, ist es eine Riesendummheit von ihr."
Alfons Hörmann (DOSB-Präsident): "Dieses Thema hätten wir uns gerne erspart. Wir können es uns nicht aussuchen. Wir werden sehen, was die Analysen und Befragungen ergeben. Es ändert in meinem Verständnis aber nichts an der Olympia-Bilanz, weil eine Athletin betroffen ist, die keine Medaille hat."
Andreas Birnbacher (Biathlet): "Ich verstehe die Welt nicht mehr. Ich hoffe immer noch, dass das ein schlechter Witz ist."
Der Olympia-Zeitplan im Überblick