Als der Totalschaden für das deutsche Bobteam perfekt war, konnte ihn auch der umstrittene Bundestrainer Christoph Langen nicht mehr schönreden. "Das ist die größte Katastrophe überhaupt", sagte Langen nach dem enttäuschenden Olympia-Abschluss in der Königsdisziplin Vierer.
Die Schuld für die ersten medaillenlosen Winterspiele der einstigen "Gold-Hamster" seit 50 Jahren suchte Langen bei sich selbst: "Ich bin der Cheftrainer und muss den Kopf dafür hinhalten."
Ob der streitbare Coach nach dem historischen Debakel bei Olympia in Sotschi weitermachen darf, erscheint fraglich, zumal der zweimalige Olympiasieger kurz nach dem Vierer-Rennen amtsmüde wirkte. "Ich weiß, dass der Trainerjob ein Schleudersitz ist. Ich bin eigentlich Soldat", sagte Langen in der ARD.
Lange "maßlos enttäuscht"
Der viermalige Olympiasieger André Lange, der die Bob-Pleite fassungslos auf der heimischen Couch verfolgt hatte, forderte Konsequenzen. "Wie alle Bobfans in Deutschland bin ich maßlos enttäuscht. Die Sportler haben sicher ihr Bestes gegeben, aber am Ende hat etwas gefehlt. Darüber sollte man sich im Verband Gedanken machen", sagte Lange dem SID.
Maximilian Arndt hätte die Total-Pleite noch abwenden können, doch der Weltmeister verpasste im großen Schlitten auf Platz sechs die anvisierte Medaille klar. Fassungslos starrte der 26-Jährige aus Oberhof auf die Anzeigetafel, ehe er durch eine russische Jubeltraube um den neuen Bobkönig Alexander Subkow rüde zur Seite gedrängt wurde.
Alexander "der Große", ein Putin-Vertrauter und ehemaliger Taxifahrer, sicherte sich nach seinem Triumph im Zweier auch im großen Schlitten Gold. Zweiter wurde der lettische Schnellstarter Oskars Melbardis (+0,09) vor Vancouver-Olympiasieger Steven Holcomb aus den USA (+0,39).
Probleme am Start
Arndt fehlten am Ende 0,43 Sekunden auf den Bronzerang, seine Chancen auf Edelmetall verspielte der zur Halbzeit noch Drittplatzierte mit zwei schwachen letzten Läufen. "Heute haben wir es selbst verdaddelt", sagte der als Kronprinz von Lange gehandelte Pilot.
Vor allem der schwache Start wurde Arndt zum Verhängnis: In allen vier Durchgängen legten er und seine Anschieber Marko Hübenbecker, Alexander Rödiger und Martin Putze die mit Abstand schwächsten Startzeiten aller Top-Teams hin. "Ich habe es nicht geschafft, dass die Jungs am Start konkurrenzfähig sind", gab Bundestrainer Langen zu.
Der ebenfalls enttäuschende Routinier Thomas Florschütz (Riesa) kam drei Tage nach seinem 36. Geburtstag nur auf Platz sieben. Zweier-Weltmeister Francesco Friedrich (Oberbärenburg) fuhr von Beginn an nur hinterher und wurde Zehnter. "Wir haben uns hier alle nicht mit Ruhm bekleckert.
Friedrich macht Hoffnung
Aber so ein Debakel wird uns in Zukunft nicht mehr passieren", sagte Friedrich. Die Fußstapfen der letzten deutschen Viererbob-Olympiasieger Langen (1998) und Lange (2002 und 2006) waren mindestens eine Nummer zu groß.
Zuletzt war ein deutsches Bobteam bei den Winterspielen 1964 in Innsbruck medaillenlos geblieben. Vor dem Vierer-Rennen hatten bereits die Zweierbobs bei den Männern und Frauen jeweils historische Pleiten kassiert.
Das mit dem DOSB ausgehandelte Ziel von drei bis fünf Medaillen wurde weit verfehlt, dem Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) drohen nun finanzielle Einschnitte.
Rückendeckung für Langen
"Ich hoffe, dass man bei der Bewertung auch unsere Erfolge der Vergangenheit berücksichtigt", sagte BSD-Sportdirektor Thomas Schwab, der Langen vorerst Rückendeckung gab: "Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und alles infrage stellen, was drei Jahre richtig gewesen war."
Eine Trennung käme nach Langens völlig verpatztem Olympia-Debüt als Bundestrainer aber nicht überraschend. Zuletzt hatten schon einige Heimtrainer wie Doppel-Olympiasieger Wolfgang Hoppe ("Schlechte Abschneiden ist hausgemacht") aus dem Hinterhalt geschossen.
Material-Zoff
Zudem steht Langen auch im Zentrum des offen ausgetragenen Material-Zoffs mit dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES).
Schon zu Olympiabeginn machte Langen keine gute Figur. Weil die Trainer zu spät zur obligatorischen Mannschaftsführersitzung gekommen waren, mussten die Zweierbobs als Strafe in allen Trainingsläufen von den letzten Startplätzen bei bereits ramponierter Bahn losfahren. Arndt hatte das Versäumnis süffisant einen "super Schachzug der Trainer" genannt.
Der Medaillenspiegel im Überblick