Materialstreit im deutschen Lager

SID
Francesco Friedrich belegte im Zweierbob nur den achten Rang und war damit bester Deutscher.
© getty

Der Schlitten war "nicht olympiatauglich", fuhr sich "wie ein Trabi" und schien "verhext": Nach der historischen Schmach von Sotschi hielten die frustrierten Piloten mit ihrer Kritik am nicht konkurrenzfähigen Zweierbob "208" nicht mehr hinter dem Berg.

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Ihre Vorwürfe deckten auch einen seit langer Zeit hinter den Kulissen ausgetragenen Materialstreit zwischen Ingenieuren auf der einen und Trainern auf der anderen Seite auf. Theorie und Praxis prallten hier aufeinander - herausgekommen ist das schlechteste Olympia-Ergebnis seit 58 Jahren.

"Ich habe nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen, aber ich habe in meiner Karriere alle meine Bobs selber entwickelt und gebaut", sagte Bundestrainer Christoph Langen und kritisierte, dass seine Ideen vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) nicht immer verwirklicht worden seien: "Es gibt Sachen aus der Praxis, die wir gerne umgesetzt gehabt hätten."

Kommunikation mit Trainern schwierig

Die FES-Verantwortlichen hielten sich ihrerseits mit Vorwürfen zurück und verwiesen auf ein Auswertegespräch mit dem Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) nach Olympia. Hinter vorgehaltener Hand ist aber zu hören, dass die Ingenieure über manche Vorschläge aus dem Sport höchst verwundert waren und die Kommunikation mit Trainern und Athleten äußerst schwierig war. Der für die Entwicklung des Zweierbobs verantwortliche Langen gab die Differenzen offen zu: "Die FES schimpft über uns, und wir schimpfen über die FES, aber das gehört dazu. Vor allem, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht."

Und das war eigentlich während der gesamten Saison der Fall gewesen. Mit viel Vorschusslorbeeren wurde der Olympiaschlitten "208" im Oktober der Öffentlichkeit präsentiert, und selbst Langen hatte damals orakelt: "Mit diesem Schlitten werden wir technisch und sportlich weit vorne sein." Doch Bauchschmerzen hatte der zweimalige Olympiasieger schon zu jener Zeit gehabt, weil der auf ein völlig neues Fahrverhalten ausgelegte Schlitten erst spät angeliefert wurde. Die Verzögerung war Langens größter Kritikpunkt. Während einer laufenden Weltcupsaison ist das Testen des Materials schwierig, auch deshalb fuhren die deutschen Piloten im kleinen Schlitten regelmäßig hinterher.

Materialnachteil im Viererbob geringer

Die völlig indiskutablen Plätze acht, elf und 15 der Piloten Francesco Friedrich, Thomas Florschütz und Maximilian Arndt im Sanki Sliding Center aber nur aufs Material zu schieben, wäre zu kurz gegriffen. Auch die Zeitrückstände am Start waren teilweise verheerend. Zudem kamen die Teams nicht fehlerfrei durch den Eiskanal. In der Königsdisziplin Vierer zum Abschluss am Sonntag dürfte der Materialnachteil deutlich geringer sein, weil der Schlitten auf dem alten, erfolgreichen System basiert.

Die FES ist seit Jahren der Materialpartner des BSD und hatte den deutschen Teams in der Vergangenheit nicht selten den entscheidenden Vorsprung im Kampf um Gold verschafft. Dass sich jetzt aber nicht mehr die Konkurrenz an Deutschland orientiert, zeigt die Kufenwahl von Weltmeister Friedrich am zweiten Tag: "Wir haben eine ähnliche Kufe wie die der Russen aufgelegt."

Trotz der derzeitigen Probleme will der BSD an der Kooperation mit dem staatlich geförderten Institut festhalten. "Die FES ist unser Sportgerätepartner, wir werden die Zusammenarbeit nicht infrage stellen", betonte Verbands-Generalsekretär Thomas Schwab.

Der Olympia-Zeitplan

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