Pressestimmen zu Russlands Olympia-Aus: "Das IOC hat die Penner rausgeschmissen"

SID
Thomas Bach (l.) und das IOC haben Russland von Olympia ausgeschlossen
© getty

Das IOC hat eine Entscheidung getroffen und Russland von den Winterspielen 2018 in Pyeongchang ausgeschlossen. Allerdings bleibt für manche Athleten eine Hintertür offen. Auch dafür beziehen IOC-Präsident Thomas Bach und seine Mannen Prügel. Hier gibt es die internationalen Pressestimmen.

Cookie-Einstellungen

USA

The Washington Post: "Die Schaufenster-Entscheidung des IOC zur Sperre Russlands berührt nicht wirklich den 'Staat' im Wort 'Staatsdoping'. Die russische Führung hatte vom IOC, ihrem willfährigem Partner, ja schon bekommen, was sie wollte: Den Gewinn durch die enorme Werbung mit den Winterspielen 2014. Das IOC verdient nun keine Glückwünsche für die Entscheidung. Es konnte, genau wie die WADA, nicht mal ein Mauseloch im Doping-Testlabor von Sotschi zustopfen, und zwar aus einem Grund: Weil es nicht wollte. Wir wüssten noch immer nicht von der Existenz dieses Mauselochs, wenn es Whistleblower Grigorij Rodtschenkow nicht gäbe. Das IOC hat nicht mehr getan, als einen Song und ein Stück Stoff in Pyeongchang zu verbieten. Wenn das IOC wirklich etwas gegen Staatsdoping hätte tun wollen, dann hätte es die Winterspiele damals nicht an ein Land vergeben, welches Staatsdoping praktisch erfunden hat. Wann wissen wir, dass das IOC es in Sachen Doping ernst meint? Wenn es die in die eigene Tasche arbeitende, bürokratische WADA niederreißt und einen sauberen Neuanfang startet."

The New York Times: "Trotz der übertriebenen Umschreibung, dass Russland von den Winterspielen ausgeschlossen worden sei, ist das Land wohl ziemlich glimpflich davongekommen. Die Strafe wäre deutlich härter gewesen, wenn allen russischen Sportlern die Teilnahme in Pyeongchang untersagt worden wäre. Das IOC hat Russland bestraft, die Tür für die Athleten aber offen gelassen - vielleicht zu weit offen. Die Sportler, welche die Starterlaubnis erhalten, werden Trikots tragen, welche sie als russische Starter identifizieren. Damit kommt das IOC den Russen im Versuch, einen Boykott zu verhindern, weit entgegen."

USA Today: "Glauben Sie an Wunder? Russland wurde endlich für den Doping-Missbrauch bestraft. Sie haben es getan, das IOC hat die Penner rausgeschmissen. Die teuflischste Staatsdoping-Maschine unserer Zeit, die schlimmste seit der DDR, hat endlich die Strafe erhalten, die sie verdient. In der langen, verworrenen Geschichte von Doping bei Olympia ist dies ein guter Moment. Wie signifikant wird es sich auswirken? Stellen Sie sich eine Medaillenzeremonie in zwei Monaten vor, ein russischer Sportler gewinnt Gold, aber es wir keine Hymne geben, kein blau-rot-weißes Trikot. Welche sichtbare Peinlichkeit wird das für Russland sein? Und welch wundervoll wohlvediente Strafe ist das für Wladimir Putin. Es ist unglaublich, aber das IOC hat sich gegen einen der seinen gerichtet."

New York Post: "Hut ab vor dem IOC für diese Entscheidung. Allerdings hatte es viele Beweise gegen Russland auch schon vor den Sommerspielen 2016 in Rio, als es diesen Schritt scheute. Anscheinend haben die Proteste der anderen Nationen und der betrogenen Athleten das Handeln des IOC nun stark beeinflusst. Immerhin hat es Wladimir Putin damit nun das richtige Zeichen gesendet."

Los Angeles Times: "Das IOC hat entschiedene Maßnahmen ergriffen, welche es bislang vermieden hatte."

RUSSLAND

Sport Express: "Die Sanktion ist hart und in gewisser Weise demütigend für Russland. Es ist sehr schwierig, die Anschuldigungen und Strafen zu ertragen. Aber das Schicksal unserer Sportler und das Erhalten unseren Platzes in der olympischen Familie ist wichtiger."

Iswestija: "Ohne Russland geht es nicht. Russische Athleten werden die Ehre ihres Mutterlandes unter jeder Fahne verteidigen."

ENGLAND

The Telegraph: "Ohne Zweifel, die Entscheidung von Dienstag war ein Schritt in die richtige Richtung. Aber es war nur das. Halber Job erledigt. Für das Wohl der Sportlerinnen und Sportler weltweit hätte es einen Komplettausschluss der russischen Athleten vom internationalen Sport geben müssen. Wie kann man neutral sein? Diese Sportlerinnen und Sportler sind immer noch Russen."

Daily Mail: "Es ist ein Schritt, der wieder die Anschuldigungen von schwacher Führung beim IOC laut werden lässt."

BBC Sport: "Es ist ein schwarzer Tag für den russischen Sport. Die Strafe gegen Russland ist beispiellos in der olympischen Geschichte. Das IOC hat sich endlich hart gegenüber den Russen gezeigt."

The Guardian: "Zu lange hat das IOC eine seltsame Abneigung dagegen gezeigt, russisches Doping zu bestrafen. Am Dienstag hatte das IOC schließlich keine andere Wahl mehr, als zu handeln. Die Wahrheit hat die Zurückhaltung und Verteidigung überwältigt."

ITALIEN

La Repubblica: "Für Sünden zahlt man, auch wenn man die Flecken entfernt. Der IOC entscheidet sich für den Kompromiss, aber auch für die Strafe. Er entscheidet sich für die Linie des Leichtathletik-Weltverbands. Die einzelnen Athleten dürfen nicht für die Schulden eines ganzen Systems zahlen. Der IOC ist konservativer als die ägyptischen Pharaos und bewegt sich stets mit größter Umsicht. Wenn er seinem Exekutivkomitee erlaubt, gewisse Entscheidungen zu treffen, bedeutet das, dass die Regeln gravierend verletzt worden sind."

Corriere della Sera: "Die Höchststrafe, der totale Bann von den Olympischen Spielen in Pyeongchang, wäre für Russland vielleicht weniger demütigend gewesen. Ein kleines russisches Athletenkontingent wird zu den Spielen zugelassen, doch ohne Fahne und ohne Nationalhymne. Ab heute hat Putin ein Problem: Wie kann er die Fußball-WM retten, ohne seinen Vertrauensmann Mutko zu opfern?"

Gazzetta dello Sport: "Der Beschluss war im Grunde erwartet, doch er bleibt präzedenzlos. Bisher war noch kein Land wegen Dopings von den Olympischen Spielen ausgeschlossen worden. Und noch nie war eine sportliche Supermacht wie Russland ausgeschlossen worden. Die olympische Bewegung hat eine der gewalttätigsten Attacken in ihrer 120-jährigen Geschichte erlitten. Über den Weltsport wehen eisige Winde."

Corriere dello Sport: "Russland zahlt einen hohen Preis für den eklatanten Fall von Staatsdoping. Die Sanktionen betreffen auch sportliche und politische Chefs, die lebenslänglich von den Olympischen Spielen verbannt werden. Das IOC erteilt schwere Strafen, macht jedoch zugleich klar, dass saubere Athleten nichts zu befürchten haben."

La Stampa: "Eine Ohrfeige für Russland. Vizepremier Mutko, die schwarze Seele des russischen Sports, wird lebenslänglich verbannt. Damit entsendet das IOC indirekt auch eine Botschaft an die FIFA. Seit fast zwei Jahren hatte der internationale Sport auf diese Strafe gewartet. Das IOC bezeugt, dass Russland die Integrität der Olympischen Spiele angegriffen hat. Das ist die Mindeststrafe für einen enormen Skandal, der den Weltsport erschüttert hat."

ÖSTERREICH

Der Standart: "Herausgekommen ist das erwartete, und wohl auch vernünftige 'Nein, aber'. Die Winterspiele müssen nicht - wohl gemerkt supersauberer - russischer Athleten entbehren. Wohl aber russischem Gepränge - die Hymne, die Fahne, vor allem aber die unselige Funktionärs- und Betreuerriege, die offensichtlich mit der Ausführung eines fast beispiellos dreisten Sportbetrugs beauftragt war, ist unerwünscht. Dem durchaus nicht russophoben Chefolympier Thomas Bach kam entgegen, dass sich vermehrt Sportler anderer Nationen gegen eine Kollektivstrafe aussprachen. Und dass Winterspiele doch zweitrangig sind. Bachs Nagelprobe folgt 2020, wenn Tokio die Jugend der Welt zu Sommerspielen ruft - auch aus einem hoffentlich, hoffentlich, geläuterten Russland."

Kurier: "Ein Komplett-Ausschluss - es wäre der erste in der 121-jährigen Geschichte der Olympischen Spiele wegen Doping-Verstößen - blieb Russland erspart. Die Konsequenzen, die das IOC zieht, sind weitreichend, fallen aber weniger dramatisch aus als zunächst erwartet." SCHWEIZ

Blick: "IOC-Präsident Bach zieht die Notbremse. Obwohl die Beweise gegenüber einem Jahr die gleichen geblieben sind, konnten er und sein IOC nicht mehr anders. Es ist ein weiser Entscheid. Indem das IOC den Russen mit der neutralen Flagge ein Türchen offen lässt, ist die juristische Angriffsfläche mit dem Vorwurf von Sippenhaft überschaubar."

Neue Zürcher Zeitung: "Dem IOC gelingt in der Affäre um das russische Staatsdoping die Quadratur des Kreises. Das Urteil geht weiter, als gemeinhin erwartet wurde. Und doch bleibt ein ungutes Gefühl. Hart trifft das Urteil einzig den einstigen Sportminister Mutko, der den russischen Fußballverband und das Organisationskomitee der nächsten Fußball-WM führt. Er ist die Schachfigur, die kippt."

Tagesanzeiger: "Nicht einmal die größten Verteidiger des IOC hätten diesen Entscheid der Ringehüter für möglich gehalten. So überraschend der Beschluss kommt, so logisch ist er zugleich. Als Mitkämpfer gegen das Böse bietet das IOC nun deutlich weniger Angriffsfläche denn als Verwedler von Riesenproblemen in der eigenen Sportfamilie."

NIEDERLANDE

NRC Handelsblad: "Das IOC hat nicht den Mut gehabt, Russland vollkommen auszuschließen. Der Dopingbetrug ist bewiesen, aber das IOC wählt einen Zwischenweg. Russland wird nicht ausgeschlossen, aber saubere Sportler dürfen teilnehmen. Durch diese Ausnahme wird der Rat der Welt-Antidoping-Agentur WADA ignoriert."

De Volkskrant: "Die Botschaft des IOC hätte in der Tat für russische Sportler ungünstiger ausfallen können. Der Ausschluss des russischen Teams war das Mindeste, was die Russen erwarten konnten: In den vergangenen Wochen ließ das IOC erkennen, dass es durch das Verhängen lebenslanger Sperren sich der Existenz des russischen Staatsdopingprogramms sicher war."

Artikel und Videos zum Thema