Fast auf den Tag genau 26 Jahre nach dem Gewinn ihrer ersten Olympiamedaille hat sich der große Traum vom zehnten Edelmetall für Deutschlands Rekord-Olympionikin nicht erfüllt.
Dreimal nacheinander (1994 bis 2002) hatte die Eisschnellläuferin olympisches Gold auf ihrer Paradestrecke 5000 m geholt, am Freitag blieb die Sensation im Generationenduell aus. In 7:05,43 Minuten wurde die hoch gehandelte Pechstein letztlich abgeschlagen Achte - der "Eis-Oma" waren die Kräfte ausgegangen.
Gold ging an die 22-jährige Esmee Visser aus den Niederlanden, die mit Bahnrekord von 6:50,23 Minuten ihrer Rolle als Geheimfavoritin gerecht wurde. Zweite wurde die dreimalige Olympiasiegerin Martina Sablikova (Tschechien/6:51,85) vor der Russin Natalja Woronina (6:53,98).
Untersützung für Pechstein groß
Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann, sprach Pechstein unmittelbar nach dem Rennende Mut zu. "Natürlich ist es schade für sie. Wir hätten es ihr alle von Herzen gegönnt. Ich bin mir sicher, sie hat wie immer im Leben alles gegeben", sagte er.
Daran hatte niemand im vergleichsweise spärlich besetzten Gangneung Oval einen Zweifel. Schon beim Aufwärmen wurde Pechstein ein herzlicher Empfang bereitet. Sie winkte lächelnd ins Publikum, das Applaus und Jubel erwiderte. Als es um 20.57 Uhr Ortszeit für Pechstein vor den Augen der versammelten DOSB-Spitze ernst wurde, war es dagegen totenstill.
Im vorletzten von sechs Paaren trat die routinierte Berlinerin neben der kanadischen Top-Läuferin Ivanie Blondin an die Startlinie. Sie richtete ihren Blick auf das Eis, ehe sie mit dem Startschuss mit schnellen Schritten die zwölfeinhalb Runden lange Kraftprobe begann.
Fehlender Rhythmus wird zum Problem
Pechstein lief gegen die 18 Jahre jüngere Blondin zu Beginn ein starkes Rennen, während sich auf der Tribüne ihr Lebensgefährte Matthias Große die Seele aus dem Leib brüllte. Der als Mentalcoach vom DOSB akkreditierte Unternehmer schrie, wild gestikulierend trieb er Deutschlands Rekord-Olympionikin an. "Jawoll! Jawoll!" rief er auf das Eis. Immer wieder reckte er die Siegerfaust in die Höhe.
Anfangs schien die Geste berechtigt zu sein: Pechstein startete mit außerordentlich schnellen Runden, mittlere 32er Zeiten waren die Regel. Nach rund 3000 Metern verlor Pechstein aber erst Blondin, dann auch die Medaillenränge aus den Augen. Pechstein, sonst bekannt dafür, konstante Rennen laufen zu können, brach ein. 34,94, 35,31, 35,72, 35,57 - "Claudia macht zu wenig Rhythmus, das tut jetzt echt weh", sagte ihre einstige Rivalin Anni Friesinger-Postma bei Eurosport.
Außenseiterin beim Massenstart
Im Ziel verzichtete Pechstein auf ihre inzwischen berühmt-berüchtigte Geste. Sie hielt sich nicht wie so oft in der Vergangenheit mahnend den rechten Zeigefinger vor den Mund, um eine klare Botschaft an ihre Kritiker, allen voran aber an den Weltverband ISU zu senden. Dieser hatte sie 2009 wegen erhöhter Blutwerte für zwei Jahre gesperrt, gegen die "Unrechtssperre", wie Pechstein sie nennt, wehrt sie sich bis heute juristisch. Die Vorstellung, dass ihr ein Verbandsvertreter die zehnte Olympiamedaille umhängt, hatte Pechstein wiederholt als Ansporn bezeichnet.
Die 5000 m waren Pechsteins größte Chance auf eine Medaille. Hinter den Aussichten der von ihr angeführten Teamverfolgung steht ein Fragezeichen, da Roxanne Dufter aus Inzell zuletzt erkrankt war und nicht topfit ist. Auch beim erstmals im olympischen Programm stehenden Massenstart ist Pechstein trotz ihres Weltcupsieges Anfang Dezember in Calgary Außenseiterin.