Drei Tage nach dem Ende der Winterspiele von Pyeongchang hat das IOC seinen angekündigten Schlussstrich unter die Russland-Causa gezogen. Am Mittwoch hob das IOC den Bann gegen das russische Olympia-Komitee ROC offiziell auf - die Sperre nach der Enthüllung des Staatsdopingskandals endete nach gerade einmal 85 Tagen mit einer kurzen Mitteilung.
Darin bestätigte das IOC, dass die Dopingtests in Pyeongchang keine weiteren positiven Befunde von "Olympischen Athleten aus Russland" ergeben hätten. "Wie auf der Exekutiv-Sitzung am 25. Februar beschlossen, ist damit die Suspendierung des Russischen Olympischen Komitees automatisch und mit sofortiger Wirkung aufgehoben", hieß es in der Mitteilung.
Zuvor hatte bereits der ROC-Vorsitzende Alexander Schukow in Moskau verkündet: "Die Entscheidung des IOC ist von immenser Bedeutung für uns, denn dadurch sind die Rechte des Russischen Olympischen Komitees vollständig wiederhergestellt."
Das ROC, das die Ergebnisse des McLaren-Reports noch immer nicht anerkannt und dem Vernehmen nach eine Strafzahlung in Höhe von 15 Millionen Dollar (12,14 Millionen Euro) geleistet hat, sei per Brief über die Entscheidung informiert worden.
Russische Athleten unter neutraler Flagge
Am 5. Dezember vergangenen Jahres hatte das IOC den Bannstrahl auf Russland gerichtet und nur ausgewählte, "saubere" Sportler in Südkorea unter neutraler Flagge starten lassen. Eigentlich hatte das IOC um Präsident Thomas Bach die Aufhebung der Suspendierung noch am Morgen vor der Schlussfeier beschließen wollen - doch zwei russische Dopingfälle in Südkorea hatten das Vorhaben platzen lassen.
Der Curler Alexander Kruschelnizki und die Bob-Pilotin Nadeschda Sergejewa waren während der Spiele aufgeflogen. Die verbliebenen 166 Starter der Sport-Großmacht mussten nach der Ausbeute von zwei Gold-, sechs Silber- und neun Bronzemedaillen auch bei der Schlussfeier unter der neutralen, olympischen Flagge einziehen.
DOSB-Präsident Alfons Hörmann hatte schon nach der Entscheidung der IOC-Exekutive betont, dass der Fall nach einer Wiedereingliederung der Russen noch nicht erledigt sei: "Es liegt nun an den Verantwortlichen des russischen NOK, die dringend notwendigen Veränderungen zeitnah und konsequent umzusetzen. Erst dann kann Russland wieder voll akzeptiertes Mitglied der Olympischen Familie werden."
Aus der deutschen Politik gab es am Mittwoch harsche Kritik. "Wir haben Dopingfälle innerhalb der russischen Mannschaft gehabt", sagte Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, am Mittwoch dem SID: "Die werden als Einzelfälle abgetan. Aber entscheidend ist doch, dass sich Russland niemals dazu bekannt hat, was vor Sotschi und in Sotschi passiert ist." Die SPD-Politikerin sprach von einem "Desaster" und einem "Schlag ins Gesicht aller sauberen Athletinnen und Athleten".
Auch die Vereinigung der führenden Nationalen Anti-Doping-Agenturen (iNado) hatte das IOC schon für die Ankündigung kritisiert. Dies sei "ein weiterer kurzlebiger Deal", heißt es in einer Stellungnahme von iNado. Der Umgang des IOC mit dem Thema habe sich von "schlecht" zu "schlechter" entwickelt.
WADA zeigt sich skeptisch
Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) begegnete dem IOC-Kurs ebenfalls mit Skepsis. Es müsse "klargestellt werden", teilte die WADA mit, "dass die russische Anti-Doping-Agentur RUSADA weiterhin nicht den Welt-Anti-Doping-Kodex erfüllt".
Bei den am 9. März beginnenden Paralympics in Pyeongchang bleibt die Suspendierung der russischen Athleten indes bestehen. Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) hat nur 30 besonders überprüfte Sportler aus dem verbannten Land als "Neutrale Paralympische Athleten (NPA)" nach Südkorea eingeladen.
Die Aktiven werden von sechs Helfern für die Wettbewerbe der Sehbehinderten begleitet. 39 weitere Offizielle komplettieren die unter neutraler Flagge startende NPA-Delegation.