"Das IOC hatte erwogen, die Suspendierung gegen Russland aufzuheben. Zwei Athleten haben bei den Spielen aber gegen die Doping-Richtlinien verstoßen, was sehr enttäuschend war und das IOC von der Aufhebung der Suspendierung abgehalten hat", sagte IOC-Präsident Thomas Bach während der Session des Ringeordens am Sonntagmorgen (Ortszeit) in Pyeongchang.
Bach bezog sich damit auf die Dopingfälle des Curlers Alexander Kruschelnizki und der Bob-Pilotin Nadeschda Sergejewa, die während der Spiele aufgeflogen waren. Um sich eine breite Unterstützung zu sichern, ließ Bach die IOC-Vollversammlung abstimmen und erhielt am Ende wie gewöhnlich den Zuspruch aller anwesenden IOC-Mitgliedern. Viele waren es am Sonntag allerdings nicht mehr: Nur 52 von 97 stimmberechtigten Mitgliedern nahmen an der Abschlusssitzung der 132. Session in Pyeongchang teil.
Keine russische Fahne bei Abschlussfeier - baldige Aufhebung der Saktion
Die 168 russischen Athleten müssen am Sonntagabend wieder unter der neutralen, olympischen Fahne ins Stadion einziehen. Das IOC hatte bei der Suspendierung Russlands am 5. Dezember wegen des Doping-Skandals bei den Winterspielen in Sotschi 2014 die Möglichkeit in Aussicht gestellt, Russland zur Abschlussfeier zu begnadigen.
Doch all zu lange wird sich die Sport-Großmacht nicht ärgern müssen. "Die Sanktion ist aufgehoben, sobald klar ist, dass keine weiteren Dopingfälle aus Pyeongchang dazukommen", sagte Bach während seiner Abschluss-Pressekonferenz: "Ein weiterer Beschluss des IOC ist dazu nicht notwendig." Eine Wiederaufnahme könnte damit wohl schon in der kommenden Woche vollzogen werden. Sollten noch positive Proben auftauchen, werde die Exekutive wieder zusammenkommen und über Maßnahmen diskutieren, sagte Bach.
Hörmann warnt Russland trotz bevorstehender Wiedereingliederung
DOSB-Präsident Alfons Hörmann sprach von einem "Signal von großer Bedeutung" für Russland und den gesamten Weltsport, "denn Russland bleibt damit nach den gravierenden Verstößen gegen das Fairplay unter intensiver Beobachtung."
Hörmann sieht den Fall selbst bei einer Wiedereingliederung der Russen nicht als erledigt an: "Es liegt nun an den Verantwortlichen des russischen NOK, die dringend notwendigen Veränderungen zeitnah und konsequent umzusetzen. Erst dann kann Russland wieder voll akzeptiertes Mitglied der Olympischen Familie werden."
Hoevertsz: "keine organisierte Aktivität" - Schlussstrich herbeigesehent
Vor dem Votum der IOC-Mitglieder hatte Nicole Hoevertsz, Vorsitzende der IOC-Beobachtergruppe für Russland, die Ergebnisse ihrer Arbeit vorgestellt. Das IOC-Mitglied aus Aruba lobte die "Olympischen Athleten aus Russland" und deren Delegation für beispielhaftes und vorbildliches Verhalten in Pyeongchang. Die beiden Dopingverstöße bezeichnete sie als "isolierte Einzelfälle", die auf "keine organisierte Aktivität" hindeuteten.
Hoevertsz schlug auch vor, mit diesem Urteil endlich einen Schlussstrich unter die Dopingkrise um Russland zu ziehen. Das sah auch der frühere IOC-Vize John Coates so. Der jetzige Präsident des Internationalen Sportgerichtshof CAS wies darauf hin, dass die Russen die Dopingfälle rasch akzeptiert hätten. "Sie haben die Vorschläge der IOC-Exekutive unterstützt. Ich bin auch dafür, dass man das Thema zum Ende führt", sagte der Australier.
Weitere Maßnahmen noch offen
Die Kanadierin Tricia Smith schlug vor, dass die Aufhebung der Suspendierung an zusätzliche Bedingungen geknüpft sein müsste. So solle ein genauer Plan von Russland, dem IOC und der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA entwickelt werden, der Russland den Weg zu einer dopingfreien Sportkultur weisen soll.
Russland schien mit dem Urteil zunächst einverstanden zu sein. Das russische IOC-Mitglied Shamil Tarpischew äußerte die Hoffnung, dass mit der Entscheidung ein "neues Kapitel" im russischen und olympischen Sport geschrieben werden könne.
In dem Briten Adam Pengilly und Richard Pound fehlten am Sonntag zwei der größten Kritiker von Bachs Kurs in der Russland-Politik. Pengilly hatte Südkorea nach einem Vorfall mit einem Wachmann verlassen, Pound reiste nach eigenem Bekunden aus Protest gegen die Russland-Politik der IOC-Spitze vorzeitig ab.