Russland gesteht den Dopingfall des Curlers Kruschelnizki ein - und will trotzdem vor der Schlussfeier der Winterspiele begnadigt werden.
Russland ist im Doping-Fall des Curlers Alexander Kruschelnizki mit einer durchsichtigen Strategie in die Offensive gegangen. Das russische Nationale Olympische Komitee ROC bestätigte am Dienstag eine positive B-Probe Kruschelnizkis auf das verbotene Herzmedikament Meldonium - und will trotzdem den Kopf aus der Schlinge ziehen. Das Ziel bleibt, als stolze russische Nation an der Schlussfeier der Winterspiele von Pyeongchang teilzunehmen.
"Wir bedauern den Vorfall sehr", schrieb das ROC in seiner Stellungnahme, bevor es gleich eine ganze Reihe vermeintlich entlastender Argumente vorbrachte.
Die Meldonium-Konzentration bei dem Bronzemedaillen-Gewinner von Pyeongchang sei "absolut bedeutungslos für jedweden Effekt auf den menschlichen Körper" gewesen, hieß es. Zudem seien Kruschelnizkis vorangehende Tests negativ gewesen.
Daraus schloss das ROC, dass die Einnahme "unwissentlich und nicht systematisch" erfolgt sei. Man habe keine Erklärung dafür, wie die Substanz in den Körper des Athleten gelangt sein könnte, schrieb das derzeit suspendierte NOK und kündigte eine "umfassende" strafrechtliche Untersuchung der Umstände des Vorfalls" an. Kruschelnizki selbst hatte gemutmaßt, dass ihm ein Team-Rivale im Trainingslager Meldonium ins Getränk geschüttet hat.
Russland greift auf Wiedereingliederung des IOC vor
Gleichzeitig griffen die Russen auf das Wiedereingliederungs-Verfahren des IOC vor und stellten sich als unbescholtene Sportnation dar, ohne eine Schuld im Staatsdopingskandal einzugestehen.
"Wir möchten betonen, dass in Russland in den letzten Jahren in enger Zusammenarbeit mit der WADA und dem IOC große Anstrengungen zur Bildung eines grundsätzlich neuen Anti-Doping-Systems unternommen wurden", hieß es: "Unsere Athleten bestehen regelmäßig und häufiger als andere die Doping-Tests."
Zudem legte das ROC dem IOC eine mögliche Begründung für ein Begnadigung noch vor der Schlussfeier auf den Präsentierteller. "Gleichzeitig sind positive Tests, wie bei dem aktuellen Vorfalls, rein individuell", schrieb das ROC.
Kreschelnizki: Positiver Test ist ein "Schock"
Auch Kruschelnizki selbst meldete sich am Dienstag in einer auf der Homepage des Curling-Verbandes veröffentlichten Mitteilung noch mal zu Wort. Der positive Test sei ein "Schock" gewesen, er habe niemals in seiner Karriere verbotene Substanzen genommen. Sportminister Pawel Kolobkow begleitete das Statement mit der Aussage, Doping ergebe im Curling ohnehin keinen Sinn.
Offiziell durch den Internationalen Sportgerichtshof CAS bestätigt war der Fall am Dienstag zum Zeitpunkt der ROC-Veröffentlichung am Abend Pyeongchang-Zeit noch immer nicht. Der CAS hatte am Montag lediglich bekanntgegeben, gegen den Curler zu ermitteln. Offenbar hat es noch immer keine in Dopingverfahren vorgeschriebene Anhörung des unter Verdacht stehenden Sportlers gegeben.
Der russische Curling-Verbandschef Dimitri Swischtschew wurde in einheimischen Medien zitiert, dass er am Donnerstag zu einer Verhandlung nach Seoul reisen werde. Das ROC ging in seiner Stellungnahme nicht darauf ein.
Aufhebung der ROC-Suspendierung vor der Schlussfeier?
Am Samstag trifft sich das Exekutiv-Komitee des IOC, um über eine mögliche Aufhebung der ROC-Suspendierung noch vor der Schlussfeier am Sonntag zu beraten.
Eine Antwort auf die Frage, ob der Fall Kruschelnizki in diesem Zusammenhang ein Ausschlusskriterium darstellen könnte, blieb das IOC auch am Dienstag schuldig.
Für eine Begnadigung müssten die "Olympischen Athleten aus Russland" nach Aussagen von IOC-Sprecher Mark Adams "den Wortlaut und den Geist" der IOC-Vorgaben einhalten.
CAS bestätigt zweiten Dopingfall
Wie diese im Detail aussehen, ist nicht bekannt. Eine IOC-Kommission unter Leitung des Exekutivmitglieds Nicole Hoevertsz beobachtet die OAR in Pyeongchang und soll der Exekutive eine Handlungsempfehlung geben.
Der zweite offiziell durch den CAS bestätigte Dopingfall in Pyeongchang ging im Trubel um den russischen Curler beinahe unter. Dem slowenischen Eishockeyspieler Ziga Jeglic wurde der unerlaubte Gebrauch des Asthmamittels Fenoterol nachgewiesen.
Der 29 Jahre alte Stürmer, der beim russischen KHL-Klub Neftechimik Nischnekamsk unter Vertrag steht und in der Saison 2013/14 mit dem ERC Ingolstadt Meister in der DEL geworden war, wurde von den Spielen ausgeschlossen und muss das Olympische Dorf verlassen. Jeglic akzeptierte laut CAS die Maßnahmen.