Während die Schwedin Kalla im Skiathlon das erste Gold der Olympischen Spiele von Pyeongchang gewann und einen historischen Coup von Norwegens Loipen-Königin verhinderte, musste Fessel unmittelbar vor Rennstart passen - für das deutsche Langlauf-Team begann Olympia mit der befürchteten Pleite.
"Ich hatte schon die letzten Tage kaum Stimme, beim Einlaufen bekam ich heute einfach nicht richtig Luft. So macht das keinen Sinn", sagte die geknickte Fessel. Die 34 Jahre alte Oberstdorferin, beste deutsche Distanzläuferin, fügte ihrer langen Krankenakte ein weiteres bitteres Kapitel hinzu. Als beste Deutsche landete Victoria Carl auf Platz 20.
Mit dem Prädikat "steigerungsfähig" stattete der Sportliche Leiter Andreas Schlütter das Abschneiden seiner Mädels nach dem schlechtesten Olympia-Auftakt seit 1998 noch recht milde aus. Den Beweis, international mehr als zweitklassig zu sein, blieben die deutschen Läuferinnen zum Olympia-Auftakt schuldig, der Druck wird dadurch nicht geringer.
Björgen ohne Chance gegen Kalla
In einer eigenen Liga spielte derweil Kalla. Die 30-Jährige ließ in einem taktisch tadellosen Rennen selbst ihre Erzrivalin Björgen stehen, die schwedischen Fans bejubelten das so wichtige 1:0 im ewig jungen Duell der beiden Langlauf-Großmächte. "Ich habe ein sehr schönes Gefühl im Bauch, es sprudelt vor Freude und Erleichterung", sagte Kalla, die mit 18 Medaillen bei Großereignissen Schwedens Langlauf-Legende Gunde Svan überholte: "Es ist sehr schmeichelhaft, im gleichen Satz wie Gunde genannt zu werden."
Björgen, die ihr siebtes Olympia-Gold um 7,8 Sekunden verpasste, aber immerhin die drittplatzierte Finnin Krista Parmakoski (+10,1) auf Distanz hielt, gratulierte herzlich - sie und Kalla pflegen einen durchaus freundschaftlichen Umgang. IOC-Präsident Thomas Bach klopfte Björgen im Ziel aufmunternd auf die Schultern.
Das verbliebene deutsche Trio hatte nur in der Anfangsphase mithalten können. Die frühere Junioren-Weltmeisterin Carl (22) führte das Rennen zeitweise an, auch die ein Jahr jüngere Hennig zeigte sich in vorderster Front. "Als ich nach der ersten Runde geführt habe, war ich voll verdutzt", sagte Carl, die von einem "insgesamt guten Olympia-Debüt" sprach.
Henning auf Platz 22
Als Björgen dann nach einem Renndrittel ernst machte, war es um die DSV-Küken geschehen. Hennig wurde letztlich 22. und konnte ihr glänzendes WM-Ergebnis aus dem Vorjahr (Platz elf) nicht bestätigen. Die früh abgehängte Veteranin Stefanie Böhler kam nicht über Platz 25 hinaus.
"Die Mädels haben gekämpft und nicht aufgegeben. Das zählt für mich. Steffi kann natürlich mehr", sagte Schlütter. Und zu Fessel: "Es war vernünftig, dass sie nicht angetreten ist - wir brauchen sie noch für die Teamwettbewerbe."
Björgen, die im Dezember 2015 Söhnchen Marius zur Welt gebracht hatte, gewann zum Auftakt ihrer fünften Winterspiele seit 2002 die elfte Medaille. Nur ihre Landsleute Ole Einar Björndalen (Biathlon/12) und Björn Dählie (Skilanglauf/11) haben mehr Medaillen bei Winterspielen gewonnen. Die 37 Jahre alte Björgen verpasste es, zur ältesten Einzelsiegerin bei Olympischen Winterspielen zu werden. Dies bleibt vorerst die deutsche Rodlerin Sylke Otto, die 2006 in Turin knapp anderthalb Jahre jünger war.