Stoppt das Team of Destiny den geraden Trend?

Marcus Blumberg
06. Oktober 201615:22
Hunter Pence will mit den Giants erneut die World Series gewinnengetty
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Der Oktober ist gekommen, die Wild-Card-Games liegen hinter uns und die heiße Phase der MLB Postseason beginnt. In der American League erwarten wir ein Schlagfest, während in der National League das Team of Destiny gegen den Trend ankämpft. SPOX blickt auf die League Division Series und wagt erste Prognosen.

Texas Rangers (95-67) - Toronto Blue Jays (89-73)

Ausgangslage:

Schon in der NLDS kommt es zu einem Schlagabtausch der Extraklasse. In der in Texas beginnenden Serie treffen die zwei noch verbliebenen Playoff-Teilnehmer mit der größten Power aufeinander. Die Blue Jays kamen in der Regular Season auf 221 Homeruns, die Rangers auf 215.

Die Rangers gewannen mit großem Abstand ihre American League West und sicherten sich damit schon recht früh den Platz in den Playoffs. Dies ist schon deshalb bemerkenswert, weil der japanische Star-Pitcher Yu Darvish nach einer Ellenbogen-Operation im Vorjahr die halbe Saison verpasste und mit Prince Fielder der eigentliche Power Hitter des Teams seine Karriere verletzungsbedingt beenden musste. Überdies trennte sich das Team vom ehemaligen Superstar Josh Hamilton, der sportlich kaum noch relevant war.

Für die Blue Jays ging es weniger entspannt zu. Sie mussten bis zum Ende um die Playoffs kämpfen und mussten über die Wild Card gehen. Das Spiel gewannen sie mit 5:2 gegen die Baltimore Orioles durch einen Monster-Walk-Off-Homerun von Edwin Encarnacion im elften Inning.

Beide Teams trafen in der Regular Season sieben Mal aufeinander, die Serie ging mit 4-3 an die Kanadier, die allerdings ein Heimspiel mehr hatten. Im Globe Life Park gewann Texas zwei von drei Spielen. Im Vorjahr trafen beide überdies auch in der ALDS aufeinander, damals hatte Toronto den Heimvorteil und gewann in fünf Spielen.

Players to watch:

Auf dem Kalender steht offiziell Oktober, also muss man an dieser Stelle auf Designated Hitter Carlos Beltran schauen. Der 39-Jährige, der vor der MLB-Trade-Deadline von den Yankees nach Texas getradet wurde, ist einer der produktivsten Postseason-Hitter überhaupt. In 52 Playoff-Spielen schlug er .332 mit 16 Homeruns und 40 RBI. Immer, wenn es so langsam kalt wird, dreht er scheinbar so richtig auf. Einzig ein Ring fehlt dem Mann aus Puerto Rico noch.

Daneben ist Second Baseman Rougned Odor zu nennen, der exorbitante Power demonstrierte und mit 33 Homeruns die drittmeisten auf seiner Position sammelte. Zudem darf man gespannt sein, wie Starting Pitcher Cole Hamels bei seinem persönlichen Postseason-Comeback auftreten wird. Er hatte zuletzt 2011 für die Philadelphia Phillies im Oktober gepitcht und hat schon sieben Siege auf dem Konto - dazu war er MVP der World Series 2008.

Auf Seiten der Blue Jays rückt zwangsläufig First Baseman Edwin Encarnacion in den Vordergrund. Nicht nur ist er der Hauptgrund, warum Toronto noch dabei ist, er ist auch die große Konstante des Teams über die gesamte Saison gesehen. Encarnacion war so ziemlich der einzige Spieler der Kanadier, der die gesamte Saison über fit blieb und auf konstant hohem Niveau agierte. Nicht zufällig führt er die Seinen mit 42 Homeruns und 127 RBI an.

Allerdings: Auch der amtierende American-League-MVP Josh Donaldson spielte äußerst konstant - er kam auf 37 Homeruns und 99 RBI, führte das Team zudem mit 122 Runs an. Auf die beiden wird zu achten sein - zudem ist auch Jose Bautista ein Spieler, auf den zu achten ist, hat er seine langwierigen Verletzungsprobleme doch auch noch rechtzeitig hinter sich gelassen.

Prognose:

Im Oktober entscheidet normalerweise das bessere Pitching über Sieg und Niederlage, doch in dieser Serie könnte dieses ungeschriebene Gesetz durchaus widerlegt werden. Beide Teams verfügen über enormes Offensivpotenzial und so ist es denkbar, dass ein echter Shootout dabei herauskommt. Sollte es so kommen, sind fünf Spiele durchaus denkbar. Am Ende setzen sich dann aber doch die Rangers durch, die in diesem Fall wohl zweimal auf Playoff-Veteran Hamels setzen können. Rangers in 5.

Cleveland Indians (94-67) - Boston Red Sox (93-69)

Ausgangslage:

Der Sieger der American League Central trifft auf den Sieger der American League East. Die Indians wiederum hatten insgesamt weniger Mühe mit ihrem Verfolgerfeld und entschieden die Division daher recht komfortabel für sich. Boston pendelte sich letztlich auch bei beachtlichen vier Spielen Vorsprung ein, hatte aber gerade am Anfang doch ein wenig mehr zu kämpfen.

Ansonsten sind beide Teams ziemlich auf Augenhöhe anzusiedeln. Während die Red Sox die meisten Runs in der MLB erzielten, ließen die Indians im Schnitt die zweitwenigsten Runs in der American League zu.

Über allem steht jedoch das Motto des Wiedersehens von alten Bekannten. Der Manager der Indians ist nämlich Terry Francona, der mit den Boston Red Sox zweimal die World Series gewann und damit den berüchtigten "Curse of the Bambino" besiegte und den Red Sox 2004 erstmals seit Ewigkeiten wieder einen Titel bescherte. Zudem war Indians-First-Baseman Mike Napoli Teil des World-Series-Teams der Red Sox von 2013.

Die Indians gewannen zweimal die World Series, zuletzt allerdings 1948. Bei den Red Sox stehen derweil acht Trophäen in der Vitrine, die letzte ist aus 2013.

Players to watch:

Die große Stärke der Indians ist das Pitching und hier ist Pitching Ace Corey Kluber hervorzuheben. Nachdem er im Vorjahr den Cy Young Award für den besten Pitcher des Jahres gewann, erlebte er einen etwas schwächeren Saisonstart, stabilisierte sich aber schnell wieder und gewann respektable 18 Spiele mit einem ERA von 3.14 bei 227 Strikeouts.

Offensiv verteilt sich die Run-Produktion auf viele Schultern, wobei Designated Hitter Carlos Santana sicherlich der gefährlichste Spieler ist. Zusammen mit Napoli kommt er auf je 34 Homeruns, Napoli führte das Team zudem mit 101 RBI an. Den besten Schlagdurchschnitt weist indes Shortstop Francisco Lindor auf (.301), der vollends in der MLB angekommen ist.

Boston verfügt über drei Spieler, die mindestens 30 Home Runs und 100 RBI zustande brachten. Doch der Mann, auf den das Rampenlicht besonders gerichtet ist, heißt - immer noch - David Ortiz. Er wird seine letzte Postseason vorm Karriereende begehen und wird sicherlich alles tun, um doch noch den vierten Ring seiner Karriere einzusacken.

Im Pitching kommt es auf David Price an, der allerdings auf eine verheerende Playoff-Vita verweisen muss. Er gewann zwar im Vorjahr mit den Blue Jays gegen Texas, doch in der ALCS gegen Kansas City wurde er regelrecht verhauen. Im Schnitt ließ er über 63 1/3 Innings 5.12 Runs pro Spiel zu und gewann auch nur zwei seiner neun Decisions im Oktober. Stellt er diese Oktober-Schwäche nicht ab, wird es schwierig für Boston.

Prognose:

Auf dem Papier ist auch diese Serie ausgeglichen, aber die Red Sox umgibt seit ihrem Titel 2004 eine Art Aura der Unbesiegbarkeit in der Postseason, wenn sie die AL East zuvor gewannen. Das war zuletzt 2007 und 2013 so, beide Male folgte darauf der Titel in der World Series. Gerade mit dem bevorstehenden Abschied von "Big Papi" streichen die Red Sox daher nicht so früh die Segel. Red Sox in 4.

Washington Nationals (95-67) - Los Angeles Dodgers (91-71)

Ausgangslage:

Als einer der großen Favoriten gestartet, wurden die Washington Nationals dieser Rolle gerade innerhalb der eigenen National League East auch gerecht und ließen nie einen Zweifel daran, wer diese Division am Ende gewinnen würde. Der ärgste Verfolger, die Mets, lief schließlich mit acht Spielen Rückstand ein und verlor letztlich in der Wild Card.

Die Los Angeles Dodgers hingegen darf man durchaus als Überraschungsteam bezeichnen, denn obwohl sie die mit Abstand höchsten Gehaltsausgaben aller Teams in der MLB aufwiesen - mehr als 300 Millionen Dollar - wurde der Kader vielerorts als nicht stark genug angesehen. Hinzu kamen personelle Probleme in allen Mannschaftsteilen. Über-Pitcher Clayton Kershaw etwa fiel lange Zeit mit Rückenproblemen aus, während Exzentriker Yasiel Puig aufgrund von Formschwankungen gar ins Minor-League-Team geschickt wurde, Anfang September aber seinen Weg zurück in den Big-League-Club fand.

Beide Teams verbindet derweil die Playoff-Bilanz der letzten Jahre. Die Nationals, die schon in ihrer Zeit als Montreal Expos wenig erfolgreich im Oktober unterwegs waren, haben auch in Washington bislang noch kaum etwas gerissen - der East-Titel war erst der dritte seit dem Umzug nach DC. Die Dodgers wiederum warten seit 1988 auf einen Erfolg im Fall Classic. Und angesichts der Ausgaben wäre dieser bitter nötig.

Players to watch:

Womit hat Second Baseman Daniel Murphy die Nationals am ehesten von einer Verpflichtung im letzten Winter überzeugt? Mit seiner Playoff-Produktion! Der Ex-Met schlug sieben Homeruns im letzten Oktober und war damit maßgeblich daran beteiligt, die "Amazin's" in die World Series zu führen. In dieser Saison bestätigte er seine Schlagkraft und schlug 25 Long Balls in der Saison - die meisten seines Teams! Stellt sich also die Frage, ob er seinen heißen Herbst des Vorjahres wiederholen kann.

Einer wird dies ganz besonders verhindern wollen, nämlich Pitching Ace Kershaw. Er war aufgrund von Rückenproblemen lange außer Gefecht, gewann aber dennoch zwölf Spiele in der Saison und scheint gewappnet für die NLDS. In den Playoffs sah Baseballs wohl bester Pitcher unserer Zeit allerdings meist nicht ganz so dominant aus. Die allgemeine Theorie besagte, dass er vielleicht in der Regular Season jeweils zu viel gepitcht hätte. In den vergangenen sechs Jahren durchbrach er fünf Mal die 200-Inning-Grenze deutlich. Diese Saison jedoch kam er gerade mal auf 149, was ihm nun vielleicht sogar zugutekommen könnte - ausgeruht ist er jetzt allemal.

Entscheidend werden könnte derweil die Pitching-Konstellation. Während Spiel 1 mit Kershaw und Max Scherzer hochklassig besetzt sein dürfte, ist auf Seiten der Nationals noch alles offen.

Die Dodgers werden in Spiel 2 und 3 auf Rich Hill und Rookie Kenta Maeda setzen, bei den Nats dagegen stehen hier derzeit nur Fragezeichen. Grund dafür ist die Verletzung von Stephen Strasburg, der wohl in diesem Jahr nicht mehr zurückkehren wird. Folglich steht Manager Dusty Baker hier vor einer größeren Herausforderung.

Prognose:

Das Gesetz der Serie muss in dieser Serie ausgehebelt werden, denn beide können nicht schon wieder zum Auftakt der Playoffs verlieren! Vom Papier her sind die Nationals besser besetzt, doch die Dodgers haben einen ausgeruhten Clayton Kershaw. Dem setzen die Nats aber Max Scherzer entgegen. Die volle Distanz ist also zu erwarten, doch am Ende setzen sich knapp die Dodgers durch, da ihre Pitching-Situation einfach klarer ist. Dodgers in 5.

Chicago Cubs (103-58) - San Francisco Giants (87-75)

Ausgangslage:

Das Team of Destiny gegen den Trend, der ganz sicher der Freund der San Francisco Giants ist. Die Chicago Cubs bestätigten ihre beeindruckende Vorsaison und setzten im zweiten Jahr unter Manager Joe Maddon noch einen drauf: Sie gewannen die meisten Spiele in der MLB und die meisten seit den New York Yankees 2009, die damals die World Series gewannen.

Mit den meisten Siegen hat man natürlich keine Mühe, die eigene Division zu gewinnen. Die Cubs hatten diesen Part bereits früh im September eingetütet und ließen danach den Fuß auf dem Gas. Folglich wurde der Rest der NL Central förmlich deklassiert: die St. Louis Cardinals hatten am Ende 17 1/2 Spiele Rückstand, die Pittsburgh Pirates sogar 25!

Die San Francisco Giants wiederum gingen den steinigen Weg über die Wild Card, nachdem man sich bis zum Schluss mit den Dodgers um die West duellierte, mit besserem Schlussspurt für den Erzrivalen. In der Wild Card legte man sein Schicksal in die fähigen Hände von Postseason-Legende Madison Bumgarner, der die New York Mets beeindruckend niedermähte. Den Rest besorgte Conor Gillaspie mit einem späten Homerun, der den Unterschied machte.

Die Cubs warten seit 1908 auf einen World-Series-Erfolg und standen zuletzt 1945 überhaupt im Herbstklassiker. Seither griff der "Curse of the Billy Goat", den ein Zuschauer aussprach, dem es verweigert wurde, seinen Ziegenbock mit ins Wrigley Field zu bringen. Nun gilt es, den Fluch ein für alle mal zu beenden. Doch Vorsicht: Die Giants gewannen in den letzten drei geraden Jahren jeweils den Titel, nämlich 2010, 2012 und 2014 - und 2016 ist an sich ja auch ein ziemlich gerades Jahr ...

Players to watch:

Auf dem Papier haben die Cubs keine Schwäche. Sie können alles gut. Will man dennoch einen Spieler herauspicken, ist dies Third Baseman Kris Bryant. Der letztjährige Rookie des Jahres führte die Cubbies in Homeruns an, während sein Gegenüber im Diamanten, Anthony Rizzo, die meisten RBI beisteuerte. Beide haben im Übrigen den exakt gleichen Schlagdurchschnitt (.292). Dieses Team ist so gut aufgestellt, dass selbst der Ausfall von Outfielder Kyle Schwarber, der ebenfalls eine Offensivwaffe ist, nicht weiter ins Gewicht fiel.

Die Giants kommen derweil seit jeher vom Pitching und verfügen mit Bumgarner, Johnny Cueto und Jeff Samardzija über eine großartige Top-3. Dahinter steht ein Bullpen, der gerade in den Playoffs meist sehr effektiv auftrat und das lag nicht zuletzt am stets guten Händchen von Manager Bruce Bochy, der scheinbar immer die richtigen Entscheidungen trifft.

Aber auch das Pitching der Cubs soll nicht unerwähnt bleiben: Chicago hatte das große Glück, dass die komplette Starting Rotation über das gesamte Jahr hinweg fast ausnahmslos zusammenblieb. Keiner der fünf Starter ließ im Schnitt mehr als vier Runs zu, bei zweien lag der ERA sogar im niedrigen 2er-Bereich. Der letztjährige Cy-Young-Gewinner Jake Arrieta bestätigte seine Vorsaison zwar nicht ganz, war aber immer noch sehr gut. Die beste Leistung muss allerdings Jon Lester attestiert werden, der mit den Red Sox schon zweimal die World Series gewann. Im Bullpen wartet dann nicht zuletzt mit Aroldis Chapman ein äußerst dominanter Closer.

Will man indes bei den Giants einen Offensivspieler hervorheben, wird dies nicht ganz so einfach. Der Star ist unzweifelhaft Catcher Buster Posey, doch ansonsten ist man sehr breit aufgestellt und hatte in den vergangenen geraden Jahren schon die Tendenz, in den wichtigen Situationen irgendeine Lösung zu finden - und sei es mit einem Einwechselspieler.

Prognose:

Die Cubs fühlen sich an wie das Team of Destiny. Es hat den Anschein, dass dieses Jahr ihr Jahr wird. Doch der Fluch ist stark. Ebenso stark ist das Gesetz der Serie und in einem geraden Jahr war den Giants seit 2010 nicht mehr beizukommen. Wer das anzweifelt, frage bei den New York Mets nach. Diese Serie geht über die volle Distanz, am Ende mit einem ganz knappen Erfolg für ... die Giants, weil die Serien halten und Bumgarner mit kurzer Pause am Ende auch Spiel 5 dominieren wird. Giants in 5.

Die MLB-Playoffs im Überblick