MLB

Cal Ripken von den Baltimore Orioles: Der Iron Man, der nur spielen wollte

Cal Ripken auf seiner Ehrenrunde. Zuvor hatte er den Rekord von Yankees-Legende Lou Gehrig gebrochen
© getty

Cal Ripken Jr. ist einer der besten Shortstops der MLB-Geschichte und revolutionierte seine Position. Noch viel bekannter ist der Hall of Famer aber für seine unglaubliche Serie von 2632 Spielen ohne Pause. SPOX stellt den "Iron Man" der Baltimore Orioles vor - und blickt zurück auf den magischen 6. September 1995, an dem Ripken sogar Präsident Bill Clinton sprachlos machte.

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Es war das All-Star Game 1998 und der erste Auftritt von Yankees-Legende Derek Jeter beim Midsummer Classic. Auf der Bank neben ihm saß ein Spieler, der die Shortstop-Position über Jahre, nein, über mehr als ein Jahrzehnt bestimmt hatte, und schon zum 16. Mal ins All-Star Team berufen worden war.

Also lehnte sich der 24 Jahre alte Jeter wissbegierig zur Seite und flüsterte: "Was ist das Geheimnis dahinter, jeden Tag zu spielen? Wie machst du das?"

"Weißt du, Derek, ich ... ich spiele einfach."

162 Spiele: Ist Baseball ein Ausdauersport?

Was reine Ausdauerwerte angeht, steht ein Baseball-Spiel sicherlich nicht ganz oben auf der Liste, sieht man mal von den Starting Pitchern ab. Man steht etwa drei bis sechsmal an der Platte und schafft es vielleicht ein paar Mal auf Base, in der Defense gehen die Bälle oft gar nicht in die eigene Richtung, und eine Menge Pausen gibt es obendrein.

Einem Stammspieler in der MLB wird dennoch ein enormes Durchhaltevermögen abverlangt. Schließlich hat die Saison - und viele reagieren ungläubig, wenn sie diese Zahl zum ersten Mal hören - 162 Spiele. Playoffs ausgenommen. Diese 162 Spiele werden in rund sechs Monaten durchgepeitscht, also im Schnitt hat man vielleicht alle zehn Tage einmal frei.

Wer diese 162 Partien in einer Saison durchstehen will, kann sich körperlich und mental also nicht viele Auszeiten nehmen. Dazu kommen Jetlag, Training, Öffentlichkeitsarbeit, Krankheiten, Kollisionen. Doubleheader oder sechs Stunden dauernde Abendspiele, gefolgt von einem Auftritt am nächsten Tag um 13 Uhr. Gegnerische Pitches, die auf Hüfte, Arm oder sogar Gesicht zielen. Und natürlich Formschwankungen.

Kein Wunder, dass in der laufenden Saison gerade mal fünf Akteure alle Spiele ihres Teams bestritten haben.

Kein Wunder, dass Yankees-Legende Lou Gehrig über mehr als fünf Jahrzehnte den Rekord für die meisten Spiele am Stück hielt, und zwar von 1925-1939 mit unglaublichen 2.130 Spielen ohne Pause. Dafür verpasste man ihm den Spitznamen "Iron Horse".

Und dann kam Cal Ripken Jr.

Cal Ripken Jr.: Zu groß für einen Shortstop

Cal Ripken Jr. wurde 1960 in eine Baseball-Familie hineingeboren: Vater Cal Sr. war selbst Minor Leaguer und arbeitete sich als Coach und Manager im Farmsystem der Baltimore Orioles hoch, Bruder Billy wurde ebenfalls Baseball-Profi. Die MLB-Karriere war für Junior also förmlich vorgezeichnet, und obwohl er sich auf der High School auch als Pitcher auszeichnen konnte, wählten ihn die Orioles im Draft 1978 an 48. Stelle aus und setzten ihn im Farmsystem als Shortstop ein.

Dabei machte Ripken für einen Shortstop eigentlich eine extrem untypische Figur: Im Infield ist Shortstop, also die Position zwischen Second und Third Base, defensiv gesehen am wichtigsten, weil die meisten Bälle in diese Richtung gehen. Traditionell wurde hier also ein eher kleiner, flinker Spieler mit großer Reichweite eingesetzt, der im Gegenzug am Schlagmal allerdings nicht sonderlich viel Power mitbrachte. Offense wurde in dem Fall für Defense geopfert.

Cal Ripken Jr. war dagegen mit 1,93 Metern hochaufgeschossen, dazu über 100 Kilogramm schwer. Womöglich tat er sich deshalb in den Minors anfänglich schwer, sodass er erst einmal zur dritten Base wechselte, einer nicht ganz so anspruchsvollen Position, die eher einem Spieler seiner Statur entsprach.

Ohne Vorwarnung: Ripken wird zur Legende

Aber er war auch ein guter Athlet, ein Vollprofi, der ständig an sich arbeitete und mit höchster Professionalität zu Werke ging. Und er war offensiv stark, machte in den Nachwuchsligen durch gutes Power-Hitting auf sich aufmerksam. Im August 1981 wurde er erstmals in den Kader der Orioles berufen, in die folgende Saison ging er als Stammspieler an der dritten Base.

Dass er drei Monate später zurück auf die Shortstop-Position wechselte, hatte er seinem Manager Earl Weaver zu verdanken. Der versetzte ihn ohne Vorwarnung auf die schwierigste Position im Infield. "Ich hatte schon zwei oder drei Jahre nicht mehr Shortstop gespielt", erinnerte sich Ripken später. "Er sagte zu mir: 'Mach dir keine Sorgen. Konzentrier dich einfach auf die ganz normalen Plays. Und wenn du dich wieder daran gewöhnt hast, dann kannst du Shortstop spielen wie früher."

So wurde "Rip" einer der besten Shortstops aller Zeiten. Bis 1997 gab der lange Schlacks mit den eisblauen Augen den wichtigsten Mann im Infield, gewann mit den Orioles 1983 die World Series und wurde in der American League zweimal zum MVP gekürt. Achtmal gewann er den Silver Slugger Award für den besten Offensivspieler auf seiner Position, hatte einen Stammplatz im All-Star-Team und beendete seine Karriere 2001 als einer von nur acht Spielern mit 400 Homeruns (431) und 3.000 Hits (3.184).

Cal Ripken Jr.: Offensiv stark, defensiv stärker?

Ripkens Offensivleistungen allein wären vielleicht schon genug für die Hall of Fame gewesen. Ihn darauf zu reduzieren, wäre jedoch vermessen. Vielmehr spielte er über viele Jahre einen ausgezeichneten Shortstop, der viel mehr lieferte als nur die gewöhnlichen Plays. Mögliche Nachteile in Sachen Wendigkeit machte er durch obsessive Vorbereitung und ausgezeichnetes Positionsspiel wett und war konstant unter den besten Fieldern zu finden. Dabei dirigierte er seine Mitspieler - und sagte aus seiner Position sogar Pitches an. "Er war wie ein Coach auf dem Feld", staunte Phil Regan, einer seiner Manager, im Buch The Streak von John Eisenberg.

Er war es auch, durch den bei so manchem (General) Manager ein Umdenken einsetzte: Shortstops mussten gar nicht klein und schmächtig sein. So bereitete er der nächsten Generation von kraftvollen Shortstops wie Alex Rodriguez oder Miguel Tejada den Weg.

Doch all diese Leistungen, die 19 Teilnahmen am All-Star-Game, ja sogar Ripkens Aufnahme in die Hall of Fame 2007 verblassen hinter einer Leistung, die ihn zum "Iron Man" machte. Eine Leistung, die Aufnahme fand in die Liste der MLB-Rekorde, die wohl niemals mehr gebrochen werden.

Cal Ripken Jr. und "The Streak" sind untrennbar miteinander verbunden.

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