Es sollte ein Übergangsjahr sein für die sonst als "Evil Empire" bekannten Yankees - und doch schafften es sie bis ins siebte Spiel der American League Championship Series. Noch dazu gegen eines der drei besten Teams der Regular Season mit über 100 Siegen. Houston war jedoch das Ende der Reise. Und auch wenn es sich unnötig anfühlt und aktuell sicher der Frust über die letzten zwei Partien (nur ein eigener Run) überwiegt, sollte der Blick nach vorne ermutigend sein.
Wenn sich irgendetwas wie ein roter Faden durch diese Postseason für die Bronx Bombers zog, dann sicherlich die schwankende Leistung der eigenen Offensive. Selbst bei Rookie-Sensation Aaron Judge war die Grenze zwischen Weltklasse und Totaldesaster sehr nahe beieinander. Zuhause schossen sie alles aus dem Stadion und waren in sechs Spielen ungeschlagen, auswärts jedoch gewann New York nur ein Spiel - das Spiel 5 der ALDS.
Wer Gründe für diese Diskrepanz sucht, kann es sicherlich auf die Unerfahrenheit der Jungen und die vielleicht am Ende doch mangelnde Klasse einiger Etablierter schieben. Oder einfach auf die Tatsache, dass gerade in den Auswärtsspielen die Creme de la Creme der Starting Pitcher der Konkurrenz am Werk war - und Charlie Morton in Spiel 7 das Spiel seines Lebens machte.
Viel war gegen einen Justin Verlander oder Dallas Keuchel in Spiel 1 ohnehin nicht drin. Auch mit Trevor Bauer in Spiel 1 gegen Cleveland war nicht gut Kirschen essen - umso überraschender, dass die Yankees Clevelands Ace Corey Kluber letztlich zweimal zerlegten. Spiel 2 der ALCS ging dennoch an die Indians, hauptsächlich weil Manager Joe Girardi auf die Challenge beim vermeintlichen Hit-by-Pitch vor dem Grand Slam von Francisco Liriano verzichtete. Ein Fauxpas, den Girardi öffentlich auf seine Kappe nahm.
New York Yankees: Joe Girardi im Fokus
Girardi wird in nächster Zeit das Thema Nummer eins sein in der Bronx, oder besser gesagt: In Tampa, wo die Yankees ihre Offseason-Zentrale haben und ihre internen Wintermeetings abhalten werden. Der Vertrag des Managers läuft aus und es ist weder klar, ob er selbst oder die Yankees die Zusammenarbeit fortsetzen wollen.
Ähnlich wie seine junge Belegschaft hatte auch Girardi hohe Höhen und tiefe Tiefen während dieser Postseason. Meisterhaft umschiffte er das katastrophale erste Inning gegen die Minnesota Twins in der Wildcard, indem er Starter Luis Severino schon nach einem Out und drei erlaubten Runs enfternte. Anschließend pitchte sein Bullpen 8 2/3 Shutout-Innings und die Offense - zuhause eine Macht - erledigte den Rest.
Girardis Bullpen-Management hinterließ dann jedoch in den Spielen 6 und 7 einen eher faden Beigeschmack, gab er seinen Starter doch jeweils eine zu lange Leine. In Spiel 6, in dem erneut Severino im fünften Inning anfing zu schwächeln und den Frame mit zwei Walks begann, vertraute ihm Girardi dennoch - und wurde mit drei Runs bestraft, die gegen Verlander auf der anderen Seite tödlich waren.
In Spiel 7 war es zwar nur ein Run, den CC Sabathia im vierten Inning abgab, doch er schwächelte das gesamte Spiel über und hätte wohl schon vor dem Inning entfernt werden müssen mit einem Bullpen in der Hinterhand, der gut ausgeruht war. Girardi ließ den Linkshänder drauf und der gab einen Monster-Shot an Evan Gattis ab. Angesichts der mal wieder anämischen Offensive des eigenen Teams zu viel. Dass die verlässlichsten Reliever in beiden Partien letztlich auch zu Rohrkrepierern mutierten, half freilich auch nicht.
New York Yankees: Judge und Sanchez überragen
Am Ende jedoch bleibt dies Haarspalterei. Unterm Strich nämlich gewann Girardi in seinen nunmehr zehn Spielzeiten in der Bronx (seit 2008) über 1000 Spiele und die World Series 2009. Und völlig gleich, ob er weitermacht oder jemand anders das Ruder übernimmt, die Yankees werden auf dieser überraschend guten Saison aufbauen können mit einem Kader, der eher noch besser wird in absehbarer Zeit.
Ein Punkt, den Girardi auf der Pressekonferenz nach Spiel 7 betonte: "There is more", sagte er immer wieder. Er sprach von physischem Wachstum, aber vor allem von mentalem Wachsen. Er erläuterte, dass die noch jungen Spieler mit mehr Erfahrung vielleicht weniger drücken würden in entscheidenden Situationen, was sicherlich zuletzt ein Problem war. Und "wenn ich weitermachen sollte, wäre das ein Punkt, auf dem der Fokus" läge, ließ er wissen.
Judge wird den Rookie des Jahres gewinnen und eventuell sogar den MVP Award, Catcher Gary Sanchez, der einen ganzen Monat verletzt verpasst hatte, schlug in seinen ersten 160 MLB-Spielen (inklusive 2016) auch über 50 Homeruns und gilt schon jetzt als bester Offensiv-Catcher der MLB. First Baseman Greg Bird sollte bei voller Gesundheit eine Macht an der ersten Base werden - wenn auch nicht auf den Bases, wie er mit zwei Outs an der Platte in der ALCS schmerzhaft demonstrierte.
Der Vertrag von General Manager Brian Cashman läuft ebenfalls aus, doch es wäre ein Schocker, würde er nicht verlängern. Er mag zwar seit 1998 im Amt sein und somit vier World-Series-Titel auf dem Konto haben, doch erst seit ein paar Jahren darf er wirklich sein Ding machen. Zuvor war er quasi der Verwalter des Erbes des kürzlichen verstorbenen Gene "Stick" Michael, der das legendäre Team Ende der 90er Jahre aufgebaut hatte.
New York Yankees: Brian Cashman leitet Turnaround ein
Im Sommer 2016 überzeugte Cashman die Führungsriege, die Flinte gewissermaßen ins Korn zu werfen und Topleute wie Andrew Miller oder Aroldis Chapman zu traden, um für die Zukunft wieder ein Top-Farmsystem zu haben. Sein Ausspruch "Wir sind Pretender, keine Contender" hatte nachhaltigen Eindruck hinterlassen.
Erste Erträge sah man 2017, 2018 dürfte aber noch einen Schritt weitergehen. Spätestens dann wird wohl der Hauptpreis des Chapman-Trades, Baseballs aktuell größtes Talent Gleyber Torres, das Licht der MLB-Welt erblicken.
Weitere wie Outfielder Esteban Florial, dessen Name schon im Trade für den vielversprechenden jungen Starter Sonny Gray aufkam, könnten folgen. Ebenso die Pitcher Justus Sheffield oder Chance Adams. Das Farmsystem ist mittlerweile eines der besten im Baseball, wie Baseball America, Baseball Prospectus oder MLB Pipeline unisono bestätigen.
New York Yankees in perfekter Position
Abgesehen davon sind die Yankees in perfekter Position, erstmals seit 2003 keine Luxussteuern zahlen zu müssen. Seit Einführung der Steuer zahlten die Yankees mehr als 550 Millionen Dollar extra an die Konkurrenz - selbstredend mehr als jedes andere Team. Ihre Payroll für 2018 steht aktuell bei überschaubaren 114 Millionen Dollar - die Grenze liegt bei 197! Es bleibt damit sogar Spielraum für etwaige externe Verstärkungen, was ebenfalls ein großer Verdienst von "Cash Money" ist.
Damit ist zudem die Kriegskasse für den so verlockenden Winter 2018/19 bis an die Decke gefüllt, um mindestens einen der Topleute wie Bryce Harper (Washington Nationals), Manny Machado (Baltimore Orioles) oder Dallas Keuchel (Houston Astros) zu holen, denn all die werden dann Free Agents.
In dieser Saison hat es am Ende doch nicht gereicht, doch selbst der Konkurrenz dürfte nach dem unerwartet frühen Erfolg bewusst sein, dass das berüchtigte "Evil Empire" zeitig zurückschlagen wird. Die nächste Ära ist zum Greifen nahe. Denn: There is more!
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.